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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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Meter breit, manche viel kleiner, doch es handelte sich samt und sonders um romantische, idealisierte Landschaften mit Känguruherden, die an billabongs, Teichen in ausgetrockneten Flussbetten, Wasser schlürften, oder Tramps, die um einen einsamen Coolibaheukalyptusbaum versammelt saßen. Die Szenen waren sentimental, keine Frage, aber trotzdem bezaubernd und zweifellos von talentierter Hand gemalt. Fast gegen unseren Willen gingen wir schweigend fasziniert von einem Bild zum anderen die Treppe hinauf.
    »Gut, was?«, ertönte plötzlich eine Stimme, und als wir uns umdrehten, sahen wir einen jungen Mann, den es augenscheinlich nicht die Bohne störte, dass wir uns langsam, aber sicher ins Innere seines Hauses schlichen. Er wischte sich die Unterarme mit einem Tuch ab, als hätte er gerade umfänglichere Arbeiten erledigt, wie zum Beispiel einen großen Kessel gereinigt.
    »Sie sind alle von Gordon Waye, einem Schwarzen«, fuhr er fort. »Ganz erstaunlicher Bursche. Er hat nichts vorgezeichnet oder so, er hat keinerlei Skizzen gemacht. Er hat Pinsel und Farben genommen und losgemalt. Und zum Feierabend war das Gemälde fertig. Dann hat er sich seinen Lohn von dem Besitzer geholt und ist abgezogen. Ging walkabout, verstehen Sie? Nach einiger Zeit - ein oder zwei Wochen, vielleicht ein paar Monaten - kam er wieder und malte noch eins, kassierte sein Geld und zog wieder Leine, bis er zum Schluss alle fertig hatte. Dann verschwand er auf Nimmerwiedersehen.«
    »Was ist aus ihm geworden?«
    »Keine Ahnung. Ich glaube auch nicht, dass es sonst jemand weiß. Und Sie, woher kommen Sie?«
    »Aus Amerika beziehungsweise Großbritannien«, sagte ich, erst auf mich und dann auf Trevor deutend.
    »Ganz schön weiter Weg. Da wollen Sie doch sicher ein kaltes Bier.«
    Wir folgten ihm in die Bar, wo er uns zwei große Victoria Bitter zapfte.
    » Sch ö nes Hotel « , sage ich, ohne es eigentlich zu meinen.
    Er schaute mich misstrauisch an. » Wenn Sie wollen, k ö nnen Sie's haben. Es steht zum Verkauf. «
    » Ach ja? F ü r wie viel? «
    » Eine Million siebenhundertundf ü nfzigtausend Dollar. «
    Ich brauchte einen Moment, um antworten zu k ö nnen.
    » Das ist eine Stange Geld. «
    » Klar, mehr als die meisten Leute hier in der Gegend haben « , pflichtete er mir bei. Dann verschwand er mit einer Kiste durch eine Hintert ü r.
    Wir h ä tten ihn gern noch mehr gefragt und nach ein paar Minuten auch gern noch ein Bier gehabt, aber er kam nie zur ü ck.
    Am n ä chsten Morgen stiegen wir wieder in den zweimal w ö chentlich fahrenden Indian Pacific nach Perth. In dem k ö stlich k ü hlen Salonwagen breiteten Trevor und ich eine Karte von Australien aus und entdeckten erstaunt, dass wir trotz der stundenlangen Fahrerei w ä hrend der vergangenen Tage nur eine winzige Fl ä che des Landes durchquert hatten - sozusagen nur eine Sommersprosse im Angesicht Australiens. Bis wir in Perth ankamen, mussten wir immer noch dreitausendzweihundertundsiebenundzwanzig Kilometer zur ü cklegen. Da blieb uns gar nichts anderes ü brig, als uns zur ü ckzulehnen und es zu genie ß en.
    Nach der Hitze und dem Staub im Outback war ich froh, wieder in der sauberen, geregelten Welt des Zuges zu sein, und ich lie ß mich dankbar und gen ü sslich in deren angenehme Routine fallen. Was Besseres als ein Leben im Zug gibt's so leicht kaum. Irgendwann morgens, meist, wenn man zum Fr ü hst ü ck weg ist, verschwindet das Bett wie durch Zauber in der Wand, um am Abend, ebenso zauberisch, h ü bsch ordentlich mit frisch gepl ä tteter Bettw ä sche wieder aufzutauchen. Dreimal am Tag wird man in den Speisewagen gerufen, in dem einem freundliches, aufmerksames Personal eine tadellose Mahlzeit serviert. Dazwischen hat man nichts anderes zu tun, als sich hinzusetzen und zu lesen, die sich endlos entrollende Szenerie zu betrachten oder mit seinem Nachbarn zu schwatzen. Weil Trevor jung und voller Tatendrang war und aus unerkl ä rlichen Gr ü nden vergessen hatte, eines meiner B ü cher mitzubringen, mit dessen Lekt ü re ihm die Stunden verflogen w ä ren, war er unruhig und f ü hlte sich eingesperrt, aber ich genoss jede m üß ige Minute.
    Wenn einem alle W ü nsche erf ü llt werden und man keine wirklichen Entscheidungen treffen muss, ist man rasch nur noch mit den winzigen Angelegenheiten besch ä ftigt, die im eigenen Ermessen bleiben: ob man morgens sofort duscht oder lieber ein wenig sp ä ter, ob man von seinem Platz aufsteht und sich noch eine

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