Frühstück um sechs
bis der Colonel erschien. Bei ihm fand sie dann ihre Psychologie bestätigt.«
»Genau wie ich ihn mir gedacht hatte. Jetzt bin ich nur auf seine Tochter gespannt.«
»Das arme Ding. Kommt nächste Woche wieder. Hat kein schönes Leben.«
»Machst du dir« — wir >Freunde von der Front< duzten uns jetzt alle — »machst du dir immer vorher ein bestimmtes Bild, ehe du jemand kennenlernst?« wollte Larry wissen. »Dann sag uns doch jetzt mal, ob deins von Tim gestimmt hat.«
Ich wurde ziemlich verlegen, als ich in Tims lachende Augen blickte, während er kein bißchen verwirrt war. Konnte den überhaupt etwas durcheinanderbringen? Er war so hübsch, wie Larry ihn beschrieben, und so geistreich, wie ich gehofft hatte, doch hinter seinem festen Blick verbarg sich noch mehr. Weshalb war er nicht verheiratet? Wie hatte er dem entgehen können?
Der gräßliche Paul hatte meine Gedanken so klar abgelesen, daß ich allmählich Respekt vor seiner Fähigkeit bekam. »Brauchst für Tim keine Pläne zu machen, das ist zwecklos«, sagte er nämlich. »Er ist der vollendete Junggeselle. Ein ganz vorsichtiger Kunde.«
»Bezaubert berufsmäßig die Frauen«, spottete Larry. »Verkörpert die Erfüllung jedes Jungfrauengebets und ist, wie die Erfüllungen fast immer, nicht ganz erreichbar.«
»Gerissen wie die Hunde der Maoris«, ergänzte Sam ordinär.
Tim lächelte geduldig und griff nach den Bridgekarten. Wie gut sich diese vier Menschen verstanden! Einen Augenblick fühlte ich mich gleichsam auf Probe angestellt, ein Außenseiter. Als ich aber Paul in die Augen blickte, war alles wieder gut, obwohl er nur sagte: »Letztes Spiel, Jungens, dann müßt ihr abhauen.«
Und sie >hauten ab<.
4
Ausmustern der Schafe zum >dipping<, dem Desinfektionsbad, das hieß: fast noch vor Sonnenaufgang aus dem Bett, da wir nach ziemlich weit entfernten Koppeln reiten und die Schafe auf den Hof treiben mußten, bevor es zu heiß wurde. Paul sagte — wenn es ihm auch schwerfallen mochte, sich so selbstlos zu zeigen —, ich solle mich nicht bemühen, mitzukommen. »Ich werde schon allein damit fertig, mußte es früher ja auch.«
Das wurde bei ihm bald zur stehenden Redensart, die nie verfehlte, mich erst recht in Schwung zu bringen. So antwortete ich prompt, ich wolle ihm gern helfen und das Ausmustern lernen. Später sollte ich, das hatte er mir versprochen, einen eigenen Hund bekommen. Bis dahin war ich begierig, alles genau zu studieren. Jedenfalls hatte ich das vor, bis Paul mir eine Tasse Tee brachte und eine Kerze auf den Nachttisch stellte. Ich protestierte: es sei ja noch Nacht.
Aber nach dem Tee und einer Zigarette schien die Sache nicht mehr so schlimm. Bis ich angezogen war, hatte Paul die Pferde in den Hof geholt und gesattelt.
Der Ritt über das hüglige Gelände war in der Morgendämmerung herrlich, die Pferde tanzten beinah Pirouetten, um zu zeigen, wie gut es ihnen gefiel, und die Hunde folgten dicht hinter ihnen, sehr jagdfreudig, doch mit sachlichem Ernst. Ich habe mich bei Landschaftsbeschreibungen eigentlich immer gelangweilt, und hier hätte es eines Dichters bedurft, um die Schönheiten des bergigen Buschlandes an einem frühen Herbstmorgen zu schildern.
Ich dachte an die Stadt und unsere komfortable Vorortvilla, wo um diese Zeit noch kein Mensch sich rührte. Dort begann jetzt gerade der erste Verkehr, der Milchmann setzte mit kräftigem Bums seine Flaschen ab, bald plumpste am Gartentor die Zeitung auf den Rasen, und dann fingen die Trambahnen auf der Hauptstraße oberhalb unseres Grundstücks mit ihrem morgendlichen Gekreisch an, das wie schreckliche Hilfeschreie klang. Hier aber gab es nur die Vögel und die Bäche, und sogar sie schienen nur gedämpft und noch verschlafen zu singen und zu murmeln. Und an den Hängen rührten sich schläfrig die Schafe, noch naß vom reichen Morgentau.
Paul besaß gute Hunde, und die Schafe ließen sich unschwer leiten, aber wir mußten sie langsam treiben, und es wurde mächtig heiß, bis wir an die letzte kleine Koppel neben der Furt kamen. Paul sagte: »Am besten ist, ich bringe diesen Teil der Herde schon zum Hof und hole die andern später. Tim und Sam werden bald hier sein, und wir müssen nachher die Tiere ziemlich lange im Hof stehenlassen.«
Das bisher leichte >Ausmustern< war mir in den Kopf gestiegen. Voreilig sagte ich: »Die paar bringe ich nach, das werde ich bestimmt können.«
Paul sah aus, als bezweifelte er das. »Ohne Hund ist es schwierig,
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