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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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zusammengekniffen, ging Nancy rückwärts in Richtung zum Tor, um die Fassade des Hauses zu betrachten. Mark folgte zögernd. Eleanor Bartlett konnte jeden Moment zurückkommen, und er wollte Nancy von der Straße fern halten, doch die interessierte sich im Moment ausschließlich für eine mächtige Glyzinie, deren Ranken die Dachschindeln zu lockern drohten. »Steht das Haus unter Denkmalschutz?«
    Mark nickte. »Stufe zwei. Es ist aus dem achtzehnten Jahrhundert.«
    »Wie hält das der Gemeinderat hier? Überprüft er die Gebäude auf bauliche Schäden?«
    »Keine Ahnung. Warum fragen Sie?«
    Sie wies zu den Giebelschutzbrettern unter der Traufe hinauf, wo im rissigen Holz Spuren von Nassfäule zu erkennen waren. Ähnliche Schäden waren ihr schon am hinteren Teil des Hauses aufgefallen, wo von dem Wasser gespeist, das aus den lecken Regenrinnen sickerte, Flechten auf den schönen Steinmauern wucherten. »Da muss eine Menge getan werden«, sagte sie. »Die Regenrinnen lockern sich, weil das Holz darunter fault. Hinten ist es das Gleiche. Die Giebelschutzbretter müssen alle erneuert werden.«
    Er trat neben sie und blickte die Straße hinunter. »Wie kommt es, dass Sie so viel von diesen Dingen verstehen?«
    »Ich bin Ingenieurin bei den Royal Engineers.«
    »Ich dachte, Sie bauen Brücken und reparieren Panzer.«
    Sie lächelte. »Unsere PR-Arbeit ist offensichtlich nicht so gut, wie sie sein sollte. Wir sind Alleskönner. Was glauben Sie denn, wer die Unterkünfte für die Flüchtlinge und Vertriebenen in Kriegsgebieten baut? Ganz gewiss nicht die Kavallerie.«
    »Das ist James' Abteilung.«
    »Ich weiß. Ich habe mich kundig gemacht. Sie sollten ihm wirklich raten, die Reparaturen vornehmen zu lassen«, sagte sie. »Feuchtes Holz ist eine Brutstätte für den Pilz, der zu Trockenfäule führt, wenn es wärmer wird – und den wieder loszukriegen ist ein Alptraum. Wissen Sie, ob das Holz innen behandelt wurde?«
    Er schüttelte den Kopf und sagte, aus seiner beruflichen Erfahrung mit Grundstückssachen schöpfend: »Ich denke nicht. Die Pilzbehandlung ist Bedingung, wenn man eine Hypothek aufnehmen will. Deshalb wird sie für gewöhnlich erst gemacht, wenn ein Haus den Eigentümer wechselt – aber dieses hier war schon in Familienbesitz, als es Holzschutzmittel noch gar nicht gab.«
    Sie blickte erneut nach oben und beschirmte dabei ihre Augen mit beiden Händen. »Wenn er da nichts unternimmt, kann ihn das am Ende eine Menge Geld kosten. Das Dach sieht aus, als gäbe es an mehreren Stellen nach – da unter dem mittleren Kamin ist eine Riesenmulde.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Das kann ich so nicht sagen. Da müsste ich mir erst die Dachbalken ansehen. Es kommt darauf an, wie lange das schon so aussieht. Man muss es mit alten Fotografien vom Haus vergleichen. Es kann ja sein, dass beim Bau für diesen Teil des Dachstuhls grünes Holz verwendet wurde, das unter dem Gewicht der Schieferplatten nachgab. Wenn das nicht zutrifft –« sie senkte die Hände –, »ist das Holz des Dachstuhls vielleicht so angefault wie die Giebelschutzbretter. Im Allgemeinen kann man das riechen. Es ist ein ziemlich unangenehmer Geruch.«
    Mark erinnerte sich des Fäulnisgeruchs, den er bei seiner Ankunft am Heiligen Abend wahrgenommen hatte. »Das fehlt ihm gerade noch«, sagte er zähneknirschend, »dass ihm das Dach über dem Kopf zusammenbricht. Haben Sie mal
Der Fall des Hauses Usher
von Poe gelesen?«
    »Nein.«
    »Eine Geschichte voller Symbolik. Eine moralisch verkommene Familie infiziert das Gefüge ihres Hauses mit ihrer Verdorbenheit, die Mauern beginnen zu bröckeln und stürzen schließlich über ihr ein. Erinnert Sie das an etwas?«
    »Sehr anschaulich, aber gänzlich unwahrscheinlich«, sagte sie und lächelte.
    Hinter ihnen erklang plötzlich eine erregte Stimme. »Sind Sie das, Mr. Ankerton?«
    Mit einem unterdrückten Fluch fuhr Mark herum und sah sich Eleanor Bartlett gegenüber, die, auf den Tag so alt aussehend wie sie war, draußen vor dem Tor stand. Nancys erste Reaktion war Mitleid – die Frau schien tief aufgewühlt –, Mark jedoch war kühl bis zur Unhöflichkeit. »Wir führen hier ein privates Gespräch, Mrs. Bartlett.« Er legte Nancy die Hand auf den Arm, um sie wegzuziehen.
    »Aber es ist wichtig«, entgegnete Eleanor drängend. »Hat Dick Ihnen über diese Leute im Wäldchen Bescheid gesagt?«
    »Das fragen Sie ihn am besten selbst«, erwiderte er kurz. »Ich halte nichts von Tratsch.« Er neigte

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