Fuchsjagd
man ja ruhig mal suchen – nur blöd, wenn man dann draufkommt, dass er von Fox ist. Unmöglich! Sie wollte es dem Colonel sagen – aber mein Junge hat sie nicht gelassen. Geh du rein, Ma, hat er gesagt, und überlass das mir.« Sie klopfte auf ihre Tasche und brachte damit irgendwelche Schlüssel zum Klirren. »
Das
war's, warum ihr das Herz stehen geblieben ist. Ich hab's ihr am Gesicht angesehen. Sie hätte nie geglaubt, dass Vera sie aussperren würde. O nein! Wo sie doch so viel für Vera getan hatte…«
Bella war nicht beeindruckt von der Reinlichkeit in James' Haus. »Was ist denn mit seiner Putzfrau los?«, fragte sie, als Mark sie in die alte Spülküche führte, um ihr die Tiefkühltruhe zu zeigen. Angewidert musterte sie das schmutzige Spülbecken und die Spinnweben vor den Fenstern. »Mein Gott, schauen Sie sich das doch mal an! Es ist ein Wunder, dass der alte Mann nicht mit einer Lebensmittelvergiftung im Krankenhaus gelandet ist. Die Frau würd ich an seiner Stelle schleunigst an die Luft setzen.«
»Ich auch«, stimmte Mark zu, »aber das geht nicht so einfach. Es ist sonst niemand da, der die Arbeit übernehmen kann. Shenstead ist praktisch ein Geisterdorf. Die meisten Häuser sind nur in den Ferien bewohnt.«
»Ja, das hat Fox uns schon erzählt.« Sie hob den Deckel der Gefriertruhe und schüttelte den Kopf über die Eisschichten, die sich auf den Lebensmittelvorräten gebildet hatten. »Wann ist die denn das letzte Mal aufgemacht worden?«
»Ich war am Heiligen Abend mal dran, aber sonst wohl seit März nicht mehr, als Mrs. Lockyer-Fox gestorben ist. Vera hat da bestimmt nichts rausgeholt. Sie war schon zu Mrs. Lockyer-Fox' Lebzeiten faul, aber seit ihrem Tod rührt sie überhaupt keinen Finger mehr – streicht nur ihren Lohn ein und verschwindet wieder.«
Bella schnitt eine Grimasse. »Sie meinen, die wird auch noch dafür bezahlt, dass es hier so ausschaut?«, fragte sie ungläubig. »Na, das nennt man rausgeschmissenes Geld.«
»Und sie wohnt mietfrei in einem Gesindehäuschen.«
Bella war fassungslos. »Im Ernst? Nach so einem Deal würde ich mir sämtliche Finger lecken – und ich würde es bestimmt nicht ausnützen.«
Mark lächelte über ihr Gesicht. »Na ja, gerechterweise muss man sagen, dass sie eigentlich gar nicht mehr arbeiten sollte. Sie ist ziemlich senil, die arme Alte. Trotzdem haben Sie natürlich Recht, sie nützt die Situation aus. Aber der Colonel war in den letzten Wochen sehr –« er suchte nach einem geeigneten Wort –»niedergeschlagen und hat deshalb nicht auf sie geachtet –« Sein Handy begann zu läuten. »Entschuldigen Sie.« Er nahm den Apparat aus der Tasche und las stirnrunzelnd die im Display angezeigte Nummer. Dann hob er ihn ans Ohr und sagte kühl: »Ja, Leo? Was wollen Sie?«
Alle Befürchtungen, die Nancy je vor der Entdeckung ihrer Herkunft gehabt hatte, brachen wieder über sie herein, und sie hätte die alte Frau am liebsten angeschrien, sie solle still sein. Aber sie tat es nicht, weil sie Vera diese Genugtuung nicht gönnte. Wäre sie allein mit ihr gewesen, so hätte sie jede Verwandtschaft mit Fox und seiner Mutter bestritten. Aber sie war sich bewusst, dass Wolfie alles, was gesprochen wurde, begierig aufnahm. Sie hatte keine Ahnung, wie viel er davon verstand, aber sie brachte es nicht übers Herz, eine verwandtschaftliche Beziehung zu ihm zu bestreiten.
»Was haben Sie dafür bekommen?«, fragte sie die Alte. »Geld? Haben Sie Mrs. Lockyer-Fox erpresst?«
Vera lachte gackernd. »Warum nicht? Die konnte sich's doch leisten. So ein kleiner Betrag – und keiner hätte erfahren, wer Ihr Daddy ist. Aber sie hat gesagt, sie würde lieber sterben. Schön dumm.« Ihr Geist schien plötzlich zu wandern. »Alle müssen sterben. Bob auch. Mein Junge wird leicht wütend, wenn jemand ihn ärgert. Aber Vera nicht. Vera tut immer brav, was man ihr sagt… Tun Sie dies, tun Sie das… Stimmt doch, oder?«
Nancy sagte nichts, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. War es besser, Mitgefühl zu zeigen? Oder war es besser, den Verstand der alten Frau durch Widerreden zu verwirren? Sie wollte glauben, dass Vera Dawson so konfus sei, dass sie nichts als Unsinn redete. Aber sie hatte die schreckliche Befürchtung, dass die Bemerkungen, die sich auf sie bezogen, zutreffend waren. Hatte sie nicht eben das ihr Leben lang gefürchtet? Hatte sie nicht aus diesem Grund nie etwas von ihrem Erbe wissen wollen?
»Raubtier hat sie meinen Jungen
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