Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
sich zu Markby um.
»Kommen Sie ins Haus.« Toms Küche unordentlich zu nennen wäre die Untertreibung des Jahres gewesen. Selbst ein alleinstehender Mann, kannte Markby die Schwierigkeiten, aber Tom schien alle Versuche aufgegeben zu haben, in seinem Haushalt irgendwie Ordnung zu halten. Auf dem Abtropfbrett türmte sich schmutziges Geschirr. Der Abfalleimer quoll über. Über einer Sessellehne hing ein zerrissener Zügel, und auf dem Tisch lagen eine Spule Zwirn, eine Dose Lederfett, Futterrechnungen und andere Korrespondenz, eine Büchse mit seltsamen Reißnägeln und Nägeln, eine Schermaschine und ein einzelner Handschuh. Tom ging zum Kühlschrank und nahm zwei Dosen Bier heraus. Er machte Platz, indem er sorglos etwas von dem Kleinkram beiseite fegte, und stellte eine Dose vor seinen Besucher. Dann setzte er sich ihm gegenüber und zog an dem Ringverschluß seiner Dose. Er hatte die schlammverkrusteten Gummistiefel vor der Tür abgestreift, und als er sich jetzt zurücklehnte und einen Fuß über das andere Knie legte, kam an der Spitze seiner Socke ein großes Loch zum Vorschein.
»Haben Sie niemanden, der für Sie sorgt, Tom?« fragte Markby und hob seine Bierdose.
»Gutes neues Jahr.«
»Nein, ich werde schon mit allem fertig. Ziehe meinen Schweinestall irgendeinem alten Weib vor, das hier mit dem Staubsauger hantiert und alles verräumt, so daß ich’s nicht mehr finde. Cheers und zur Hölle mit dem neuen Jahr.« Ein kurzes Schweigen, während sie tranken.
»Ich hoffe, Sie können mir helfen, Tom. Ich versuche mir ein Bild von Harriets letzten Tagen zu machen – den Weihnachtsfeiertagen. Wo war sie? Was hat sie gemacht?« Markby stellte die Dose weg und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. In Toms schwarzen Augen blitzte es humorvoll auf, als er seine Dose an die Lippen setzte.
»O ja? Das könnte sich als interessant erweisen.« »De mortuis nil nisi bene« , sagte Markby.
»Ich bin nicht gekommen, um im Schmutz zu wühlen.«
»Ach, wirklich nicht?«
»Okay, ich geb’s zu. Ich bin Polizist. Ich tu oft et was, das meine Mutter nicht billigen würde.«
»Meine alte Dame«, sagte Tom,
»war gewöhnlich zu betrunken, um etwas zu billigen oder zu mißbilligen, was ich tat.«
»Ich erinnere mich an Ihre Familie. Und ganz besonders an Ihre Großmutter mütterlicherseits. Sie lebte in einem Wohnwagen auf dem Gemeindeland, trug eine Männermütze, Stiefel und rauchte Pfeife. Als Kind traute ich mich nicht, über das Gemeindeland zu gehen, weil ich eine Todesangst davor hatte, ihr zu begegnen. Sie kam mir vor wie die alte Hexe im Lebkuchenhaus. Ich dachte, sie würde mich braten und essen.«
»Oh, Granny!« sagte Tom anerkennend.
»Sie war eine echte Zigeunerin, auf der Straße geboren. Einem Kind hätte sie nie was getan. Wenn’s bei mir zu Hause allzu schlimm wurde, bin ich zu ihr gelaufen und hab mich bei ihr versteckt. Sie war eine wunderbare Geschichtenerzählerin. Als sie starb, reisten fast hundert von ihren Verwandten von allen Britischen Inseln zur Beerdigung an. Es gab so viele Kränze und Blumen, daß es aussah wie auf der Blumenschau in Chelsea. Sie haben ihr einen richtigen Zigeunerabschied beschert, und als alles vorüber war, haben sie ihre gesamte Habe in ihrem Wohnwagen verstaut und ihn abgefackelt, Zigeunertradition. Und wissen Sie, was passiert ist? Irgendein übereifriger Mensch hat den Rauch gesehen und die Feuerwehr in Bamford angerufen, und die kam laut bimmelnd angeprescht und hat das Ganze gelöscht.« Tom streckte die Arme über den Kopf und grinste, die weißen Zähne in dem gebräunten Gesicht blitzten.
»Jetzt, Alan, mein Bester, repräsentiere ich den respektablen Zweig unserer Familie.«
»Gott helfe uns!«
»So – und wieso denken Sie, daß ich Harriets dunkle Geheimnisse kenne?«
»Lassen Sie das, Tom«, sagte Markby nachsichtig.
»Sie und Harriet waren ›sehr gute Freunde‹, wie die Sonntagszeitungen das nennen, und zwar von dem Tag an, an dem sie nach Pook’s Common kam.«
»Möglich. Ich war nicht der einzige. Sie hatte eine ganze Reihe sehr guter Freunde.«
»Fangen wir am Weihnachtstag an«, sagte Markby.
»Haben Sie sie da gesehen?«
»Nein.«
»Als Sie mich wegen der Pferde anriefen, haben Sie mir gesagt, daß Sie zu spät zum Weihnachtslunch bei einer Frau kämen.«
»Ja. Doch die Frau, um die es ging, war nicht Harriet, wenn Sie darauf hinaus wollen.«
»Sie wissen doch, Tom«, sagte Markby und fand die ganze Sache plötzlich
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