Frühstück um sechs
auszusuchen. Auch an den Theaterverein in Te Rimu
wandten wir uns. Nichts schien passen zu wollen. Entweder waren die Stücke zu
anspruchsvoll, hatten zu viele Rollen, waren zu lang, zu kurz, zu albern, oder
benötigten zuviel Ausstattung. Oder es wurde eine riesige Tantieme verlangt.
Unsere Nachforschungen
verschlangen eine ganze Woche, und Ende August sollte das Konzert stattfinden.
Eines Abends elektrisierte Paul uns förmlich, indem er mich plötzlich fragte:
»Weshalb schreibst du nicht einfach ein Stück? Kurzgeschichten hast du doch
schon verfaßt, und so groß kann der Unterschied eigentlich nicht sein. So was
drischst du doch ganz fix herunter.«
Ich wurde puterrot und
antwortete: »Herunterdreschen! So siehst du aus. Mach’s doch selber!«
Aber meine Ausrede half mir
nichts. Jetzt wußten alle von meinem köstlichen Geheimnis, und alle redeten
gleichzeitig auf mich ein.
»Oh, Susan, du hast Geschichten
geschrieben? Ach, wunderbar!« rief Anne, wohlwollend wie immer.
»Eine Schriftstellerin! Da
haben wir uns aber Verantwortung aufgeladen«, sagte Tim.
»Und sie schien sonst so eine
reizende junge Dame zu sein, wie Mrs. Archer erst vorige Woche gesagt hat«,
steuerte Sam unfreundlich ironisch bei.
»Ich glaube, Sie stiften da
Segen wie eine Briefkastentante — lösen alle Liebesprobleme der jungen Mädchen,
wie?« meinte Julian.
Und Larry sagte, sie hätte
schon immer gewußt, daß ich ein peinliches Geheimnis hütete. Ein gewisser Zug
in meinem Gesicht habe ihr zu denken gegeben!
Nach vielem unnützen Gerede
erklärte ich mich zu einem Versuch bereit. Wenn sie eine Handlung entwerfen —
denn das war nie meine Stärke — und mir helfen würden, wollte ich schreiben.
Julian behauptete, das Zeug zum Schriftsteller in sich zu haben, wollte aber
keinesfalls als Schauspieler mitwirken. Endlich wurden wir einig, daß sich
jeder eine Abschrift von dem Stück machen sollte, sobald ich es geschrieben
hatte. Paul versuchte auch, sich vom Mitspielen zu drücken, er wollte statt
dessen die Kulissen herstellen, doch darauf ließen wir uns nicht ein.
Schließlich ging es ja nicht ganz ohne Akteure.
Wenn ich an das alberne kleine Theaterstück
denke, das ich damals verbrach, erröte ich jetzt noch. Am ersten Abend hockten
wir alle herum, lachten viel und kamen uns recht klug vor bei den vielen
verrückten Vorschlägen. Dann sagte Anne: »Warum nehmen wir nicht einfach ein
Thema, das jeder Mensch hier versteht? Eine junge Frau auf dem Lande, die
dieses Leben überdrüssig ist und ihren Mann verläßt...«
»Mein liebes Kind, das
wichtigste ist, daß wir nicht unser eigenes Nest beschmutzen«, sagte Tim ernst.
»Ach, sie fährt doch dann bloß
nach Hause zu ihrer Mutter«, ergänzte Anne hastig und war ganz verdutzt, als
alle lachten.
Also bauten wir eine Geschichte
in diesem Stil zusammen. Die übliche Sache von einem Mädchen, das sich
langweilt, ihre Illusion verliert, nach Hause flüchtet und dann wieder
Sehnsucht bekommt nach ihrem starken, schweigsamen Gatten und dem schlichten
Leben, das sie aufgegeben hat. Die Mutter bemüht sich sehr, die zwei wieder zu
vereinen, der Vater sitzt vor dem Kamin und hält kluge, aber nutzlose
Moralpredigten. Es tritt ferner ein nettes junges Mädchen auf, das den starken
Schweiger bewundert und nach den Freuden des Landlebens hungert. Sie schürt die
Eifersucht der Geflüchteten, deren früherer Anbeter ebenfalls bemüht ist, die
Kluft zwischen den Eheleuten zu erweitern. Selbstverständlich gibt es ein
Happy-End: Die irrende kehrt in die Arme ihres Gemahls zurück, und alles wird
wieder gut.
Die Besetzung ergab sich ebenso
leicht wie die Handlung. Larry mußte die verirrte Gattin spielen und Anne das
harmlose brave Mädchen. Die durchtriebene alte Mama übernahm ich, Sam den
witzig moralisierenden Vater. Paul wurde der kraftvolle Schweiger und Tim der
Versucher, der sich zuletzt von seiner alten Liebe ab- und dem harmlosen
Mädchen zuwendet. Julian blieb über alle Rollen erhaben, er wollte — Gott sei
ihm gnädig — die Regie führen.
Es war wirklich ein albernes
kleines Stück. Sollte ich jemals Schriftstellerin werden, so wird man es in
meinen Gesammelten Werken nicht finden. Der Inhalt bestand aus allerlei
landläufigen Witzeleien — jeder steuerte von seinem Vorrat einige bei —, aus
vielen krankhaft sentimentalen Äußerungen und Hunderten abgedroschener
Redensarten. Ich zeigte es Miss Adams, deren Augen vor Zufriedenheit
leuchteten. Sie sagte, es sei genau
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