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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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und die Angst um seine verlorene Mutter in einem gellenden »Nei-ei-ein!« Bahn brachen.

26
    Später, als sie Zeit hatte, darüber nachzudenken, fragte sich Nancy, wie viele Adrenalinstöße ein Mensch aushalten konnte, bevor er umkippte. Sie hatte das Gefühl gehabt, mit dem Zeug voll gepumpt zu sein. Als das Kind jedoch zu schreien begann, wurde sie schlagartig ruhiger.
    Die ganze Episode blieb ihr so scharf im Gedächtnis, als hätte Wolfies Schrei ihr Gehirn klar gemacht zum Handeln. Sie erinnerte sich, wie gelassen sie gewesen war, während sie darauf gewartet hatte, dass der andere reagierte; wie sie die Taschenlampe ausgeknipst hatte, weil sie sie nicht mehr brauchte. Sie wusste jetzt, wo er war, weil er sich zu einem unterdrückten Fluch hatte hinreißen lassen, als das jammervolle »Nein« ihn erreichte.
    Mehr als ein Fahrzeug – das ließ auf Polizei schließen. Irgendjemand hatte sie alarmiert. Bei den Landbesetzern brannten noch Lichter. Der Schrei war aus dem Mund eines Kindes gekommen. Nur ein Kind hatte Angst gehabt. Der Sohn des Irren. Dies war der Irre. Fox. Er hatte ein Rasiermesser bei sich. Sein einziger Weg in die Sicherheit führte zum Park und zum jenseits liegenden Tal. Ohne Fahrzeug würde er zwischen Shenstead und dem Meer festsitzen. Er brauchte eine Garantie auf freien Abzug. Die einzige Garantie war eine Geisel.
    Als er in Richtung des kindlichen Schreis zu laufen begann, rannte sie los, um ihm den Weg abzuschneiden. Sie hatte eine geringere Distanz zurückzulegen und schnappte ihn – beinahe, als wäre es vorbestimmt gewesen – bei Ailsas letzter Ruhestätte vor der Sonnenuhr. Seine linke Seite war ihr zugekehrt, und ihr Blick flog auf der Suche nach blitzendem Stahl zu seiner Hand. Die Hand war leer. Sie setzte darauf, dass er Rechtshänder war, und knallte ihm mit einem Rückhandschwung die Taschenlampe gegen den Hals, bevor sie, als er auf sie losgehen wollte, ihre Linke mit lähmender Wucht auf seinen rechten Unterarm hinuntersausen ließ. Etwas Metallisches fiel klappernd auf die Steinplatten.
    »Miststück«, fauchte er.
    Sie knipste die Taschenlampe an und blendete ihn. »Ich bring Sie um, wenn Sie dem Jungen auch nur ein Haar krümmen, Sie Scheißkerl«, fauchte sie zurück, während sie gleichzeitig mit dem Fuß nach dem Rasiermesser tastete und es hinter den Sockel der Sonnenuhr fegte. Sie hob die Stimme. »Komm nicht näher und sei ganz leise«, rief sie dem Kind zu. »Ich will nicht, dass dir was passiert. Ich geb deinem Dad eine Chance zu verschwinden, wenn du bleibst, wo du bist.«
    Etwas wie Belustigung blitzte flüchtig in Fox' Augen auf.
    »Komm her zu mir, Wolfie! Sofort!«
    Keine Antwort.
    »Hast du mich verstanden? Sofort! Oder soll ich der Schlampe hier die Visage zertrümmern?«
    Aus der Dunkelheit in der Nähe erschallte Wolfies zu Tode geängstigte Stimme. »E-er h-hat einen Hammer in der T-tasche. Er h-hat meine M-mam damit geschla-gen.«
    Die Warnung kam zu spät. Nancy sah nur die blitzschnelle Bewegung, als der Hammer, der schon in seiner Hand lag, hinter seinem Rücken hervorschnellend in einem Aufwärtsschwung die Luft durchschnitt, um ihr Kinn zu treffen.

    Das angstvoll gellende »Nei-ei-ein« brach so schnell ab, dass die Männer vor dem Haus keine Zeit hatten auszumachen, woher es kam.
    »Wohin?«, fragte Monroe.
    Barker knipste seine Taschenlampe an. »Da drüben, zum Wäldchen hin«, sagte er. »Das klang wie eine Kinderstimme.«
    »Auf der Terrasse«, sagte James. »Da ist sein Schlachtfeld.«
    Mark rannte zu Nancys Discovery. »Wollen doch mal sehen, ob er schneller läuft, als die Kiste fährt«, sagte er, ließ den Wagen an und stieß mit aufheulendem Motor zurück.

    Nancy konnte sich nur noch abwenden und den rechten Arm in die Höhe werfen, um den Schlag abzufangen. Er traf sie mit voller Kraft unterhalb des Ellbogens, und ein rasender Schmerz schoss ihr bis unter die Schädeldecke. Nach rückwärts torkelnd, stolperte sie über den Sockel der Sonnenuhr und verlor das Gleichgewicht. Die Taschenlampe fiel ihr aus der gefühllosen Hand, schlug scheppernd auf die Steinplatten und rollte davon. Als Nancy sich wegwälzte, um einem weiteren Hammerschlag zu entrinnen, fiel ihr Blick auf das weißblonde Haar des Kindes, das sich leuchtend hell vom schwarzen Hintergrund des Parks abhob. Ach, Mist! Warum musste das Licht der Taschenlampe ausgerechnet in diese Richtung weisen?
    Sie robbte hinter die Sonnenuhr und richtete sich in hockende Haltung

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