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Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)

Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)

Titel: Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Ruscher
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Informationen hat, da öffnet Papa die hintere Tür eines Autos und setzt mich mitsamt Maxi-Cosi-City-Superspeed auf den Rücksitz.
    »Wow, ein Mercedes Strich 8, schicker Wagen«, stellt Teddy anerkennend fest, »ein paar Rostflecken dran, aber sonst wirklich ne coole Karre.«
    Ich habe derweil andere Sorgen, denn Papa versucht eifrig, die Babyschale mit Gurten an dem Polster zu befestigen, er schnauft und kriegt schon hektische Flecken im Gesicht.
    »Das hast du doch geübt, oder? Was dauert denn das so lange?«, ruft Mama.
    »Lass mich in Ruhe, oder willst du das selber machen?!«, schreit Papa.
    Er wird immer nervöser, es ruckelt und ziept, und nichts passiert, es ist ein Kampf zwischen Mensch und Maschine, und Teddy schließt mit mir eine Wette ab.
    Papa schnallt mich immer noch hin und her, und ja, endlich hat er es geschafft und sinkt erschöpft auf den Fahrersitz.
    »Ich kann nicht mehr«, stöhnt er müde, aber auch ein wenig stolz und lässt mit letzter Kraft den Motor an.
    »Hab dich nicht so«, erwidert Mama verärgert, »ich habe eine ganze Geburt hinter mir, was soll ich denn sagen.«
    Ich aber habe keine Lust auf Ehestreit und schreie ein bisschen in der Hoffnung auf Globuli.
    »Siehst du«, ruft Mama, »sie hat Hunger, los, fahr schon, ist ja nicht weit, stillen will ich lieber erst zu Hause.«
    Ich flüstere Teddy triumphierend »Verloren!« zu und staune darüber, dass Bäume, Ampeln und Häuser sich plötzlich in Bewegung setzen, um immer schneller an uns vorbeizufliegen. Diese neuen Eindrücke machen mich müde, und ich nicke stolz in meiner von Papa hart verteidigten Babyschale ein.
    Als ich wieder aufwache, befinde ich mich in einem originell eingerichteten Wohnzimmer wieder. Enttäuscht stelle ich fest, dass auch hier die Tapeten gewöhnungsbedürftig aussehen und gucke Teddy ratlos an.
    »Retro-Style im Reihenhaus«, erklärt er und zuckt mit den Achseln.
    »Meinetwegen«, brumme ich. Immerhin ist das besser als das Altrosa von Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter, und es gibt eine schöne braune Sitzlandschaft, auf der man gepflegt rumsabbern kann. Mehr brauche ich zurzeit eh nicht.
    Interessiert betrachte ich die großen Gemälde moderner Kunst. Offensichtlich handelt es sich um nachgemalte Ultraschall-Bilder in Aschgrau und Schwarz, unten signiert mit einem schlichten H.
    »Die sind von deiner Mutter«, raunt Teddy mir zu, »H wie Heike, schmeiß da bloß später keinen Bauklotz drauf. Da ist sie echt empfindlich.«
    »Klar, du kennst Mama richtig gut, was?«, frage ich genervt von seiner Klugscheißerei.
    »Ja«, antwortet Teddy gelassen, »du bist ja nicht mein erster Job. Ich bin als Teddy auch schon bei Mama und bei Oma eingesetzt worden, deine Familie kenne ich besser als meine Westentasche, und oh ja, das kann ich sagen, ich habe eine Menge erlebt, da kann man ein ganzes Buch drüber schreiben. Sofern man schreiben kann.«
    »Wie bitte?«, rufe ich entsetzt, »du bist ein Second-Hand-Produkt?«
    Teddy zieht beleidigt eine Schnute und erwidert stolz: »Das stimmt so ganz und gar nicht, es liegt schließlich in der Natur eines Teddys, weitervererbt zu werden. So sammeln wir über die Jahrzehnte viel Erfahrung, wovon das jeweilige Baby, das ich betreue, mehr als profitiert, das musst du zugeben .«
    »Wie ›betreut‹«, frage ich atemlos, »bist du mein Aufpasser oder was, das ist ja lächerlich, sei mal froh, dass du bei mir sein darfst und ich dich nicht durch die Gegend schleudere, das hab ich nämlich bei Sören-Wotan gesehen, der hat auch so einen Stoffbegleiter, einen Hasi-Haaaasen, und was der mit dem macht, ha!«
    »Ist ja schon gut«, winkt Teddy ab, »dein Horizont ist eben noch nicht so weit, dass du erkennen kannst, was für eine große Hilfe ich dir bin, aber das kenne ich schon von Mama und Oma, dickköpfig seid ihr alle, da kann man wohl nichts machen.«
    Jetzt bin ich beleidigt und strample aus Wut meine Schühchen ab.
    »Nicht doch, Mia«, ruft Mama liebevoll, »die sind doch von der Oma selbst gestrickt, sind die nicht süß, ich zieh sie dir wieder auf deine kleinen Füßlein, ja wo sind sie denn, die Füßlein, ja wo siiiinnd sie denn, daaa sind sie ja, ein Kuss auf das rechte, ein Kuss auf das linke, und schwupps, sind die Schühlein wieder drauf, meine Süße.«
    Zu meinem Bedauern stelle ich fest, dass Mama eine Sehschwäche hat, und bin mehr als stolz darauf, dass sie trotz ihrer Behinderung solch große und im Detail sicher konturierte Kunstwerke zustande bringt.

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