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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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wäre! Doch die nuschelt unentwegt weiter. Vom vollen Bus und Medikamenten, dem Wetter und Pipapo.
    Das Fahrzeug hält an und bremst damit ihren Redefluss.
    Â»Einen schönen Abend noch«, wird der Polizistin gewünscht. Munter sieht die Greisin aus, es geht nichts über ein anregendes Gespräch.
    Der Wiesner sitzt ein Kloß in der Kehle. Sie bringt kein Wort heraus, verzieht nur kurz den Mund. Ein angedeutetes Lächeln. Kommt zu spät – der Wille zählt.
    Die Alte ist schon durch die Tür. Wenigstens steht ihrem schönen Abend nichts im Weg.
    Die Straßen und Haltestellen rauschen vorbei. Ein Film. Sinnlos, sich damit zu beschäftigen, hier etwas zu unternehmen. Das könnte sich zum vogelwuiden Drama entwickeln. Der Bus ist voll besetzt. Vor ihr sitzen zwei Kinder in ihre Handydisplays vertieft.
    Neben ihr hat sich ein Teenager samt Kapuzenpulli und Adidas-Tasche auf den Sitz gefläzt, der es nicht schafft, seine Füße still zu halten. Aus seinen Kopfhörern quellen hypnotisch-monotone Drums. Nicht die kleinste Variation. Wumm wumm wumm. Minutenlang. Dazu sein Getrippel. Air-Dance unter dem Sitz. Bursch, reiß dich zam! Wenn einer das Recht hat, nervös zu sein, dann sie.
    Eine Viertelstunde Fahrt bis zum Rotkreuzplatz. Eine Viertelstunde Aufschub. Wozu? Was treibt die Leistner? Wieso will sie unbedingt zur Hopf? Die Frau bleibt ihr ein Rätsel. Sie pflanzt sich im Bus auf wie ein abgezockter Profi. Dabei müsste sie wissen, dass sie nicht davonkommen wird – nicht davonkommen kann. Will sie das überhaupt?
    Die Wiesner fröstelt. Wenn der Jonny einen Funken Verstand hat, wird er ihr Fahrrad und das Bild entdecken und am besten gleich mit der Sturmhaubentruppe zur Hopf marschieren. Möglicherweise ist er sogar vor ihnen da. Und wenn nicht? So leicht wird sie es der Leistner nicht machen, und wenn die ihr Leben lang trainiert hätte.
    V or zwei Jahren hat die Wiesner in Berg am Laim ihren Nachbarn zamgeschossen.
    Im Gedanken hat das bestimmt der eine oder andere bereits öfter nachvollzogen, wenn er wieder einmal mit Bassgedröhn oder Bayern 1 beschallt worden ist, bis die Nerven zerfleddert gewesen waren. Pumpgun – und das Schlagergeblök samt Verursacher sind Vergangenheit. Überzeugendes Motiv – annähernd Notwehr.
    Seit die Polizistin in die Mündung ihrer eigenen Pistole geblickt hat, geht ihr die Geschichte wieder durch den Kopf. Nachts um drei ist sie damals hochgefahren. Orientierungslos, bedeppert, bis ihr die Ursache klar geworden ist. Geschrei und Gepolter, dazwischen immer wieder ein geplärrtes »Dich bring ich um, du Drecksau«. Offenbar ist der Ankündigung keine finale Tat gefolgt, weil das Remmidemmi immer weitergegangen ist. Zusätzlich hat eine Frau gequiekt wie ein frisch geworfenes Ferkel. Die Wiesner hat die Kollegen verständigt und ist samt Dienstwaffe in den Hausgang getappt. Geläutet hat sie gegenüber. Die Tür ist flugs aufgerissen worden und die Nachbarin im schweinchenrosa Negligé ihr mehr oder weniger in die Arme geflüchtet. Bevor sie das hysterische Wesen nach draußen zerren konnte, ist plötzlich ein Mann im Gang aufgetaucht, mit Pistole im Anschlag. Sie sind sich schon ein paarmal im Treppenhaus über den Weg gelaufen. Keine Begegnung, nach der du dich sehnst. Wandelndes Kleinganovenklischee samt Goldkette und Trainingshose.
    Â»Geh weg von der Tür, Sigrid!«, hat er gedröhnt. Das war das Letzte, was er kundtun konnte. Sein Schießprügel ist eine russische Jarygin gewesen – achtzehn Schuss, funktionstüchtig, picobello – für die Nebenwirkung hat die Polizistin keinen Beipackzettel lesen müssen. Da schaust du ungern länger ins Rohr.
    Â»Waffe weg, Polizei!«, hat die Wiesner ihn angeplärrt und dann, weil er unbeirrt gezielt hat auf sie, den Abzug durchgerissen. Dreimal. Einhändig, die Brust durchlöchert und den Hals aufgerissen. Der erste Schuss hat ihn taumeln lassen, der zweite von den Füßen gerissen.
    Sigrid ist ausgetickt und hat ihr die Ohren vollgeschrien.
    Sie hat die hysterische Miss Piggy von sich weggeschubst. Blut ist umhergespritzt. Fünf Sekunden hat das maximal gedauert. Gewundert hat sie sich über ihre kaltschnäuzige Reaktion. Kein Zittern, kein Zaudern, wie auf dem Schießstand – abgesehen von der Präzision. Die Wirklichkeit kommt halt selten daher wie ein

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