Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
reife Beziehung. Sie ebenso. Sie legte die Stirn in Falten. Das hörte sich an wie eine Kontaktanzeige. Wer wünschte sich eigentlich reife Beziehungen? Ich, sagte sie sich wieder energisch.
Resolut stieß sie sich vom Telefontischchen ab und ging ins Wohnzimmer zurück. Schwach vom Gasfeuer und einer Lampe beleuchtet, sah der heitere Chintz im sanften Schein des Feuers warm und gemütlich aus wie ein Nest. Was da draußen auch passieren mochte, hier drin konnte sie sich sicher fühlen.
Von draußen kam das Geräusch eines Automotors, der gestartet wurde. Neugierig trat Meredith ans Fenster und schob den Vorhang ein bißchen beiseite, um hinauszuschauen. Auf der anderen Straßenseite stand ein Cottage, das dem ihrigen sehr ähnlich war. Die Haustür war offen, gelbes Licht fiel heraus und hob die dunkle Silhouette einer Frau hervor, die auf der Veranda stand. Sie winkte einem großen Wagen nach – einem Granada, wie es Meredith schien –, der sich eben in Bewegung setzte. Dröhnend tauchte er in die Nacht ein, und seine Scheinwerfer fegten über den vor ihm liegenden Weg. Die Frau verschwand wieder im Cottage und schloß die Tür. Dunkelheit senkte sich auf die Straße, eine fast völlige Dunkelheit, und Meredith fiel zum erstenmal auf, wie schlecht es in Pook’s Common um die Straßenbeleuchtung bestellt war. Auf diesem Abschnitt des Weges sah man nur das schwache Glimmen einer Straßenlaterne an der Ecke. Und was die Frau von gegenüber anbelangte, hatte sie außer einer großen, kräftigen Gestalt nicht viel erkennen können. Sie dachte: Miss Needham, und war ein bißchen überrascht. Aus irgendeinem – völlig unlogischen – Grund hatte sie sich Miss Needham als vornehme ältere Jungfer von zurückhaltendem Wesen vorgestellt, keine junge Frau, die Besuch von Fahrern großer Wagen bekam. Aber vielleicht glaubt Miss Needham das gleiche von mir, dachte sie.
Meredith wandte sich vom Fenster ab, schaltete das Feuer aus, überprüfte Haus- und Hintertür und ging zu Bett; sie schlief ohne Schwierigkeiten ein.
Auch auf der anderen Seite der Straße erlosch das Licht in Miss Needhams Schlafzimmer.
In dem gemeindeeigenen Haus, in dem sie zur Miete wohnte, wurde Mrs. Brissett wach und gab ihrem Ehemann einen Rippenstoß. »Vergiß ja nicht, auf den Speicher zu gehen und die Dekorationen für Miss Mitchell runterzuholen, Fred.«
Laura Danby lag wach und überlegte, ob sie einen größeren Truthahn bestellen sollte, falls Weihnachten ihr einen zusätzlichen Gast bescherte.
Alan Markby, von Bamford mehrere Meilen entfernt, rollte sich in seinem großen Doppelbett herum. Er überlegte, ob er Meredith verändert finden würde, wenn er sie morgen zum Abendessen abholte; oder würde sie denken, er habe sich verändert? Und worüber sollten sie sprechen, um alles in der Welt? Wie sollte er außerdem Lauras Einladung anbringen? Was würde sie sagen? Endlich schlief er ein – von all diesen Sorgen und der schlichten Freude darüber hin und her gerissen, daß er Meredith überhaupt wiedersehen sollte.
KAPITEL 2
Bamford war an diesem Freitagvormittag vor Weihnachten genauso wie Mrs. Brissett vorhergesagt hatte. Meredith hatte Glück und erwischte auf dem Parkplatz hinter dem Supermarkt eine Lücke, die ein anderer Wagen eben hinterlassen hatte. Ein Blick durch die Glastüren des Supermarkts ließ ihr jedoch das Herz in die Stiefel rutschen. Eine dichte, drängende Käufermasse stieß unhandliche Einkaufswagen vor sich her, in denen sich die Waren türmten, zerrte, selbst übelgelaunt, schwitzend und müde, jammernde Kinder mit – es herrschte ein hektisches Gewimmel.
Meredith machte wieder kehrt. Dort hinein wollte sie ganz zuletzt, wenn sie alles andere erledigt hatte. Mit ein wenig Glück hatte der Rummel bis dahin nachgelassen. Sie ging zu Fuß zum Marktplatz. Aber hier war es beinahe genauso schlimm. Die Stände boten ganze Stechginsterstapel und Dekorationen von der Art feil, wie Mrs. Brissett sie liebte. Auf Tabletts wurden ungesund aussehende pinkfarbene und gelbe Süßigkeiten zum Verkauf angeboten. Aus Pappkartons schauten im Preis herabgesetzte Spielsachen in Schachteln und Zellophanverpackungen heraus. Gemüse schien es zum Rekordpreis zu geben. Meredith kaufte zwei Pfund Satsumas und zog sich geschlagen zurück. Aber sie konnte bis nach Weihnachten nicht von Satsumas und den letzten Speckscheiben leben. Sie schob sich die High Street entlang, stieß mit ihrer Einkaufstüte gegen die Beine anderer und wurde
Weitere Kostenlose Bücher