Füge Dich! (German Edition)

einen ganz wichtigen Termin zu haben, drängte Lasse zum Aufbruch. Erleichtert stimmte sein Freund zu, und so saßen alle drei kurz darauf wieder im Wagen, ein jeder froh darüber, nicht zu schlimmeren Aktivitäten gedrängt worden zu sein. Bevor die beiden Alina bei ihrem Wagen aussteigen ließen, drohten sie ihr mit der Weiterverbreitung des Films, falls sie es wagen sollte, den Mund aufzumachen.
    Ein Begrüßungsgeschenk sollte Ricky an diesem Abend nicht bekommen. Normalerweise erwartete ihn eine stürmische Begrüßung, wenn er von einer Tour zurückgekehrt war, doch an diesem Tag traf er Alina in bedrückter Stimmung an.
    «Was ist mit dir los, mein Täubchen? Freust du dich nicht, dass ich wieder da bin?»
    «Lass uns erstmal das Boot entladen. Dann mach ich dir ein schönes Abendessen und danach muss ich dir etwas erzählen. Es wird mir nicht leicht fallen, also dräng mich bitte nicht.»
    Ricky schaute sie skeptisch an. Ihre Anspannung war nicht zu übersehen. Geduldig wartete er auf den Zeitpunkt, an dem sie sich ihm anvertrauen würde.
    Es dauerte lange, bis Alina ihren Bericht beendet hatte. Sie erzählte ihm alles von ihren Erlebnissen mit Jens, vom ersten Date bis zu ihrer Flucht. Lediglich das, was am Ende des Videos zu sehen war, verschwieg sie ihm.
    Die Begegnungen mit Mike ließ sie ebenso wenig aus wie die Entführung durch die beiden Männer, vor erst wenigen Stunden.
    Ricky musste das Gehörte erst einmal einen Moment lang verdauen, ehe er zu einem Kommentar ansetzen konnte. «Dieses hinterhältige Arschloch! Der Film muss gelöscht werden, und um diese beiden Mistkerle werde ich mich auch kümmern. So etwas werden die sich kein zweites Mal herausnehmen!»
    Die beiden sprachen an diesem Abend noch lange über das Video und welche Folgen es nach sich gezogen hatte. Beim Gedanken an ihre Eltern konnte Alina die Tränen nicht mehr zurückhalten. Hatten sie dieses widerliche Video zu Ende angeschaut? Hatten sie ihre Tochter verstoßen oder sorgten sie sich um sie? Ihre Eltern wussten ja nicht einmal, ob sie noch lebte. Alina bekam ein schlechtes Gewissen. Sie musste unbedingt herausfinden, wie ihre Eltern diese Sache verkraftet hatten und wie sie heute zu ihr standen. Da sie sich ohnehin früher oder später um ihren Personalausweis, ihre Geldangelegenheiten und anderes kümmern musste, beschlossen die beiden, so bald wie möglich an den Rhein zurückzukehren.
    Die Internetrecherche erwies sich als langwierige Angelegenheit. Alina wollte nicht, dass außer Mike noch jemand eingeweiht wurde, und so klickten sich die zwei Stunde um Stunde durch diverse Sexseiten. Was man dort so alles an «privaten Filmen» zu sehen bekam, überschritt so manche Grenze.
    Geschmacklos!, schoss es Alina bei einer extremen Darstellung durch den Kopf. Nicht geschmackloser als das, was man von dir zu sehen bekommt!
    «Stopp! Diesen Raum kenne ich. Und das ist die Kutte!»
    Im Schein einer flackernden Fackel, die in einer Halterung an der Wand steckte, konnte man die Ausschmückung des Raumes deutlich erkennen. Er erinnerte an eine Klosterzelle, nur dass alles extrem übertrieben schien. Zu viele Heiligenbilder, das Kruzifix im Hintergrund viel zu groß, lebensgroß. Doch nicht diese Details waren es, die Alina den Atem stocken ließ. Der Mann, dessen Gesicht unter der großen Kapuze unerkannt blieb, hatte den Saum der Kutte angehoben und sein hoch aufgerichtetes Glied wurde von der Kamera in seiner ganzen Pracht herangezoomt.
    «Nein!»
    Der Junge, er mochte etwa acht Jahre alt sein, zitterte am ganzen Leib, als der Mann ihn auf die Knie zwang. Alina wollte ihren Blick abwenden, als der Mann sich an dem Kind verging, doch als das schmerzverzerrte Gesicht des Jungen für einen Moment zu erkennen war, überkam sie schlagartig die Erkenntnis. Er war es, das war Mike!
    Alina und Ricky kamen überein, dass Mike darüber informiert werden musste. Gleich am nächsten Tag wollte sie ihn aufsuchen. Den Rest des Abends verbrachten die zwei mit der Suche nach Alinas Video. Sie wollten die Recherche gerade für diesen Tag beenden, nur noch ein letzter Versuch ... da war es! Alina ergriff panisch die Hand ihres Freundes.
    «Ricky, ich möchte nicht, dass du dir das anschaust! Bitte versprich mir, es nicht zu tun!»
    «Kleines, ich liebe dich! Ganz gleich, was auf diesem Film zu sehen sein wird, es ändert nichts an meinen Gefühlen zu dir. Du kannst mir vertrauen!»
    «Versprich es mir! Ich kann dir nie mehr in die Augen schauen, wenn