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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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ich bin ein verdammt unnützer Rechtsberater, also tun Sie, denke ich, ganz Recht. Aber ich möchte Sie für alles, was ich gesagt habe, um Verzeihung bitten. Für das, was ich gedacht habe, gibt es keine Entschuldigung, außer vielleicht, dass Sie mich ohne Warnung oder Erklärung mit diesen Bändern konfrontiert haben. In der Masse haben sie eine ungeheure Wirkung – zumal ich weiß, dass einige der angesprochenen Dinge wahr sind. Am schwierigsten war es, mit Nancys Geschichte klarzukommen. Sie
könnte
Ihre Tochter sein. Ihr Aussehen, ihre Eigenheiten, ihre Persönlichkeit – einfach
alles
–, es ist, als hätte man eine weibliche Ausgabe von Ihnen vor sich, James.« Er schüttelte den Kopf. »Sie hat sogar Ihre Augen –
braune
Augen, während Elizabeths blau sind. Ich weiß, es gibt da gewisse Regeln – die Mendelschen Gesetze, glaube ich –, denen zufolge sie keinen blauäugigen Vater haben kann. Aber das ist noch lange kein Grund anzunehmen, der nächstbeste braunäugige Mann wäre der Vater. Ich möchte sagen, ich weiß, dass ich Sie im Stich gelassen habe. Zweimal habe ich per Telefon hässliche Dinge zu hören bekommen, und zweimal habe ich sie geglaubt.« Er machte eine kurze Pause. »Ich hätte mich professioneller verhalten müssen.«
    James musterte ihn einen Moment aufmerksam, ehe er den Brief auf den Schreibtisch legte und die Hände über ihm faltete. »Leo hat Ailsa oft vorgeworfen, sie nähme immer das Schlimmste an«, sagte er nachdenklich, als rührte sich eine Erinnerung. »Worauf sie entgegnete, das brauchte sie nicht zu tun, wenn wenigstens ab und zu einmal
nicht
das Schlimmste geschehen wäre. Sie hatte schließlich einen solchen Horror davor, dass alles, was sie prophezeite, wahr würde, dass sie überhaupt nichts mehr sagte – und deshalb war das alles –« in einer umfassenden Geste schloss er die Terrasse und die Tonbandstapel ein –»so ein Schock für mich. Sie hat offensichtlich etwas vor mir verheimlicht, aber ich habe keine Ahnung, was – vielleicht diese ungeheuerlichen Unterstellungen. Das Einzige, was mich tröstet, wenn ich nachts wach liege, ist die Gewissheit, dass sie ihnen nicht geglaubt hätte.«
    »Niemals«, stimmte Mark zu. »Dazu kannte sie Sie zu gut.«
    James lächelte schwach. »Ich vermute, dass Leo dahinter steckt – und ich vermute, es geht um Geld. Aber wenn das zutrifft, warum sagt er dann nicht, was er will? Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, Mark, und mir ist schleierhaft, was diese endlose Wiederholung gemeiner Lügen bewirken soll. Ist es Erpressung? Glaubt er selbst, was er sagt?«
    Mark zuckte unsicher mit den Schultern. »Wenn ja, dann hat Elizabeth auf ihn eingeredet.« Er überlegte einen Moment. »Halten Sie es nicht für wahrscheinlicher, dass Leo ihr die Lüge eingeträufelt hat und sie sie nun gehorsam als Tatsache weitergibt? Sie ist sehr leicht zu beeinflussen, und sie gibt immer gern anderen die Schuld an ihren Problemen. Eine aus der Luft gegriffene Erinnerung an einen Missbrauch entspräche genau ihrer Art.«
    »Ja«, meinte James mit einem kleinen Seufzer, »und darum ist Mrs. Bartlett so felsenfest überzeugt von meiner Schuld. Sie erwähnte ja mehrmals, dass sie Elizabeth getroffen habe.«
    Mark nickte.
    »Aber wenn Leo weiß, dass es nicht stimmt, dann weiß er auch, dass ich nur Nancy zu präsentieren brauche, um seine und Elizabeths Behauptungen zu widerlegen. Also – warum will er gerade auf diese Weise meinen Ruf ruinieren?«
    Mark stützte das Kinn in die Hand. Er wusste nicht mehr als James, aber wenigstens hatte er jetzt begonnen, in breiteren Bahnen zu denken. »Es ist doch so, dass Nancy für Leo und Elizabeth praktisch nicht existiert. Sie wissen nicht, was für einen Namen sie heute trägt. Sie ist nicht mehr als ein Fragezeichen auf einer Adoptionsurkunde, die vor mehr als zwanzig Jahren ausgestellt wurde – und solange das so bleibt, können die beiden Ihnen alles Mögliche zur Last legen. Vielleicht sollten Sie mal versuchen, das Pferd am Schwanz aufzuzäumen und von der Wirkung zur Ursache zu denken. Fragen Sie sich, was diese Anrufe bewirkt haben, und überlegen Sie dann, ob es die Wirkung ist, die beabsichtigt war. Vielleicht bekommen Sie dann einen Hinweis darauf, worum es ihm geht.«
    James ließ sich das durch den Kopf gehen. »Ich wurde in die Defensive gedrängt«, sagte er bedächtig, mit militärischen Wendungen beschreibend, wie er es sah. »Ich trage ein Nachhutgefecht aus und warte darauf, dass

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