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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Manschgerl auf der Scheibe. Der Schock ist ausgeblieben. Oder hat der so viel Raum eingenommen, dass dort kein Platz für Emotion gewesen ist? Fast hätt sie aufgelacht vor Erleichterung. Sie ist lebendig geblieben. Nur das hat gezählt.
    Im Wohnzimmer, dem Tod wesentlich näher, ist der Nebenbuhler in einer Blutlache geflackt. Schädeltraumata, Milzriss und diverse andere Unpässlichkeiten. Um das dralle Weibchen haben sie sich gehakelt, die beiden. Da hat der Suff mitgetan, der jede Hemmung weggespült hat, bis zum blutigen Finale.
    Sie hat gespürt, der hätte abgedrückt. Nix hätte ihn aufgehalten. Da kannst du Deeskalation rückwärts im Schlaf buchstabieren, die Realität schert sich einen Dreck drum, wenn dir nur fünf Sekunden zum Handeln bleiben.
    Die Kollegen haben sie kurzzeitig in Watte gepackt, als hätte sie eine schwere Krankheit. Verständnis ist ihr nachgekrochen bis ins stille Örtchen. Mit der Situation hätte sie hadern sollen und von Selbstzweifeln und Albträumen befallen sein – das wär typisch. Manch ein gestandener Polizist hätte nach einer solchen Aktion das Handtuch geworfen. Sie hat in sich hineingehorcht, und da ist nix gewesen. Kein bitterer Geschmack, kein unruhiger Moment. Darüber ist sie ein bisserl erschrocken. Der Psychologin hat sie bei den drei Terminen ordentlich Gewissensmarmelade aufs Brot schmieren müssen. Du musst ja auch in eine Schublade passen, damit die Hypothesen sich nicht im Wald verirren. Sonst kriegst du ein falsches Etikett aufgepappt.
    Natürlich ist ihr die Situation ab und an vor Augen gewesen, aber den Moment des Schießens nachzuempfinden hat in ihr eher ein Kribbeln ausgelöst. Nicht unangenehm. Es ist dieses Gefühl von Kontrolle gewesen. Sie wird kein Opferlamm sein, das angstvoll daherblökt und sich dem Schlächter fügt. Wenn’s drauf ankommt, ist sie bereit zu allem. Eine schockierend wohltuende Erkenntnis. Zwischen dem zweiten und dem dritten Schuss hat es eine unmerkliche Zeitverzögerung gegeben. Zeit für einen dunklen, schrägen Gedanken. Der bleibt in ihr verschlossen.
    Der Sandner hat nur zu ihr gemeint: »Wenn du drüber reden willst, reden wir drüber, egal wann. Wenn ned, lassen wir es bleiben.«
    Vielleicht wird sie mal mit ihm drüber reden wollen. Wenn sie den heutigen Tag überlebt.
    Kein Lamm. Sie braucht nur eine klitzekleine Chance.
    S ie sind endlich ausgestiegen. Länger hätte es die Polizistin nicht ausgehalten, ohne zu randalieren. Automatisch setzen sich ihre Beine in Bewegung, laufen brav vom Rotkreuzplatz die wenigen Meter zur Hinterhofwohnung der Hopfs. Autopilot. Nichts kann sie wahrnehmen von der Umgebung. Die Normalität um sie herum bringt sie aus der Fassung. Von alltäglichen Dingen scheinen die Leut umgetrieben zu sein, die ihnen entgegenkommen. Ein Tag wie jeder andere.
    Die Leistner bleibt immer dicht hinter ihr. Kein Spielraum für einen Geistesblitz. Und wenn sie einfach stehen bliebe? Würde die Frau sie niederschießen? Die gesündere Option wäre, auf den Jonny zu vertrauen. Der hat sicher den Sandner und den Hartinger aufgescheucht.
    F ür die Hopf ist es eine böse Überraschung.
    Auf das Läuten öffnet sie die Tür und setzt gerade zu einem Begrüßungssatz an, da gibt die Leistner der Wiesner schweigend einen heftigen Stoß ins Kreuz. Darauf ist sie nicht gefasst gewesen. Sie prallt mit der Hopf zusammen. Die wird nach hinten in den Flur geworfen. Die Polizistin kann sich an den Kleiderständer retten. Hopfs Mantel gibt ihr Halt.
    Gemächlich schließt die Leistner die Tür.
    Kaum haben sich die beiden Frauen derrappelt, werden sie in die Wohnstube und auf die Couch dirigiert.
    Tonis Mörderin baut sich mit herrischem Gestus vor ihnen auf.
    Â»Wo is der Benny? Oben?«, will sie wissen.
    Â»Bei der Oma – sag, was soll denn des, Susi?«, wispert die Hopf und starrt die Pistole an. »Bist du komplett verrückt? Du hast mir ...« Ein Hustenanfall stoppt sie. Noch hat sie es nicht begriffen. Kann die Wiesner nachvollziehen. Für die Hopf hat sich Murphys Gesetz bewahrheitet. Die darf wirklich die Brühe bis zur Neige auslöffeln.
    Â»Der Toni ist tot«, meint die Leistner zu ihr.
    Â»Ich weiß es doch, aber ...«
    Â»Es ging nicht anders.«
    Die Hopf schlägt die Hände vors Gesicht. Sie seziert den Satz im Hirn, jeden einzelnen

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