Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
Ich meine, es liegt ganz bei Ihnen. Natürlich würde sie sich sehr freuen, und ich auch, da ich dort sein muß. Sie hat Kinder …«
»Ja, ich glaube, ich erinnere mich, daß Sie mir von Ihrer Schwester und ihren Kindern erzählt haben. Es sind drei, nicht wahr?«
»Vier – es hat Zuwachs gegeben. Das kleinste läuft ständig auf beiden Seiten aus. Matthew, der älteste, ist ein kluger Bursche und Emma, die Zweitälteste, altklug. Für Weihnachten übt sie Jingle Bells als Solo. Vicky macht eigentlich nichts Besonderes – nur Sachen kaputt. Eine Art künftiger Ringkämpferin. Sie sind ganz passabel, wirklich, aber wenn Sie Ruhe und Frieden vorziehen, werden Sie sie vielleicht ein bißchen anstrengend finden.«
Er sah sie so komisch schuldbewußt an, daß sie laut lachen mußte. »Ich komme sehr gern. Sagen Sie’s Laura, und ich rufe sie selbst noch an.«
»Fein, dann ist das geregelt.« Er sah erleichtert aus. »Ich freu mich, daß Sie kommen.« Hastig fügte er hinzu: »Weil die Kinder besser gehorchen müssen, wenn Besuch da ist. Ich zähle ja nicht.«
»Oh, ich verstehe.«
Das Mädchen brachte die Steaks, und es trat eine willkommene Gesprächspause ein, in der Meredith beobachtete, daß Deanes und sein Begleiter aufbrachen. Als sie sich anschickten, sich zur Tür durchzuzwängen, kamen sie dicht an Markby vorbei.
»Ah – hallo, Chefinspektor«, sagte Deanes. Er blieb stehen und schob mit dem Zeigefinger, einer Geste, die Meredith kannte, die Brille auf die Nase. Als sie jetzt einen zweiten Blick auf diese Nase warf, stellte sie fest, daß sie recht durchschnittlich war – eine Nase, von der vermutlich jede Brille heruntergerutscht wäre. Er hatte seinen pelzbesetzten Parka angezogen, bereit, den Elementen zu trotzen. »Ausgehabend für Polizisten?« fragte er humorig.
»Hin und wieder haben wir frei«, sagte Markby schroff.
»Hoffe, das Essen schmeckt Ihnen.« Deanes schaute in Merediths Richtung, und ein Ausdruck der Überraschung huschte über sein Gesicht. »Wie klein die Welt ist! Wir sind uns in Bamford im Supermarkt begegnet. Vielleicht erinnern Sie sich nicht an mich?«
»O doch, ich erinnere mich.« Meredith lächelte.
»Ich freue mich, daß Sie heil und gesund hierhergekommen sind, Mrs. Markby.«
»Oh, aber ich bin nicht – «, begann Meredith, und Markby rief gleichzeitig: »Sie ist nicht – «, so daß ihr gemeinsamer Protest wie aus einem Mund kam.
Deanes lachte leise. »Ich verstehe. Nun, schönen Abend noch. Frohe Weihnachten.«
Er folgte seinem Begleiter im Guernsey-Pullover, und die beiden Zurückbleibenden fielen in ein unglückliches Schweigen, vermieden es, einander anzusehen.
»Das haben wir nicht besonders klug gehandhabt«, sagte Meredith endlich.
»Er ist ein alberner Typ«, sagte Markby gereizt und trank einen Schluck Bier.
Meredith, die sich an ihr kurzes Gespräch mit Deanes an der Supermarktkasse erinnerte, hatte das Gefühl, ihn verteidigen zu müssen. Er hatte da – so war es ihr zumindest vorgekommen – aufrichtiges Interesse für andere bewiesen. Ein solcher Mann verdiente ein gutes Wort zu seinen Gunsten. »Sind Sie sicher, daß Sie fair zu ihm sind?« Die vorsichtige Frage erwies sich als verhängnisvoll. »Oder sind Sie durch Ihren Beruf voreingenommen und sehen in ihm einen Eiferer – jemanden, der in Ihrer Domäne wildert?«
Ein kriegerischer Glanz trat in Markbys blaue Augen. Er fuchtelte ihr mit dem Zeigefinger vor dem Gesicht herum. »Hören Sie, Miss Siebengescheit, Sie haben ihn nicht in Rage erlebt! Lassen Sie ihn ins Fernsehen, rücken Sie ihn ein bißchen ins Scheinwerferlicht, und ab geht die Post. Niemand außer ihm kann da auch nur ein einziges Wort einwerfen. Und er ist gegen den armen, fußkranken Streifencop auch nicht immer fair.«
Meredith straffte sich. »Die Leute haben doch wohl das Recht auf eine eigene Meinung, nehme ich an. Und außerdem …« Meredith merkte, daß sie polemisch wurde. »Sehen Sie sich das an.« Sie zeigte auf das Plakat mit der Ankündigung öffentlicher Hinrichtungen. »Strafrechtsreform war damals notwendig und ist es wahrscheinlich noch heute. Die Vorstellung, wie eine Gesellschaft ihre Kriminellen behandeln soll, ändert sich mit der Vorstellung von Recht und Gerechtigkeit. Früher konnte man einen Mann hängen, weil er eine Scheune angezündet hatte. Dem Himmel sei Dank für Menschen, die bereit sind, sich gegen Autoritäten aufzulehnen und gegen das System anzugehen, das sie für falsch halten.«
»Auch wenn sie Sie an
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