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Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Titel: Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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da, in einer Hand einen Bierkrug, in der anderen ein Weinglas. Unter dem Arm hatte er außerdem ein Buch in einem Plastikeinband. »Die Speisekarte«, sagte er. »Können Sie sie mir abnehmen?«
    Meredith zog sie heraus und schlug sie auf. O Gott, dachte sie, das ist keine Speisekarte, das ist ein Roman. Vermutlich war sie der irrigen Meinung, daß Mahlzeiten in Pubs noch wie früher aus Brot, Käse oder Fleischpasteten bestanden. Innerlich seufzend sagte sie sich, daß man wohl hinter der Zeit zurückblieb, wenn man so viele Jahre nicht mehr im eigenen Land gelebt hatte. Sie erinnerte sich an ihr Erlebnis im Supermarkt. Auch das hatte sie kritisch gestimmt.
    Markby sagte hilfsbereit: »Die Steaks sind hier im allgemeinen in Ordnung, das ist auch der Grund, warum ich herkomme. Auch der Salat und das kalte Fleisch sind okay.«
»Dann nehme ich das Rumpsteak.«
Markby kämpfte sich wieder zur Bar durch, um zu bestellen, und als er zurückkam, saßen sie da und betrachteten einander verstohlen. Das Essen war bestellt und ihr Gesprächsstoff ausgegangen, beide wußten nicht recht, was sie sagen sollten.
    »Wie war Ihre Fahrt quer durch Europa?« fragte er.
»Zum Glück ziemlich ereignislos. Ich fahre lieber um diese Jahreszeit als im Sommer, wenn es so viel Urlaubsverkehr gibt.«
»Im Rose Cottage schon eingewöhnt – von der Weihnachtsdekoration einmal abgesehen?«
»O ja, Mrs. Brissett ist ein Schatz, wie es heißt. Ich habe großes Glück.«
Zwei Gesprächsthemen sauber abgehakt und erneutes Schweigen. Meine Schuld, dachte Meredith mutlos. Ich wäre jetzt an der Reihe, aber was soll ich sagen?
»Scheußlicher Abend«, sagte Markby energisch und griff auf das altbewährte britische Wetter zurück.
»Ja. Und hier drin ist es gemütlich und warm, und ich sehe gern so viele Leute. Es ist mehr los als sonst, nehme ich an.«
»O ja, Weihnachten …« Er spielte mit einem Bierdeckel. »Wegen Weihnachten wollte ich Sie was fragen. Bleiben Sie hier? Ich meine, während der Festtage, am ersten und am zweiten Weihnachtstag und so weiter?«
»Ich denke schon. Ich wüßte ja nicht, wohin.« Das klang wehmütig, daher fügte sie energisch hinzu: »Ich weiß, ich habe eben gesagt, ich bin gern unter vielen Leuten, aber das heißt nicht, daß ich nicht auch allein sein kann. Ich habe nichts dagegen, wenn es ruhig ist.« Die letzten Worte klangen trotzig. Sie hoffte, er verstand es nicht so, als wollte sie ihm sagen, er solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Es sollte nicht abweisend klingen. Vielleicht machte er sie nur nervös.
Sie sah mit leichter Bestürzung, daß seine Miene sich verfinstert hatte. »Oh«, sagte er, »ruhig.« Wie auch der Weihnachtstag bei Laura ablaufen mag, dafür, daß er ruhig wird, kann ich nicht garantieren, dachte er.
»Pook’s Common ist praktisch eine Geistersiedlung, wußten Sie das?« Unbarmherzig ratterte Meredith eine Reihe unwichtiger Informationen herunter, fest entschlossen, die Unterhaltung nicht abbrechen zu lassen. »Kaum jemand wohnt ständig dort. Es ist ein bißchen so, als sei man nach England zurückgekommen und in Quarantäne gelandet.«
»Ein bißchen unheimlich?« fragte er mitfühlend.
»Bisher noch nicht.« Sie wollte ihm nicht den Eindruck vermitteln, daß sie im Cottage Gesellschaft brauchte. Dann fand sie, daß das vielleicht wieder schroff geklungen hatte und fügte hinzu: »Aber unter gewissen Umständen könnte es so sein.«
Markby nickte verständnisvoll, hob sein Bierglas und sagte dann überrascht: »Hallo!«
Sie blickte auf. Er sah die beiden Männer am Nebentisch an.
»Wer sind die beiden?« fragte sie leise und neugierig. »Den einen habe ich heute vormittag getroffen.«
»Tatsächlich?« Das klang bestürzt. »Welchen? Wo?«
»Ganz flüchtig im Supermarkt. Er hat hinter mir an der Kasse angestanden. Der mit der Brille.«
»Das ist Colin Deanes. Den anderen, den bärtigen, kenne ich nicht. Aber ich würde ein Pfund darauf setzen, daß er Sozialarbeiter ist. Deanes schreibt und hält Vorlesungen über jugendliche Straftäter.« Markby erwärmte sich für sein Thema. »Er hat den Tick, sie aus Besserungsanstalten und Gefängnissen heraushalten zu wollen. Ich bin nicht dagegen, aber man kann diese jungen Schläger nicht frei herumlaufen und ehrbare Bürger terrorisieren lassen. Wenn ich es richtig sehe, ist Deanes der Meinung, man könne bei jungen Menschen nicht voraussetzen, daß sie den Unterschied zwischen Recht und Unrecht kennen. Mir scheint es jedoch

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