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Fucking Munich

Fucking Munich

Titel: Fucking Munich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Hanke
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Schock. Patrick hatte sie tatsächlich angefasst! Nicht an der Schulter oder am Arm wie sonst, sondern am Bein! Wieso hatte er das getan? Um sie zu beruhigen? Oder war es ein Annäherungsversuch?
    Und warum musste sie ständig alles hinterfragen, verdammt noch mal?
    «Wieso hast du eigentlich mich für dein Experiment ausgewählt?» Wieder eine Frage. Aber die Antwort interessierte sie brennend. Immerhin gab es genug andere Frauen in der Agentur, die wesentlich attraktiver waren.
    Okay, Patrick und sie kannten sich mittlerweile ganz gut, weil sie bei den Führungen häufig zusammenarbeiteten, aber gerade das konnte für das Projekt von Nachteil sein. Denn wenn man jemanden kannte, reagierte man in gewissen Situationen anders als bei Fremden.
    «Ich finde dich sympathisch», war seine knappe Antwort.
    Julia krallte die Finger ins Sitzpolster und versuchte, nicht wie eine Idiotin zu grinsen. Patrick mochte sie! Endlich hatte sie es aus seinem Mund gehört.
    Kurz darauf bogen sie in die nördliche Auffahrtstraße ein, eine der Anfahrtsalleen mit dem langen Kanal in der Mitte. Einst hatte der Wasserweg Schloss Nymphenburg und Schloss Schleißheim miteinander verbunden, das Kanalsystem zwischen Schleißheim, Nymphenburg und Dachau war in Mitteleuropa einzigartig. Jetzt führten leider nicht mehr alle Kanalabschnitte Wasser, und manche Alleen waren zugewachsen. Dennoch prägte das Kanalsystem weiterhin die Landschaft nördlich von München. Die Wasserwege hatten damals dem Transport gedient und waren zudem für höfische Spazierfahrten genutzt worden.
    Julia seufzte leise. Wie schön es hier war. Märchenhaft. Der etwa zweihundertneunundzwanzig Hektar große Landschaftsgarten beherbergte viele architektonische Schmuckstücke, kleine Parkburgen, Museen, versteckte Skulpturen, malerische Wasserläufe und Seen. Sie stellte sich vor, mit einem venezianischen Gondoliere durch die Kanäle zu gleiten, Patrick an ihrer Seite.
    Das Gelände lag weitgehend im Dunkeln, nur der Springbrunnen und die Eingänge der Gebäude wurden beleuchtet. Schloss Nymphenburg, die ehemalige Sommerresidenz der bayerischen Herrscherfamilie, der Wittelsbacher, gehörte zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Münchens. Julia war stolz, hier arbeiten zu dürfen.
    Während sie die mit Laubbäumen gesäumte Allee entlangfuhren, sah sie vor sich den großen, viereckigen Mittelbau – das vierstöckige Hauptgebäude mit dem roten Dach. Zu beiden Seiten erstreckten sich weitere Anbauten, die miteinander verbunden waren, sodass man den Eindruck bekam, die Silhouette einer ganzen Stadt vor sich zu haben. Das Gebäude bot einen gewaltigen Anblick. Der Prachtbau aus dem Jahre 1664 gehörte zu den größten Königsschlössern in Europa. Bei ihren Führungen zeigten Julia und Patrick den Besuchern einige Räume, von denen manche noch die originale Barockdekoration besaßen. Andere Zimmer waren durch spätere Umgestaltungen im Stil des Rokoko und des Klassizismus gehalten.
    Auf der Anlage gab es sogar ein kleines Dorf, zahlreiche Schlösschen, Tempel – ach, so viel zu entdecken, dass man das alles kaum an einem Tag schaffen konnte. Wenn Julia in ihrer Freizeit durch den Park schlenderte, kam sie sich vor wie in einer anderen Epoche, als wäre sie in einem Jane-Austen-Buch gelandet. Hier befand sie sich in einer anderen Welt, wanderte durch Wälder und über Wiesen und bestaunte die Vielfalt der Pflanzen- und Tierarten.
    Jetzt kam ihr alles noch authentischer vor, weil die Besucherparkplätze leer waren. Es fehlte lediglich die Kutsche, um das Bild perfekt zu machen.
    «Lass bitte dein Handy und alles, was nicht ins siebzehnte Jahrhundert gehört, im Auto.» Patrick stellte den VW etwas abseits an einem unbeleuchteten Flecken ab.
    Julia schaute auf die Handtasche zu ihren Füßen. Plötzlich war ihr die Sache nicht mehr geheuer. «Falls jemand das Auto aufbricht und meine Sachen klaut, ersetzt du sie mir», meinte sie schief lächelnd.
    «Du hast mein Ehrenwort», erwiderte er. «Aber das wird nicht passieren. Wir sind hier ganz allein.»
    Worauf ließ sie sich ein? Sie wusste so wenig über Patrick. Er könnte ein Psychopath sein, der sie …
    Hör auf, so ist er nicht, ermahnte sie sich und atmete tief durch. «Okay, dann lass uns mit deinem Experiment beginnen.»
    Gentlemanlike öffnete Patrick die Tür und führte Julia zum nördlichen Anbau. Beim Laufen knirschte leise der Kies unter ihren Ledersohlen. Selbst die Schuhe waren aus dem Fundus der

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