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Frühstückspension: Kriminalroman

Frühstückspension: Kriminalroman

Titel: Frühstückspension: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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gerunzelter Stirn, und ich bin sicher, dass er im Geiste gerade die Schadensmeldung formuliert.
    Obwohl ich nicht über meine Gefühle reden wollte, sage ich mehr aus Gewohnheit, als dass es mich verletzt hätte: »Danke, dass es dich interessiert, wie es mir geht.«
    Ohne es zu wollen, nimmt meine Stimme den Tonfall eines kleinen Mädchens an, und dafür hasse ich mich.
    Er hat diese Stimme auch wahrgenommen. Erheitert sagt er: »Aber das sehe ich doch. Du siehst fantastisch aus.«
    Seine Hand fährt durch die Luft und will mein Haar streicheln. Mit einer energischen Bewegung entziehe ich mich.
    Er stöhnt leise und nimmt seine Hand zurück. Wahrscheinlich hat er sich seinen Einsatz leichter vorgestellt und meine Widerspenstigkeit beginnt ihn bereits zu langweilen.
    »Wie hast du mich eigentlich gefunden?«, frage ich und lenke den Wagen langsam am Deich entlang Richtung Schillig.
    »Das war nun wirklich nicht schwer«, lacht er und rekelt sich wieder zufrieden in die Autopolster zurück.
    »Deine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Dein bekannter Hang zu dieser öden Gegend. Nicht zu vergessen, die hilfsbereiten Kurverwaltungen. Voilà, da bin ich.«
    »Warst du schon zu Hause?«, frage ich ohne Interesse. Du schindest Zeit, Teresa, denke ich. Sei nicht feige, und hör auf, mit ihm über belanglose Dinge zu reden.
    »Nein, war ich nicht«, höre ich Reinhard antworten. »Ich habe nur den Anrufbeantworter abgehört.«
    Bei den letzten Worten kann er seinen Groll nicht mehr verbergen. Seine zur Schau gestellte gute Laune ist wie weggeblasen.
    »Ich habe einige Male angerufen und immer wieder den gleichen Spruch gehört. Deine Abwesenheit auf Band zu dokumentieren, ist schon mehr als naiv.«
    Seine Stimme klingt emotionslos, wie immer, wenn er wütend ist. Das macht es mir leichter. Einem freundlichen, mir zugewandten Reinhard bin ich immer noch nicht ganz gewachsen.
    »Um auch gleich alle weiteren Fragen abzuhaken«, holt er mit gewohnter Härte aus.
    »Erstens: Es gibt keine neue Frau in meinem Leben. Dafür hätte ich zurzeit wirklich keine Energie. Das darfst du mir glauben.
    Zweitens: Ich bin nicht in der Firma gewesen, weil ich Abstand brauchte.
    Ich musste nachdenken.
    Deshalb habe ich mir auch nicht den Firmenwagen geholt. Aus diesem Grund auch nur ein Koffer und meine Angelausrüstung und eine Buchung unter falschem Namen.
    Ich wollte für ein paar Tage allein sein. Vollkommen allein und ungestört. Das ist alles!«
    Mir schwirren die Gedanken durch den Kopf. Sollte das möglich sein? Reinhard hatte eine Krise. Ohne, dass ich es bemerkt habe?
    Ich schiebe das aufkommende Mitleid beiseite. Wie hätte ich es bemerken sollen? Er hat mit mir nicht geredet. Schon lange nicht mehr.
    »Warum hast du mir nicht einfach die Wahrheit gesagt?«
    Ich bin doch deine Frau, denke ich. Aber an dem Satz würge ich, bekomme ihn nicht heraus. Er ist nicht mehr wahr.
    Wir sind schon in Schillig, und ich lenke den Wagen weiter durch den Ort, bis wir wieder auf einem der schmalen Wege am Deich landen. Unter ein paar kahlen Birken ist eine Parkbucht. Ich halte an. Meine Hände sind nass geschwitzt. Unser Streit, nach dem ich dann hierher an die Nordsee gefahren bin, ist wieder gegenwärtig.
    Ich kam an dem Tag früher als geplant nach Hause. Der Zahnarzttermin war ausgefallen. Reinhard stand mit Koffer und Angelausrüstung im Flur. Er sah blass aus.
    Ich habe ihn ganz ruhig gefragt: »Was hast du vor?«
    Er hat nicht geantwortet, sondern sich unwillig von mir abgewandt und ein Taxi bestellt. Ich starrte auf seinen Rücken. Seinen Koffer. Hörte, er wollte zum Bahnhof. Die Szene kam mir zu bekannt vor, ein Déjà-vu-Erlebnis.
    So hatten wir auch vor zwei Jahren im Flur gestanden. Ich mit einem Zettel in der Hand und tausend Fragen. Er hat mir kaum eine beantwortet.
    Nach dem Tag keine einzige mehr.
    »Warum antwortest du nicht?«, schrie ich und ging einen Schritt auf ihn zu.
    Er sah mich so genervt an, als wäre ich die Frau, die ihn jeden Tag ins Kreuzverhör nimmt, ihm nie seine Ruhe lässt. Dabei hatte ich seit zwei Jahren keine einzige Frage mehr gestellt. Aus Angst vor seinem kalten Spott und diesem vernichtenden Blick. In dem Moment überspülten mich all meine zurückgehaltenen Fragen wie eine Welle. Ich umklammerte mit beiden Händen seine Schultern und schüttelte ihn. Ich brüllte ihn zum ersten Mal mit voller Wucht an. Dann weinte und bettelte ich. Aber er schwieg, sagte kein Wort mehr. Er wendete sich von mir ab und

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