Frühstück um sechs
wieder. Ich warf dem Panjandrum einen Blick zu. Er
betrachtete seine Tochter so entzückt wie der Kenner ein kostbares Juwel. Ein
ganz wundervolles sogar: Sie also war seine Achillesferse!
Anne
redete weiter: »Natürlich durften Sie diesen Fußboden nicht ruinieren, denn der
ist ja herrlich und paßt genau zur Tapete. Aber ich finde es zu ulkig, daß Sie
so lange weitergemalt haben, bis Sie merkten, daß Sie ins Bett klettern mußten.
Oh, ich liebe Menschen, die so was machen!«
Da
kam mir der Gedanke — und vielleicht dem Colonel auch —, daß sie dann Larry und
mich sehr lieben mußte. Sie war unwiderstehlich nett und nicht so superklug wie
meine Schwestern.
»Bitte,
darf ich Sie mal besuchen?« fragte sie beim Abschied. »Das möchte ich gern.«
Ich
glaube, der Colonel verzog keine Miene, dafür war er ja auch ein extra feiner
Pukka Sahib. Er verabschiedete sich von mir ganz kordial und sagte, er sei
eigentlich nur gekommen, um mit Paul über ein paar Rinder zu sprechen, doch das
könne er auch abends telefonisch nachholen.
Sobald
ich wieder mit Larry zusammenkam, berichtete ich ihr ausführlich über die
Tochter, aber sie meinte nur: »Na, Susan, nun werde bloß nicht butterweich
wegen dem Mädel! Sie ist die einzige Tochter des Colonel, wird mal sehr reich
sein und ist für eine glänzende Partie prädestiniert — >glänzend< bitte
mit großen Buchstaben zu schreiben...«
7
Im
März und April hatte ich überhaupt nichts Geselliges mitgemacht. Ich war
besessen von der Hausarbeit, und wie Paul sagte, war die Farbe mir in den Kopf
gestiegen. Aber ich war wenigstens mit allem fertig geworden, was ich mir für
diese Zeit vorgenommen hatte, und Paul war nicht mehr der leicht reizbare und
ständig protestierende Innendekorateur, sondern wieder in erster Linie der
seriöse Farmer und mein guter, wenn auch manchmal in sich gekehrter Kamerad.
Ich war mit der Wohnung zufrieden und sah mich nach neuer Betätigung um.
»Larry,
ich will mal bei Mrs. Archer und Mrs. Jolson vorsprechen«, sagte ich. »Du weißt
doch, daß die gerade an einem Tage zu mir kamen, als alles ganz durcheinander
war. Komm bitte mit.«
»Ich
will nirgends mit dir hingehen, höchstens zu Miss Adams. Sie ist der einzige
Mensch hier, mit dem zu verkehren sich lohnt. Übrigens wird hier im Busch nicht
bei jemand >vorgesprochen<, sondern wir machen >Visite<.
Aha,
so ging das also vor sich. Ich fuhr aber doch zu der netten Mrs. Archer und muß
sagen, daß ich Larrys Ansicht nicht teilte. Mrs. Archer verdiente
freundschaftlichen Umgang, und je näher ich sie kennenlernte, um so mehr gefiel
sie mir. Dem Besuch bei Mrs. Jol son
sah ich etwas unruhig entgegen. Sie war so merkwürdig verschlossen gewesen. Aber
Mrs. Archer wollte mich begleiten.
»Sie
wohnt nur eine Meile von hier. Nein, mein Kind, Sie brauchen wirklich nicht
nervös zu sein, denn sie wird sich über Ihren Besuch sehr freuen.«
Dann
erzählte sie nur von der Tragödie, unter der Mrs. Jolson litt. Sie war
schwächlich und hatte sich stets ein Kind gewünscht. Endlich hatte sie, sehr
spät, eins bekommen; sie liebte es innig, aber es starb mit drei Monaten. Die
Ärzte erklärten, sie dürfe kein Kind mehr bekommen, und darüber hatte sie sich
so gegrämt, daß sie beinah mit den Nerven zusammenbrach. Zum Glück hatte sie
den denkbar besten Mann, der sie rührend pflegte und ihr wieder in ein normales
Leben zurückzufinden half. Ich vermutete, obgleich davon kein Wort erwähnt
wurde, daß Mrs. Archer an diesem Genesungsprozeß erheblichen Anteil hatte.
Der
Nachmittag wurde recht nett, keineswegs eine Strapaze. Das kleine Haus war so
sauber, daß ich in den Möbeln mein etwas gezwungen lächelndes Gesicht sich
spiegeln sah. Mrs. Jolson war diesmal nicht so schüchtern, sie behielt uns zum
Tee und zeigte lebhaftes Interesse für die Beschreibung meiner neuen
Innendekoration. Aber ich spürte die ganze Zeit, daß sie erregt war, und das
kam schließlich auch zur Sprache.
»Oh,
liebe Mrs. Archer, ich habe mich schon den ganzen Tag nach Ihnen gesehnt. Mrs.
Russell wird mir verzeihen, wenn ich nun mal ein bißchen von meinen eigenen
Angelegenheiten rede. Sie werden mir kaum glauben, was bevorsteht. Albert
meint, es wäre nett, wenn wir ein Baby adoptieren könnten.«
Ich
merkte, daß Mrs. Archer von der Idee nicht allzu begeistert war, denn sie
gehörte bestimmt nicht zu den Leuten, die für Adoptionen zu haben sind.
Immerhin benahm sie sich sehr nett und verständnisvoll.
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