Frühstück mit Kängurus
geritzt:
GRABT 3 FUSS N.W. 21. Apr. 1861
Sie gruben und fanden außer ein paar mageren Rationen eine Nachricht, die ihnen das mitteilte, was schon schmerzlich deutlich war - die Basislagergruppe hatte aufgegeben und war abgezogen. Erschöpft und verzweifelt schrieben sie am nächsten Morgen eine Nachricht, mit der sie anzeigten, dass sie zurückgekehrt waren, und vergruben sie sorgfältig in dem Versteck - ja, so sorgfältig, dass ein Mitglied der Basisgruppe, das an dem Tag noch einmal kam, um einen letzten Blick darauf zu werfen, nicht bemerken konnte, dass sie zurückgekommen und erneut gegangen waren. Sonst hätte er sie nämlich ganz in der Nähe gefunden, wie sie sich in der unseligen Hoffnung, Mount Hopeless, einen Polizeiposten in einhundertundfünfzig Meilen Entfernung zu erreichen, über felsiges Gelände schleppten.
Burke und Wills starben in der Wüste, weit entfernt von Mount Hopeless, King wurde von Aborigines gerettet, die ihn pflegten, bis er nach zwei Monaten von einem Suchtrupp gefunden wurde.
In Melbourne, wo man der triumphalen Rückkehr der heroischen Schar harrte, schlug die Nachricht von dem Fiasko wie eine Bombe ein. »Die Gruppe der Forscher hat sich vollkommen aufgelöst«, berichtete Age mit unverhohlenem Erstaunen. »Manche sind tot, manche auf dem Rückweg, einer ist schon in Melbourne, einer hat sich nach Adelaide durchgeschlagen . Die gesamte Expedition war offenbar von Anfang bis Ende eine einzige große Stümperei.«
Als man Bilanz zog, beliefen sich die Kosten des Unterfangens, einschließlich der Suche nach Burkes und Wills' Leichen, auf fast sechzigtausend Pfund. So viel hatte Stanley in Afrika nicht verbraucht und viel mehr erreicht.
Selbst heute noch ist die Leere, aus der Australien weitgehend besteht, erschreckend. Die Landschaft, durch die wir fuhren, war offiziell nur eine Halbw ü ste, aber eine solch karge, ö de Weite hatte ich noch nie gesehen. Alle zwanzig oder f ü nfundzwanzig Kilometer gab es eine Schotterpiste und einen einsamen Briefkasten, die eine unsichtbare Schaf- oder Rinderfarm anzeigten. Einmal rumpelte ein kleinerer Lastwagen frech an uns vorbei, belegte uns mit einer Salve Steinchen und einer Schicht roten Staubs, doch das einzige andere Lebenszeichen war das endlose holprige Da-dab-Da-dab der Achsen auf der geriffelten Stra ß e. Als wir nachmittags White Cliffs erreichten, f ü hlten wir uns, als h ä tten wir den Tag in einer Betonmischmaschine verbracht.
Wenn man White Cliffs, ein kleines Kaff unter einem knallig blauen Himmel, heute sieht, glaubt man fast nicht, dass es einmal eine bl ü hende Stadt mit knapp viertausendf ü nfhundert Einwohnern war, einem Krankenhaus, einer Zeitung, einer Bibliothek und einem gesch ä ftigen Zentrum mit L ä den, Hotels, Restaurants, Bordellen und Spielhallen. Heute sind hier nur noch eine Kneipe, ein Waschsalon, ein Opalladen und eine Tankstelle, die gleichzeitig Lebensmittelladen und Cafe ist. Die Zahl der festen Einwohner betr ä gt etwa achtzig. Sie existieren in einer trostlosen Welt von Hitze und Staub. Wenn man Menschen sucht, die die Ausdauer und Seelenst ä rke haben, den Mars zu kolonisieren, hier findet man sie.
Wegen der Hitze sind die meisten Wohnungen der Stadt in die beiden ausgebleichten Berge gegraben, die der Stadt ihren Namen geben. Der kühnste dieser Bauten und Hauptanziehungspunkt für die relativ wenigen Touristen, die sich so weit vorwagen, ist das Dug-Out-Underground Motel, eine Anlage mit sechsundzwanzig Zimmern, die tief in den Fels von Smith's Hill eingeschnitten sind. Betritt man das Netzwerk der Gänge, kommt man sich vor wie in einem frühen James-Bond-Film, in einem dieser unterirdischen Komplexe, wo die Lakaien von Smersh die Weltherrschaft vorbereiten und zu diesem Behufe die Antarktis abschmelzen oder mit Hilfe eines gigantischen Magneten das Weiße Haus in ihre Gewalt bringen wollen. Wie schön es ist, sich in einen Berg zu vergraben, wird einem sofort deutlich, wenn man hineingeht - in eine konstante Temperatur von neunzehneinhalb Grad Celsius. Die Zimmer waren sehr hübsch und ganz normal, nur die Wände und Decken wie die einer Höhle und fensterlos. Bei ausgeschaltetem Licht herrschten vollkommene Dunkelheit und Stille.
Ich weiß nicht, wie viel Geld man mir geben müsste, damit ich mich in White Cliffs niederließe - einen Betrag irgendwo in Trillionenhöhe, glaube ich schon -, aber als wir an dem Abend mit Leon Hornby, dem Besitzer des Motels, auf der
Weitere Kostenlose Bücher