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Fruehstueck mit Proust

Fruehstueck mit Proust

Titel: Fruehstueck mit Proust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frédérique Deghelt
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sich köstlich über sie amüsiert. Die jungen Frauen von heute wussten wirklich nichts mehr mit ihren Händen anzufangen!
    »Erinnere dich, dass wir meine Nähmaschine in deinem Auto mitgebracht haben, damit sind deine Vorhänge ruck, zuck fertig.«
    Jade hatte sie verblüfft angesehen, während Mamounezum tausendsten Mal, seit sie zusammenlebten, ihre Brille suchte.
    »Meinst du das mit den Vorhängen ernst?«, fragte Jade und ließ ebenfalls ihren Blick durch das Zimmer gleiten, um das blaue Etui aufzuspüren.
    »Ich habe dir doch gesagt, dass ich dir noch nützlich sein werde«, antwortete Mamoune und bügelte Jades Bluse fertig. Als Antwort gab Jade ihr einen lauten Schmatzer auf die Wange, und dazu die Brille, die sie auf dem Sofa gefunden hatte.
    »Gut, wenn du meinst, dass du so etwas Kompliziertes hinkriegst, warum nicht, aber nur unter der Bedingung, dass du sie nicht allein aufhängst und ich ein bisschen helfen darf. Morgen zeige ich dir ein Stoffgeschäft, wie du es in deinem ganzen Leben noch nicht gesehen hast. Heute komme ich nicht so spät nach Hause. Pass auf dich auf.«
    Sie zog sacht die Tür hinter sich zu, und Mamoune war allein.
    An diesem Tag musste Jade in die Redaktion einer Frauenzeitschrift, für die sie seit über zehn Jahren arbeitete. Das verschaffte ihr das Privileg eines Büros, das alle Jades Büro nannten, obwohl es die zahlreichen Praktikanten nutzten, die sich bei der Zeitschrift die Klinke in die Hand gaben. Es war dabei geblieben, dass sie regelmäßig vorbeischaute, aber eine feste Anstellung wollte sie nicht. Sie schrieb gern für ein Frauenblatt, doch sie hasste das ewige Getratsche, das in so einer Redaktion üblich war. Eine einzige Karikatur aller Macken, die man dem weiblichen Geschlecht vorhalten konnte! Keine der Frauen erinnerte sich noch daran, dass dieses Blatt zu jenen gehörte, die sie einst befreit hatten – zu einer Zeit, als andere noch Socken strickten –, indem es seine Spalteneiner neuen Generation von Frauen öffnete und ihnen die Möglichkeit gab, sich zu artikulieren. Die festangestellten Journalistinnen widmeten sich zunehmend gehaltlosen Artikeln, die weder kritischen Verstand noch handwerkliche Qualität erkennen ließen. Diese »Papiere«, wie sie im Berufsjargon hießen, verkauften sich angeblich gut. Jade aber glaubte immer noch fest daran, dass die Intelligenz siegen könnte, auch wenn sie das aufgrund ihres Status als freie Mitarbeiterin nicht offen sagen konnte. Allerdings wurden ihre Artikel immer öfter abgelehnt, weil die Chefredaktion einer so leichten, unterhaltsamen Zeitschrift sich weigerte, gewisse Themen zu behandeln. Als sie an einem Artikel über die Unternehmen der Stadt arbeitete, machte sie die unangenehme Erfahrung, aushandeln zu müssen, was sie über die Kosmetikmarke schreiben durfte, die der Zeitschrift fünfundsiebzig Prozent ihrer Werbeeinnahmen einbrachte. Hinter allem Glamour und Make-up war knallhart die Einmischung der Wirtschaft zu spüren.
    Eine befreundete Journalistin, etwas älter als Jade, scharrte unwillig mit den Füßen, wenn Jade wieder einmal überlegte, ihren Beruf an den Nagel zu hängen und so wenigstens jenem Papierfetzen in ihrer Tasche Ehre zu erweisen, auf dem »Presseausweis« stand. Ihre Freundin nannte ihn nur noch »Erpressungsausweis« und predigte ihr zum wiederholten Male, der einzig mögliche Widerstand bestehe darin, dass man bleibe. Man müsse weiter schreiben, enthüllen, den Lesern der Zeitschrift ein paar gefährliche Fragen stellen, um der Dummheit das Fundament zu entziehen. Jade war davon nur halb überzeugt.
    In der Redaktion hatte sie wenige Freundinnen, sieverstand sich gut mit einer der Chefredakteurinnen, einer sensiblen und intelligenten Frau, die früher Sonderberichterstatterin gewesen war, und sie unterhielt sich auch oft mit der verantwortlichen Redakteurin der Literaturseiten, die ihr geholfen hatte, ihren Roman gezielt an bestimmte Programmdirektoren in den Verlagen zu schicken. Für die Mädels aus dem Moderessort war sie unsichtbar wie ein Kartoffelsack ohne Label, anscheinend hatte sie nichts an sich, das ihren Blick auf sich zog. Und die Kolleginnen, die sich mit Leitartikeln im Stil von »Wie werde ich die Beste im Bett?« oder »Soll ich mein drittes Kind bekommen, bevor oder nachdem ich mir einen Lover genommen habe?« abrackerten, hatten Jades deprimierende Beiträge ganz bestimmt nie gelesen und sagten ihr nicht einmal guten Tag. Zu ihrem Glück schrieb Jade auch

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