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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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vertrockneten Pflanzen in den großen Terrakottatöpfen vorüber. Sie kramte den Schlüssel zur Spülküche aus ihrer Tasche und lächelte, als sie den Fuchsschwanz bemerkte, der neben dem Schloss am Türpfosten hing. Es war ein alter – wahrscheinlich vom Sommer –, und sie nahm ihn herunter und streichelte mit dem Fell ihre Wange, bevor sie ihn in ihrer Manteltasche verschwinden ließ. In dieser Hinsicht zumindest hatte es nie die geringste Verwirrung gegeben. Der Fuchsschwanz war eine Visitenkarte, die sie stets erinnerte und erkannte.
    Seit sie sich außer Sicht ihres Mannes wusste, hatte ihr wütendes Gebrabbel eine andere Richtung genommen. Blöder alter Kerl… sie würde es ihm schon zeigen… er war überhaupt kein richtiger Mann, war nie einer gewesen… ein richtiger Mann hätte ihr Kinder gemacht…

5
Shenstead – 25. Dezember 2001
    Abends um acht rollten am ersten Weihnachtsfeiertag die Fahrzeuge in das Stück Niemandsland westlich des Dorfs Shenstead. Keiner der Bewohner hörte den heimlichen Vormarsch in das herrenlose Waldgebiet, oder wenn doch einer etwas hörte, so kam er nicht auf den Gedanken, Motorengeräusch mit der Ankunft von New-Age-Leuten zu verbinden, die hier ihr Lager aufschlagen wollten. Seit den Ereignissen in Barton Edge waren vier Monate verstrichen und die Erinnerungen an sie verblasst. Der ganzen schauerlichen Sensationsmache zum Trotz, mit der das lokale Käseblättchen über den »Rave« berichtet hatte, war in Shenstead bei der Lektüre eher Schadenfreude aufgekommen als Angst, dass vor der eigenen Tür etwas Ähnliches geschehen könnte. Dorset war zu klein, da passierte so etwas nicht zweimal hintereinander.
    Dank des hellen Mondlichts konnte der langsam vorwärts kriechende Konvoi die schmale, von Hecken begrenzte Landstraße durch das Tal ohne Scheinwerfer passieren. Als die sechs Busse sich dem Wäldchen näherten, fuhren sie an den Straßenrand, und ihre Insassen warteten bei ausgeschalteten Motoren, während einer aus der Gruppe die Zufahrtsstraße auskundschaftete. Der bitterkalte Ostwind, der seit Tagen blies, hatte die Erde einen halben Meter tief gefroren, und für den folgenden Morgen war erneut strenger Frost angesagt. In vollkommener Stille strich ein Lampenstrahl hin und her und zeigte die Breite des Forstwegs sowie die halbmondförmige Lichtung am Waldrand, die groß genug war, um die Fahrzeuge zu beherbergen.
    An einem wärmeren Abend wäre der ganze klapprige Konvoi im weichen Lehm des Forstwegs stecken geblieben, noch ehe er die relative Sicherheit des von Wurzelwerk verstärkten Waldbodens erreicht hätte. Aber an diesem Abend war nichts dergleichen zu fürchten. Die sechs Fahrzeuge folgten den Signalen des Lampenstrahls, die präzise waren wie die auf einem Flugzeugträger zur Einweisung der Maschinen. Dann parkten sie im Halbkreis unter den kahlen Ästen der Bäume. Der Mann mit der Taschenlampe führte mit jedem Fahrer noch ein kurzes Gespräch, bevor die Fenster mit Pappkarton verdunkelt wurden und die Insassen der Fahrzeuge sich für die Nacht zurückzogen.
    In weniger als einer Stunde hatte sich so, ohne dass einer der Dörfler etwas davon merkte, die Einwohnerzahl von Shenstead mehr als verdoppelt. Sehr zu seinem Nachteil lag es in einem abgeschiedenen Tal, das den Dorset Ridgeway durchschneidend sich dem Meer öffnete. Von seinen fünfzehn Häusern waren elf Ferienwohnungen, die entweder Agenturen oder fernen Städtern gehörten, und in den restlichen vier ständig bewohnten Häusern lebten genau zehn Menschen, von denen drei Kinder waren. Immobilienmakler bezeichneten es immer noch als »unverdorbenes Paradies«, wenn eines der Ferienhäuser zu exorbitantem Preis zum Verkauf stand, aber die Wahrheit sah anders aus. Aus dem einst blühenden Fischer- und Bauerndorf war ein totes Nest geworden, in dem ein paar Fremde hin und wieder ihre Ferien oder Wochenenden verbrachten. Diese Leute hatten natürlich kein Interesse daran, einen Kleinkrieg um ein Stück Land zu führen.
    Und was hätten die alteingesessenen Bewohner tun können, wenn sie erkannt hätten, dass ihre Lebensweise bedroht war? Die Polizei zu Hilfe rufen und zugeben, dass das Stück Land niemandem gehörte?
    Dick Weldon hatte vor drei Jahren, als er die Shenstead Farm knapp einen Kilometer westlich vom Dorf kaufte, den halbherzigen Versuch unternommen, das etwa einen Morgen große Waldstück einzuzäunen. Aber sein Zaun war nie länger als eine Woche unversehrt geblieben. Damals hatte er

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