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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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schaust aber so aus. Gibt dir deine Mam nicht genug zu essen?«
    Er antwortete nicht.
    »Das Brot gibt's umsonst«, sagte sie. »Du kannst so viel davon nehmen, wie du willst. Du brauchst nur ›bitte‹ sagen.« Sie rollte das Zigarettenpapier zusammen und befeuchtete den Rand mit der Zunge. »Magst du mit mir und den Mädchen essen? Soll ich Fox fragen, ob du darfst?«
    Der Knirps starrte sie an wie die böse Hexe. Dann startete er durch und rannte aus dem Bus.

    Mark senkte den Kopf in die Hände und rieb sich die müden Augen. Er hatte seit zwei Nächten kaum geschlafen, und seine Kraftreserven waren auf Null. »James wird hier von allen verdächtigt«, sagte er zu Nancy. »Weiß Gott, warum. Für die Polizei und das Untersuchungsgericht steht fest, dass nichts gegen ihn vorliegt. Es ist eine völlig verrückte Situation. Ich dränge ihn immer wieder, den Gerüchten entgegenzutreten, die hier herumschwirren, aber er behauptet, das wäre sinnlos – sie würden ganz von selbst im Sand verlaufen.«
    »Vielleicht hat er Recht.«
    »Anfangs hielt ich das auch für möglich, aber jetzt nicht mehr.« Er fuhr sich mit einer Hand nervös durch die Haare. »Er bekommt seit Monaten anonyme Anrufe, und einige sind wirklich bösartig. Er hat sie auf Bänder aufgenommen, in allen wird er beschuldigt, Ailsa getötet zu haben. Es macht ihn fertig – körperlich und seelisch.«
    Nancy zupfte an einem Grashalm zwischen ihren Füßen. »Wie kommt es denn, dass die Leute nicht an einen natürlichen Tod glauben wollen? Warum bleibt der Verdacht?«
    Mark antwortete nicht gleich, und als sie sich nach ihm umdrehte, sah sie, dass er sich mit geballten Fäusten die Augen rieb wie ein Kind, das nicht genug geschlafen hat. Sie fragte sich, wie oft das Telefon in der vergangenen Nacht geläutet hatte.
    »Weil damals alles auf einen
gewaltsamen
Tod hinzudeuten schien«, sagte Mark schließlich. »Selbst James glaubte, sie sei ermordet worden. Die Tatsache, dass Ailsa mitten in der Nacht ins Freie hinausgegangen war – das Blut auf der Terrasse –, ihre eigentlich robuste Gesundheit… Er selbst hat die Polizei angetrieben, nach Spuren eines Einbrechers zu suchen, und als sie keine fanden, richtete ihre Aufmerksamkeit sich auf ihn. Das ist das Übliche – der Verdacht fällt immer zuerst auf den Ehemann –, aber er regte sich wahnsinnig darüber auf. Als ich hier ankam, war er dabei, Leo zu beschuldigen, seine Mutter umgebracht zu haben… Das war natürlich wenig hilfreich.« Er schwieg.
    »Warum?«
    »Zu viele wilde Beschuldigungen. Erst ein Einbrecher, dann der Sohn. Das stank unter den Umständen – er war ja ganz allein im Haus gewesen – ziemlich nach verzweifeltem Ablenkungsmanöver. Es brauchte nur noch den unwiderlegbaren Hinweis auf einen Streit, und schon sah er doppelt schuldig aus. Sie versuchten, ihn mit Fragen über seine Beziehung zu Ailsa in die Enge zu treiben. Ob sie gut miteinander ausgekommen seien. Ob er sie geschlagen habe. Die Polizei beschuldigte ihn, sie nach einer Auseinandersetzung aus Wut ausgesperrt zu haben, bis er fragte, warum sie dann nicht einfach ein Fenster eingeschlagen hat, um ins Haus zu kommen, oder warum sie nicht zu Vera und Bob gegangen ist und um Hilfe gebeten hat. Er war ziemlich erschüttert am Ende.«
    »Aber das alles hat sich doch vermutlich auf der Polizeidienststelle abgespielt. Wie soll das den fortbestehenden Verdacht erklären?«
    »Alle wussten, dass er vernommen wurde. Er wurde zwei Tage hintereinander von einem Polizeifahrzeug abgeholt. So etwas lässt sich nicht geheim halten. Die Polizei machte einen Rückzieher, als der Obduktionsbefund nichts erbrachte und sich zeigte, dass die Blutspuren auf der Terrasse von einem Tier stammten, aber die Gerüchte hörten nicht auf.« Er seufzte. »Wenn der Pathologe in Bezug auf die Todesursache präziser gewesen wäre… wenn seine Kinder ihn bei der Beerdigung nicht geschnitten hätten… wenn er und Ailsa offen über ihre Familienprobleme gesprochen hätten, anstatt so zu tun, als gäbe es keine… wenn diese dumme Person, diese Weldon, sich nicht so ungeheuer wichtig vorkäme –« Er brach ab. »Mir fällt dazu immer die Chaostheorie ein: Eine geringfügige Ungewissheit löst eine Kette von Ereignissen aus, die im Chaos endet.«
    »Wer ist diese Weldon?«
    Er wies mit ausgestrecktem Daumen nach rechts. »Die Frau von dem Bauern da drüben. Sie behauptet, einen Streit zwischen James und Ailsa gehört zu haben. Es ist dieser Vorwurf,

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