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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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am Grenzzaun zu tun. Er hat von der Malerei die Nase so voll,
daß er bestimmt erst zurückkommt, wenn’s dunkel ist, und ich — ich wollte ihn
überraschen.«
    »Das
wäre Ihnen gewiß auch gelungen.«
    Dieser
Satz klang schon verheißungsvoller. Ich forschte in seinem Gesicht, ob es keine
Ironie zeigte. Nein, nur die erhabene Ruhe des Panjandrum.
    »Ich
bin schon stundenlang hier«, fuhr ich fort. »Einfach festgeklebt — das heißt,
ich hätte festkleben können.« Jetzt, als meine Erklärungen schon ans Idiotische
grenzten, fand ich es geboten, zur Sache zu kommen: »Können Sie mir
heraushelfen? Vielleicht könnten Sie ein Brett holen — ein langes — und es über
die Fensterbank legen, so daß ich das andere Ende aufs Bett legen kann? Dann
könnte ich darauf bis zum Fenster kommen und ‘rausspringen. Sehr hoch ist es ja
nicht.«
    »Gewiß.
Und woher soll ich nach Ihrer Meinung ein Brett beschaffen?« Eine Frage, die
mich mattsetzte. Ich konnte mir vorstellen, wie beim Colonel der Geräteschuppen
aussah: Reihen blanker Werkzeuge, Stapel sauberer Bretter. Unserer war ganz
anders, und ich wußte selbst im günstigsten Falle nie, wo dies oder jenes zu finden
war. So sagte ich aufs Geratewohl: »Es werden sicher ein paar dasein. Oder,
wenn keine da sind, könnten Sie vielleicht eins losreißen, und wenn’s vom Hause
ist.«
    Er
blickte mich bloß an. Kein Zweifel, er hielt mich für wahnsinnig. Aber
schließlich ging er auf die Suche. Nach einer langen, für mich peinlichen Pause
kam er mit einem sehr schmalen Brett wieder.
    »Oh,
wie wundervoll haben Sie das gemacht!« rief ich überschwenglich, obwohl ich
wußte, daß er Überschwenglichkeit am wenigsten leiden konnte. »Wo haben Sie es
denn her?«
    »Von
einem alten Schweinestall, der, so hoffe ich, nicht mehr benutzt wird.«
    Das
war mir ein fast unerträglicher Gedanke, doch das Brett erschien bereits im
Fensterrahmen und kam tastend auf mich zu. Ich ergriff das eine Ende und legte
es fest aufs Bett, während der Colonel das andere hielt und die Hoffnung zum
Ausdruck brachte, daß es nicht wackeln werde. Ich antwortete blöde, es gäbe ja
viele Leute, die auf Seilen gehen könnten, wenigstens im Zirkus. Eine
Bemerkung, die zu beachten er für unter seiner Würde hielt.
    Vorsichtig
betrat ich das Brett. Der Weg schien mir weit, auch ohne die beängstigende
Gegenwart des Colonels. Keinesfalls wollte ich den guten Anstrich ruinieren,
von dessen Erhaltung es abhing, ob ich für geistig normal gehalten werden
konnte. Doch vor lauter Nervosität glitt ich aus und wollte nun ganz schnell
hinüber. Die letzten beiden Schritte wurden zum hilflosen Gestolper, ich mußte
mich dem Colonel in unziemlicher Haltung in die Arme werfen. Das kam ihm
unerwartet. Zweifellos dachte er, weil er an Umgang mit korrekten Damen gewöhnt
war, ich würde lieber verunglücken als einen fremden Mann umhalsen. Doch er
lernte jetzt rasch. Freilich noch nicht schnell genug. Er sprang einen Schritt
vor, dann einen zurück — und schon kippten wir beide um. Da er groß und schwer
war, konnte ich mich glücklich preisen, daß ich oben zu liegen kam. Für ihn war
es weniger angenehm, denn ich preßte sein aristokratisches Haupt in den Staub.
Gerade wollte ich mich entschuldigen und ihn putzen, da rief eine klare
jugendliche Stimme: »Aber Papa, was machst denn du da?«
    Es
war die berühmte Tochter, frisch von ihren Triumphen in Übersee zurück.
    Sie
glich kein bißchen dem Bild, das ich mir von ihr gemacht hatte. Sehr jung noch,
mit einem runden Gesicht, blauen Augen und lockigem blonden Haar, war sie nicht
ausgesprochen hübsch, aber auf den ersten Blick sympathisch. Ich versuchte mir
vorzustellen, wie ihre Mutter wohl ausgesehen hatte, denn ihrem großen Vater
mit dem kantigen Gesicht sah sie kein bißchen ähnlich. Und sie lachte, als
könnte sie nie wieder aufhören. Das brauchte ich gerade zu meiner Erleichterung
— ich lachte sofort mit.
    »Schrecklich,
daß ich Ihren Vater umgeworfen habe. Er hat mich doch gerettet! Ich habe
nämlich den Fußboden gestrichen — er sieht doch schön aus, nicht wahr? — und da
habe ich immer weiter und weiter gemalt und nicht gemerkt, daß ich mich ins
Bett eingemalt hatte. Da mußte ich wer weiß wie lange hocken und bin sehr
schmutzig und sehr, sehr hungrig geworden — und Colonel Gerard hat mich mit
diesem Brett gerettet.«
    »Genau
wie die Feuerwehr. Oh, Papa, wie tapfer! Und dann hat sie deinen Kopf in den
Staub gedrückt!« Sie lachte

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