Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
sagte Pringle nachdenklich. »Muß gestern zuviel Alkohol erwischt haben.« Das klang sehr besorgt, und Meredith sah ihn neugierig an. Pringle hob den Arm und winkte. »Harriet, hier sind wir!«
Langsam kam Harriet auf sie zugeritten. Als sie Meredith sah, sagte sie: »Ohallo«, verschliff die drei Silben und lächelte unsicher.
»Guten Morgen«, erwiderte Meredith. Harriet sah wirklich alles andere als gesund aus.
»Nimm das von mir als Medicus!« sagte Pringle zu Harriet. »Heute keinen Bügeltrunk. Bist du sicher, daß du dich im Sattel halten kannst?«
»Es geht schon, Jack, mach kein Theater«, antwortete Harriet schroff und bemühte sich offensichtlich, sich zusammenzureißen.
»Du siehst nach einem Riesenkater aus, meine Schöne.«
»Dann sind frische Luft und sportliche Betätigung das beste für mich. Ich weiß, wann ich mich nicht mehr in dem verdammten Sattel halten kann.«
»Ich folge dir mit einer Trage«, sagte Pringle trokken.
»Ein gutes neues Jahr«, sagte Miss Needham schnippisch und ritt davon.
Im selben Moment erhaschte Meredith einen flüchtigen Blick auf eine andere vertraute Gestalt. Von irgendwoher waren die Demonstranten gegen Blutsportarten aufgetaucht. Sie mußten sich in einer Seitenstraße versammelt haben und waren jetzt da, die meisten jung und anscheinend guter Laune. Zwei trugen ein Spruchband, das ihr Anliegen verkündete, und etwas am Rand stand Merediths backenbärtiger Bekannter, heute ohne Klemmbrett, aber mit einem eigenen Plakat, das er herausfordernd vor sich her trug: Es erklärte die Jagd zu einer Bastion von Klassenprivilegien. Sein schmuddliger ehemaliger Armeemantel schlabberte um seine spindeldürren Beine in den schäbigen Jeans und betonte den Kontrast zwischen ihm und seinen Mit-Demonstranten, von denen die meisten sauber waren und vernünftige ländliche Kleidung trugen. Es war, als habe er den falschen Protest am falschen Ort erhoben oder sei einfach die falsche Person dafür. Vermutlich hatte er sich den anderen angeschlossen, ohne zu ihnen zu gehören. Niemand sprach mit ihm, obwohl sie untereinander lebhaft schwatzten. Hin und wieder warf einer einen Blick in seine Richtung, als flöße er ihm ein unerklärliches Unbehagen ein.
Meredith faßte nach Markbys Ärmel. »Da drüben ist er. Der, von dem ich Ihnen erzählt habe. Er hat mich letzten Freitag auf der High Street aufgehalten und wollte, daß ich seinen Protest unterschreibe. Er sieht heute genauso durchgedreht aus wie am Freitag, der arme Kerl.«
»Er sieht aus, als könnte er eine ordentliche Mahlzeit vertragen«, stellte Markby fest. Inzwischen war die Polizei in Gestalt eines weiblichen Constable erschienen; sie sprach freundlich mit den Demonstranten, die sich daraufhin, anscheinend auf ihre Bitte hin, ein Stück zurückzogen. »Das ist WPC Jane Jones«, sagte Markby leise, als sei es nur für ihn selbst bestimmt, »sie macht ihre Sache sehr gut.« Meredith bemerkte, daß die Gruppe zwar ein Stück zurückgegangen war, den bärtigen Einzelgänger mit dem Plakat dadurch aber noch mehr isoliert hatte. Er stand jetzt, grimmigen Gesichts, ganz allein.
»Meine Güte«, sagte Pringle besorgt, »Harriet muß gestern wirklich zuviel gebechert haben. Sie sieht da oben alles andere als sicher aus.«
Markby und Meredith blickten beide zu Harriet hinüber. Während sie die Demonstranten beobachtet hatten, war aus dem Hotel The Crossed Keys an der Ecke eine Kellnerin mit einem Tablett interessant aussehender Gläser gekommen. Sie ging damit von Reiter zu Reiter. Harriet hatte ein Glas genommen, legte den Kopf zurück und leerte es mit einem einzigen Zug.
»Hab ich ihr nicht gesagt, sie soll das sein lassen?« sagte Pringle grollend. »Sie ist die schwierigste, widerspenstigste und dickköpfigste Frau, der ich je begegnet bin, auch wenn sie eine der hübschesten ist.«
Tom Fearon beobachtete sie ebenfalls und sah genauso besorgt aus. Als merke sie seinen forschenden Blick und ärgere sich darüber, riß sie Blazers Kopf herum, so daß das Pferd Tom den Schweif zukehrte. Dadurch schaute sie in die Richtung von Rupert Green und seinem Begleiter, die noch immer am äußeren Rand der Menge warteten. Dann wandte sie absichtlich den Kopf zur Seite, berührte die glänzende Flanke ihres Braunen mit den Absätzen und ritt davon.
»Ich hoffe nur, daß sie den Burschen mit dem Plakat nicht sieht. Er hat sie am Freitag nach mir aufgefordert, seine Petition zu unterschreiben, und sie hat natürlich nicht sehr freundlich
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