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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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abschrecken müssen. Stattdessen war Mark gefesselt.
    »Wie war's?«, murmelte sie und hielt die Augen weiter geschlossen. »Haben Sie ihr eine Abreibung verpasst?«
    »Woher wussten Sie, dass ich es bin?«
    »Wer sonst hätte es sein sollen?«
    »Ihr Großvater?«
    Sie öffnete die Augen. »Ihre Stiefel sind Ihnen zu groß«, erklärte sie. »Bei jedem zehnten Schritt schleifen Sie mit den Sohlen durchs Gras und krallen die Zehen ein, um besseren Halt zu bekommen.«
    »Du meine Güte! Gehört das zu Ihrer Ausbildung?«
    Sie lachte. »Sie sollten nicht so leichtgläubig sein, Mr. Ankerton. Ich wusste, dass es nicht James war, weil der im Wohnzimmer ist – vorausgesetzt, meine Orientierung stimmt. Er hat mich mit dem Feldstecher inspiziert und dann die Terrassentür aufgemacht. Ich glaube, er will, dass wir reinkommen.«
    »Ich heiße Mark«, sagte er und bot ihr die Hand. »Sie haben Recht, die Stiefel passen nicht. Ich habe sie mir aus der alten Spülküche genommen, weil ich keine eigenen habe. In London hat man für Gummistiefel nicht viel Verwendung.«
    »Nancy«, erwiderte sie und gab ihm beinahe feierlich die Hand. »Ja, das ist mir aufgefallen. Seit wir aus dem Haus gegangen sind, haben Sie sich bewegt, als hätten sie Flipflops an den Füßen.«
    Er sah ihr einen Moment in die Augen. »Sind Sie bereit?«
    Nancy war sich nicht sicher. Ihre ruhige Zuversicht war ins Wanken geraten, sobald sie den Feldstecher bemerkt und die Gestalt dahinter erkannt hatte. Würde sie jemals bereit sein? Von dem Moment an, als Mark Ankerton ihr die Tür geöffnet hatte, war alles ganz anders gelaufen, als sie geplant hatte. Sie hatte sich ein Gespräch unter vier Augen mit dem Colonel erhofft, dessen Verlauf sie bestimmen würde, aber da hatte sie noch nichts von seiner seelischen Not und seiner Einsamkeit gewusst. Sie war so naiv gewesen zu glauben, sie könnte eine innere Distanz wahren – wenigstens bei der ersten Begegnung –, aber Mark mit seiner schwankenden Haltung hatte sie dazu getrieben, sich auf die Seite des alten Mannes zu schlagen, obwohl sie ihn noch gar nicht kannte und keine Ahnung hatte, ob er ein wahrhaftiger Mensch war. Sie hatte plötzlich eine schreckliche Angst davor, dass sie ihn nicht mögen würde.
    Vielleicht sah Mark ihr die Unsicherheit an, denn er sagte, während er ihre Mütze aus der Tasche zog und sie ihr gab: »Die Mauern des Hauses Usher stürzten nur in sich zusammen, weil niemand wie Sie da war.«
    »Sie sind ein naiver Romantiker.«
    »Ich weiß. Fürchterlich.«
    Sie lächelte. »Ich glaube, er weiß schon, wer ich bin – wahrscheinlich hat er es an dem Reklamesticker für Rinder aus Herefordshire gesehen, der an meiner Windschutzscheibe klebt –, sonst hätte er nicht die Terrassentür aufgemacht. Es sei denn, ich sehe aus wie Elizabeth, und er hat mich mit ihr verwechselt.«
    »Nein, Sie haben überhaupt keine Ähnlichkeit mit ihr«, sagte Mark. Er legte ihr die Hand in den Rücken, um sie zu ermutigen, ins Haus zu gehen. »Verlassen Sie sich auf mich – kein Mensch würde sie jemals mit Elizabeth verwechseln.«

    Eleanor begann ihre Suche in Julians Ankleidezimmer. Sie durchwühlte seine Jackentaschen und leerte sämtliche Schubladen seiner Kommode. In seinem Arbeitszimmer machte sie weiter, kramte seinen Aktenschrank durch und stellte seinen Schreibtisch auf den Kopf. Schon bevor sie seinen Computer einschaltete und seine E-Mail-Korrespondenz durchlaufen ließ– der Mann hielt es nicht einmal für nötig, ein Passwort zu benützen –, hatte sie erdrückendes Beweismaterial beisammen. Er schien sich gar nicht bemüht zu haben, die Affäre zu verheimlichen. In einer Jackentasche fand sie einen Zettel mit einer Handynummer; in der Schublade mit seinen Taschentüchern ganz hinten einen seidenen Schal; in seinem Schreibtisch Hotel- und Restaurantrechnungen und im Computer Dutzende von E-Mails, die unter den Initialen GS gespeichert waren.
    »Darling, wie sieht's am Dienstag aus? Ich bin ab 6 Uhr frei…«
    »Kommst Du zum Geländejagdrennen in Newton? Ich reite Monkey Business, starte um halb vier…«
    »Vergiss nicht den Tausender Zuschuss zur Tierarztrechnung von MB, den Du mir versprochen hast…«
    »Kommst Du zum Jagdtreffen…?«
    »War das wirklich Dein Ernst mit der neuen Pferdebox? Ich LIEBE Dich abgöttisch…«
    »Warte auf dem Reitweg hinter dem Hof auf mich. Ich komme gegen l0 Uhr da vorbei…«
    »Der arme Bouncer. Hoffentlich wird sein Bein bald besser. Gib ihm zum

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