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Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Titel: Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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ihn in einer Kindertagesstätte und bei Tagesmüttern lassen, während ich arbeiten ging. Manche Kinder werden dadurch unabhängig, andere kapseln sich einfach ab. Das hat auch Simon getan. Später, als er in die Schule ging, hatte er nie richtige Freunde. Es war ziemlich peinlich, wenn er Geburtstag hatte. Ich richtete immer eine kleine Party für ihn aus, aber es war schwierig, Kinder zu finden, die ich einladen konnte. Am Schluß lud ich die Kinder der Nachbarn ein – doch selbst auf seiner eigenen Party schien er nie mit ihnen zu spielen.« Sie verstummte und griff mit zitternder Hand nach ihrer Teetasse. Markby wartete geduldig. Doch die Geschichte begann allmählich vertraut zu klingen.
    »Ich machte mir Sorgen um ihn, dachte, daß er möglicherweise eine männliche Bezugsperson brauchte. Ein Junge, der von der Mutter großgezogen wurde – das war vielleicht doch nicht das beste, und am Ende würde eine andere Umgebung ihm mehr zusagen. Also schickte ich ihn auf eine Internatsschule. Sie kostete eine Menge Geld, aber wegen meiner besonderen Situation – ich hätte erwähnen sollen, daß ich eine Armeewitwe war. Mein Mann wurde bei Natomanövern in Deutschland bei einem Unfall getötet … Jedenfalls gab die Schule Simon ein kleines Stipendium, das mir sehr geholfen hat, und seit er dort war, konnte ich ganztags arbeiten und verdiente mehr. Die Schule war nicht sehr weit entfernt. Er konnte übers Wochenende nach Hause kommen, wenn er wollte. Ich dachte, er werde endlich aus sich herausgehen. Es war ein Wagnis, aber ich fand, man müsse es versuchen. Ich hatte auch mehr Freizeit und konnte ein bißchen ausgehen, ein paar örtlichen Vereinen beitreten. Dort habe ich Reg kennengelernt, meinen zweiten Mann. Er war Witwer und ebenfalls Mitglied des Historischen Vereins. Wir verstanden uns gut, hatten viele gemeinsame Interessen. Wir heirateten.«
    »Wie alt war Simon damals?«
    »Oh, vierzehn – alt genug, um zu verstehen, dachte ich. Und Reg hat sich ehrlich für ihn interessiert, versucht, ihm ein Vater zu sein – aber Simon hat ihn immer nur zurückgewiesen.« Das überrascht nicht, dachte Markby. Der Junge hatte in seinem ganzen Leben nie eine Vaterfigur gehabt, und mit vierzehn plötzlich eine präsentiert zu bekommen – das konnte nur schiefgehen.
    »Mit sechzehn hat er die Schule ganz hingeworfen – bei allen Prüfungen versagt. Nicht, weil er nicht intelligent gewesen wäre –, aber er – nun ja, ich muß es sagen, ich denke, er hat absichtlich nicht bestanden. Aus Bosheit – um uns zu bestrafen – es klingt schrecklich …« Ihre Stimme erstarb.
    »Ich denke, er hat uns gehaßt.«
    »Wahrscheinlich war das eine Phase, durch die er durch mußte«, sagte Markby.
    »Viele junge Leute rebellieren gegen ihre Eltern.«
    »Ja …« Ihr Gesicht hellte sich auf.
    »Ja, das tun sie. Ich weiß. Nun, Simon hat die Schule verlassen und ist nach London durchgebrannt. Zum Glück haben wir ihn gefunden und nach Hause geholt. Er war noch nicht volljährig. Die Polizei in London hat gesagt, wir hätten großes Glück. So viele Halbwüchsige, die nach London durchbrennen, verschwinden einfach, und die Eltern finden sie nie mehr. Simon blieb ungefähr sechs Monate zu Hause, dann lief er wieder weg. Diesmal konnten wir ihn nicht aufspüren. Mit achtzehn tauchte er eines Tages wieder auf. Ich denke, er hatte im Freien geschlafen, hatte kein Geld mehr und war nicht so recht gesund … Wir haben ihn aufgenommen, natürlich. Wir hofften …« Sie holte tief Atem.
    »Es ging nicht. Er wollte sich keine Arbeit suchen, lungerte nur im Haus herum. Reg fing an, an ihm herumzunörgeln. Es gab einen furchtbaren Krach, Simon packte seine Sachen und ging. Einfach so. Danach lebte er mal hier und mal dort, an allen möglichen Orten. Manchmal hat er mich besucht – gewöhnlich, wenn er Geld wollte.« Sie sah Markby sehr offen an.
    »Mir ist klar, warum er gekommen ist. Ich habe es Reg erzählt, wenn er dagewesen war, aber ich habe ihm nie gesagt, daß ich Simon Geld gegeben habe. Reg hätte es nicht verstanden.«
    »Ich verstehe«, sagte Markby. Er hatte schon Hunderte ähnlicher Geschichten gehört, aber sie waren immer wieder herzzerreißend.
    »Ich habe mir immer Gedanken über die Leute gemacht, mit denen Simon zusammen war«, sagte Mrs. Turner.
    »Wenn es für Sie ein Trost ist, Mrs. Turner, die drei jungen Leute, mit denen er hier in Bamford gewohnt hat, sind wirklich nett – wenn auch sehr seltsam angezogen und so weiter.

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