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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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nichts.
    »Du warst so ziemlich die Einzige, die noch Illusionen hatte«, fuhr er fort, während er sich im Stillen fragte, ob sie sich immer noch Hoffnungen auf Leo machte. »Für alle anderen war der Charme reichlich fadenscheinig geworden.«
    »Ja, und es war ein grausames Erwachen, das kannst du mir glauben«, sagte sie heftig. »Ich will dir das schon seit Ewigkeiten sagen, aber du wolltest ja nie zuhören. Es ist alles nur Mache. Er benützt die Menschen und dann wirft er sie weg.«
    Mark wusste, dass es nichts bringen würde, jetzt zu sagen: Das habe ich dir ja gleich gesagt. Stattdessen fragte er: »Inwiefern hat er dich benützt?«
    Sie antwortete nicht.
    »War das Alibi gelogen?«
    Sie schwieg lange, als müsste sie ihre Optionen bedenken. »Nein«, sagte sie schließlich.
    »Sicher?«
    Das Geräusch unterdrückten Schluchzens erreichte ihn. »Er ist so gemein, Mark. Erst hat er mir mein ganzes Geld abgenommen, und dann musste ich auch noch bei meinen Eltern und meinen Schwestern für ihn was leihen. Die sind alle total wütend auf mich… und ich weiß nicht, was ich tun soll. Sie haben gesagt, ich soll mir das Geld zurückholen, aber ich hab solche Angst vor ihm. Ich hatte gehofft, du würdest – ich meine, du bist doch der Anwalt seines Vaters… ich dachte, er würde vielleicht…«
    Mark holte tief Luft und schluckte seinen Ärger hinunter. »Was?«
    »Du weißt schon…«
    »Dir das Geld zurückerstatten?«
    Ihre Erleichterung war so groß, dass er sie über das Telefon spürte. »Meinst du, er würde das tun?«
    »Das glaube ich nicht – aber ich werde mit ihm darüber sprechen, wenn du mir ein paar ehrliche Antworten gibst. Hast du in meinem Aktenkoffer gekramt? Hast du Leo erzählt, dass der Colonel seine Enkelin suchen ließ?«
    »Nur einmal«, antwortete sie. »Ich habe einen Testamentsentwurf gesehen, in dem von einer Enkelin die Rede war. Das ist alles, was ich ihm erzählt habe. Es wurde kein Name oder so was erwähnt. Ich hab's nicht bös gemeint, ehrlich nicht – das Einzige, was ihn interessiert hat, war, wie viel er und Lizzie erben würden.«
    Ein Wagen kam mit aufgeblendeten Scheinwerfern auf der schmalen, von Hecken gesäumten Straße entgegen. Er fuhr zu schnell, und ein Windstoß prallte seitlich gegen den Lexus, als er unangenehm dicht vorüberbrauste. »Verdammt noch mal!«, schimpfte Mark nervös und schaltete seine Scheinwerfer ein.
    »Sei doch nicht so böse mit mir«, bettelte Becky. »Ich weiß, ich hätte das nicht tun sollen – aber ich hatte solche Angst. Er ist wirklich furchtbar, wenn nicht alles nach seinem Kopf geht.«
    »Inwiefern?«
    Aber das konnte oder wollte sie ihm nicht sagen. Sie war nicht bereit, ihre Ängste vor Leo – ob real oder eingebildet – mit Mark zu teilen. Stattdessen spielte sie das hilflose kleine Mädchen, um zu sehen, ob Mark sich nicht von ihren »Ängsten« dazu bewegen ließe, das Geld, das sie bei ihren Eltern für Leo geliehen hatte, zurückzufordern.
    Unter dem Vorwand, dass seine Batterie gleich leer sei, machte er Schluss.
    Vor einem Jahr noch hätte er ihr blind vertraut…
    … jetzt glaubte er ihr kein Wort…

21
    Prue konnte das Gefühl der Isolation kaum noch aushalten. Sie schämte sich zu sehr, um eine ihrer Freundinnen anzurufen, und bei ihrer Tochter war niemand zu erreichen. In ihrer Einsamkeit bildete sie sich ein, auch Jenny hätte sich auf die Seite von Jack und Belinda geschlagen, und ihr Groll gegen Eleanor wuchs. Sie stellte sich vor, wie die zu Hause ihren Julian umgarnte und mit raffinierten Tricks an sich band, während sie – Prue – in den gähnenden Abgrund von Ablehnung und Scheidung blickte.
    Ihre ganze Wut richtete sich auf ihre vorgebliche Freundin. Darth Vader existierte nur am Rand ihres Bewusstseins. Sie war viel zu sehr mit ihrem eigenen Elend beschäftigt, um darüber nachzudenken, wer er war und was er mit ihrer Freundin zu tun haben könnte. Doch als sie aufblickend am Fenster ein verschwommenes Männergesicht gewahrte, durchfuhr sie ein Schauder des Schreckens. Sie hatte nur blasse Haut und dunkle Augenhöhlen flüchtig wahrgenommen, aber sie stieß einen markerschütternden Schrei aus.
    Diesmal rief sie wirklich die Polizei an. Stammelnd vor Angst, schaffte sie es immerhin, ihre Adresse anzugeben. Sofort wurden zwei Leute losgeschickt, um nach dem Rechten zu sehen, während eine Beamtin beruhigend auf Prue einredete. Ob Mrs. Weldon eine Beschreibung des Mannes geben könne? Ob sie ihn erkannt

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