Fuchsjagd
brüchig. »
Beunruhigen
wohl kaum«, sagte er bitter, bevor er sich in einen Sessel sinken ließ und erneut in Schweigen hüllte.
Mit einem resignierten Seufzer hockte sich Mark wieder nieder, um das Feuer anzuzünden. Als Ailsa noch gelebt hatte, war in diesem Haus alles wie am Schnürchen gelaufen. Mark hatte zwei Arbeitsurlaube in Dorset verbracht, um sich mit dem Gut vertraut zu machen, und hatte gemeint, das große Los gezogen zu haben. Altes Geld – gut angelegt; reiche Mandanten – völlig unprätentiös; Menschen, die er mochte – wo die Chemie stimmte. Auch nach Ailsas Tod war eine starke Verbindung zum Colonel geblieben. Er hatte dem alten Mann während der Zeugenvernehmung zur Seite gestanden und ihn besser kennen gelernt als seinen eigenen Vater.
Jetzt fühlte er sich fremd. Er hatte keine Ahnung, ob ein Bett für ihn gerichtet war. Es schien unwahrscheinlich, und die Vorstellung, auf der Suche nach Bettzeug in Schränken zu stöbern, lockte ihn nicht. Früher hatte er immer im »Blauen Zimmer« gewohnt, wo die Wände mit Fotografien aus dem neunzehnten Jahrhundert gepflastert waren und die Regale voll gestopft mit Familientagebüchern und ledergebundenen alten notariellen Urkunden aus dem Hummerhandel, der zur Zeit von James' Urgroßvater hier im Tal geblüht hatte. »Das Zimmer ist wie für Sie geschaffen«, hatte Ailsa bei seinem ersten Besuch zu ihm gesagt. »Hier finden Sie eine Menge zu Ihren beiden Lieblingsthemen – Geschichte und Juristerei. Die Tagebücher sind alt und verstaubt, mein Junge, aber sie verdienen, gelesen zu werden.«
Ailsas Tod hatte ihn tiefer bekümmert, als er je hatte sagen können, weil auch ihm keine Zeit zu trauern gegeben worden war. So viel aufwühlender Schmerz – der ihn teilweise persönlich betraf – hatte dieses traurige Ereignis umgeben, dass er sich in kühle Sachlichkeit gerettet hatte, um damit fertig zu werden. Er hatte sie aus vielen Gründen geliebt: wegen ihrer Freundlichkeit, ihres Humors, ihrer Großzügigkeit und ihres Interesses an ihm als Mensch. Eines allerdings hatte er nie verstanden – die tiefe Kluft zwischen ihr und ihren Kindern.
Gelegentlich sprach sie davon, dass sie auf James' Seite stünde, so als hätte sie keine Schuld an dem Bruch, aber häufiger pflegte sie von Leos vielen Sünden zu erzählen. »Er hat uns ständig bestohlen«, sagte sie einmal. »Wir merkten es lange nicht. Als James schließlich auffiel, was alles fehlte – zum Teil sehr wertvolle Dinge –, wurde er unglaublich wütend. Er beschuldigte Vera… es gab sehr unschöne Szenen.« Sie schwieg niedergedrückt.
»Und was passierte?«
»Ach, das Übliche«, antwortete sie und seufzte. »Leo legte ein Geständnis ab. Er fand es zum Kaputtlachen. ›Woher sollte eine dumme Kuh wie Vera wissen, was wertvoll ist?‹, sagte er. Die arme Frau – ich glaube, Bob hat sie damals verprügelt, weil er Angst hatte, wir würden sie aus dem Haus werfen. Es war schrecklich – sie hat uns danach behandelt, als wären wir die schlimmsten Tyrannen.«
»Ich dachte, Leo hätte Vera gern gehabt. Sie hat sich doch immer um ihn und Elizabeth gekümmert, wenn Sie weg waren?«
»Ich glaube nicht, dass er irgendetwas für sie empfand – er empfindet für keinen Menschen etwas, außer vielleicht für Elizabeth –, aber Vera hat ihn angehimmelt… nannte ihn nur ihren ›blauäugigen Engel‹ und ließ sich von ihm um den Finger wickeln.«
»Hat sie eigentlich eigene Kinder?«
Ailsa schüttelte den Kopf. »Leo war ihr Ersatzsohn. Sie hat ihn in Schutz genommen, wo sie nur konnte. Heute weiß ich, dass das gar nicht gut war.«
»Wieso nicht?«
»Weil er sie gegen uns ausgespielt hat.«
»Was hat er mit dem Geld angefangen?«
»Das Übliche«, sagte sie wieder in trockenem Ton. »Er hat es verspielt.«
Bei anderer Gelegenheit: »Leo war ein sehr intelligentes Kind. Mit elf hatte er einen IQ von 145. Ich habe keine Ahnung, woher er das hatte – James und ich sind sehr durchschnittlich –, aber es führte zu fürchterlichen Schwierigkeiten. Er glaubte, er könnte sich alles erlauben, besonders als er entdeckte, wie leicht es für ihn war, andere zu manipulieren. Natürlich haben wir uns gefragt, was wir falsch gemacht haben. James wirft sich vor, dass er nicht schon viel früher erkannt hat, dass der Junge eine feste Hand brauchte. Ich gebe der Tatsache die Schuld, dass wir so viel im Ausland waren und uns auf die Erziehung im Internat verlassen mussten.« Sie schüttelte den
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