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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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eine fleischerne Christbaumkugel. Wer die Flinte hat, besitzt die Macht. Sandners Pistole hat er dem Grainer in den Hosenbund geschoben. Der soll’s also gewesen sein. Als durchgedreht will er ihn hinstellen. Zwei Tote im Wald. Für den Hergang brauchst du bloß a bisserl Phantasie. Wenn die Murnauer so grandios ermitteln wie bei der Anni, kommt der Hambacher am Ende damit durch. Wundern würde den Sandner nix mehr.
    Noch einen Schuss hat der Mörder, wenn er nicht nachgeladen hat. Aber den kann der Polizist nicht umgehen, was immer er anstellt. Das ist aussichtslos. Tarnkappe ist das Uniformmützerl ja keine. Seine Nackenmuskeln straffen sich alarmiert. Unwillkürlich zieht er den Kopf zwischen die Schultern. Klare Gedanken werden schwer zu greifen. Es muss doch etwas geben.
    Â»Ich zähl bis drei«, poltert die Stimme des Bärtigen durch den Wald.
    Der wird schießen. Der ist jenseits von Gut und Böse.
    Mit äußerster Behutsamkeit besteigt der Sandner das windige Kisterl. Es knackt unter ihm. Das wird ihn keine dreißig Sekunden aushalten. Mit den Händen auf dem Rücken hat er keine Chance. Die Mütze wird ihm vom Kopf gehauen. Dann spürt er den Strick um seinen Hals. Der Hambacher macht Ernst. Nicht mal zum letzten Wunsch reicht es.
    Â»Hör zu ...«, krächzt der Sandner.
    Â»Leck mich«, bekommt er zur Antwort.
    Der Mann zurrt das Seil fest.
    Jetzt nicht bewegen – schwierig, wenn die Beine zu zittern anfangen, als wären sie eigenständige Wesen. Jede Erschütterung könnte das Kisterl kaputt machen. Da reicht ein Husten. Kleine Frage ans Schicksal: Könnte man nicht die Zeit eine halbe Stunde zurückdrehen, bittschön?
    Den Sandner hat einen Moment die Aufmerksamkeit verlassen, und er wird mir nichts, dir nichts aufgeknüpft. Das wär ein bisserl arg bezüglich der Konsequenz. Weil das gemeine Schicksal aber auf Regeln scheißt, braucht es keine Bestätigung. Keine milde Ausnahme. So schaut’s aus.
    Â»Hambacher!«, würgt der Polizist hervor. Aus den Augenwinkeln nimmt er wahr, wie der das Gewehr abputzt und dem Grainer vor die Füße wirft. Das Gewicht verlagern sollte er besser nicht. Der Strick schmiegt sich eng um den Hals. Eine Boa ist ein Dreck dagegen. Den Hambacher sieht er nicht mehr. Aus dem Blickfeld verschwunden. Wo ist der Sauhund hin? Verreckter Scheißdreck noch amal! Unbändige Wut packt ihn. Darauf folgt die Furcht. Sie verstopft ihm die Kehle, das Schlucken geht schwer. Seine Pupillen wandern blitzartig umher, lassen sich gar nicht einfangen. Alles wollen die noch erfassen, festhalten. Verrecken soll er hier, im Bad Kohlgruber Wald, wie ein Viech! Der Sandner kennt sich aus mit der Materie. Seine Gedanken galoppieren durchs Hirn gleich einer Mustangstampede.
    Der Aschenbrenner hat ihm mal launig geschildert, dass sich der Mediziner Nicolas Minovici immer wieder aufhängen ließ, um die Wirkung präzise zu erforschen. Zwölf Mal, um genau zu sein. Regelrecht trainiert bis zur Meisterschaft soll der Mann das haben. Als Besessenheit könntest du das abqualifizieren oder dich am wahren Forschergeist erfreuen. Der könnte sich gwies adäquat benehmen am Strick – bis zuletzt. Vielleicht hätte es genutzt, seine ȃtude sur la pendaison« zu studieren. Vielleicht willst du aber gar nicht detailliert wissen, was dich erwartet. Wozu? Vorfreude löst das keine aus.
    Während Aschenbrenners Schilderung hat der Sandner selbst auf einen Erhängten geschaut, vor einem halben Jahr. Im staubigen Speicher unterm Dach im Sendlinger Reihenhaus. Da ist es auch um Besitz gegangen. Suizid, weil er das Häuserl verloren hat. Zu großes Rad gedreht, und das hat ihn überrollt. Die Bank sagt Dankschön und Servus. Das Hirnstüberl hat sich festgekrallt an Hab und Gut, weil’s das Einzige war, was dort gewachsen ist. Dass eine andere Frucht gedeihen könnte, hat er sich nicht vorstellen können. Geistige Monokultur halt – wie beim Hambacher. Nur umweltverträglicher angebaut.
    Noch bist du nicht verreckt, Sandner. Wie viele Sekunden bleiben ihm? Höchstens zehn. Ein paarmal geblinzelt, und aus die Maus. Falls jemand den Schuss gehört hat und die richtigen Schlüsse zieht, hat er eine Chance – und wenn er noch ein Weilchen stehen bleiben kann. Unwahrscheinlich auf den dürren Bretterln. Das weiß der Hambacher. Der Misthund! Es

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