Fuego, Andréa de
Messias umarmte die werdende Mutter, die Frau im Haus, die fürs eigene Heim arbeitete. Der einmalige Fehler war verziehen, sie hatte die Neugier der Freundin befriedigt, wie sie im Zweifelsfall auch deren Hunger befriedigen würde. Sie war Ludérias und nicht seine Verbündete und Vertraute. Mit ihm würde es noch ein paar Monate dauern, bis Vertrauen aufkäme. Die Blutung hatte dem dreimonatigen Kind nicht geschadet, ein Grund für den Blutsturz wurde nicht gefunden, man riet ihnen jedoch zur Vorsicht, es könnte eine Abwehrreaktion des heranwachsenden Fötus sein.
Der Bauch wurde dicker, dehnte die Wollstoffe. Ludéria übernahm den Großteil der Aufträge, die Kundschaft merkte keinen Unterschied. Die Schnitte stammten immer noch von Júlia, aus den Zeitschriften. Messias stellte eine weitere Verkäuferin ein, sie übernahm statt Ludéria die Kurzwaren. Júlia kopierte nun Schnitte mit weiterer Taille, für Schwangere. Messias gab im Laden Júlia Malaquias’ neue Spezialisierung bekannt, Jäckchen für Jungs, Jäckchen für Mädchen, Hütchen mit Bändel, glatte Mützen, Decken. Vormittags setzte sie sich auf dem Platz vor der Kirche in die Sonne, ging in die Achtuhrmesse, um die Kommunion zu empfangen, um zu beichten. Der Pfarrer sagte, ihre Umstände machten sie zur Heiligen, sie sei nicht mehr einfach nur Fleisch und Blut, sondern eine Betstätte.
Die Kunden brachten Geschenke, Schnuller, Windeln, Babykleidung, eine Badewanne. Messias baute den hinteren Teil aus, aus dem kleinen Zimmer wurde ein zweistöckiger Anbau, später wollte er eine weitere Treppe hinzufügen, dann wäre es ein kleines, dreistöckiges Gebäude. Sie würden weitere Kinder bekommen, wenn der Herr im Himmel es zuließe. Ludéria erfreute sich an der ruhigen, gefestigten Beziehung der beiden. Die Sicherheit, die Messias Júlia gab, das absolut diskrete Liebesleben vermittelte Ludéria ein erwachseneres Bild von Júlia, das eines reifen Weibchens, das bereit war, seine süßen Früchte ernten zu lassen.
Sie wollten standesamtlich heiraten, niemand machte eine Bemerkung zum Grund der Eheschließung. Der Termin im Standesamt stand fest, der Bauch dehnte die Abnäher. Das Gewicht machte Júlia zur Ente, sie wirkte würdevoll, weil sie auf so natürliche Weise auf die Geburt wartete, ohne Angst vor dem erschreckenden Geburtsschrei. Das verlieh Messias’ Laden eine Ernsthaftigkeit, und es kamen mit jedem Tag mehr Kunden. Feine Damen und Herren, denn Júlia, Frau Messias, würde bald feierlich in der Freimaurerloge heiraten. Und wäre das Kind geboren, würde es außerdem im römisch-katholischen Taufbecken gesegnet werden, so Júlias Bedingung.
63. Kapitel
DIE STADT WAR ohne Licht und Geraldina seit dem Schiffssignal von noch zarterer, dünnerer und spärlicherer Materie. Antônios Waden nahmen sie wie die kitzelnde Berührung eines Weberknechts wahr, er klatschte darauf, und die Atome ihrer Verbindung erhitzten sich.
Um Geraldos Leichnam, dessen Fleisch sich im Sarg bereits auflöste, kämpften Bakterienstämme. Unter der Erde erfolgte die Ernährung auf Kosten der Gebeine, die lieber in einer anderen Dunkelkammer wohnen würden, wenn sie könnten, wo weniger los wäre. Die hungrigen Stämme entsprangen dem Leichnam selbst. Von innen nach außen, das Ende für Geraldo. Da sie von den Gliedern in Richtung Zentrum voranschritten, nahm er den Verwesungsgeruch nicht wahr, hörte jedoch die leisen Geräusche. Hin und wieder wurde ihm bewusst, dass seine Existenz gerade von dem porösen Holz und der Erde selbst verschlungen wurde. Bis Geraldo schließlich gänzlich aufgelöst war und zu Humus wurde. Dieser sank nach und nach tiefer, Geraldos ganze Materie senkte sich, bis sie die oberste Schicht des Grundwassers erreichte.
Im unterirdischen Wasser gerann Geraldo, es war das letzte Stadium der Verwesung, das seine Substanz durchlief. Bestehend aus gesetzmäßigen Ionenverbindungen, heftete er sich an die Salze des Wassers, das unter der Stadt hindurchfloss. In einem uralten Bett, ohne menschliche Füße oder die Wurzeln von Bambusfeldern zu nässen. Das Grundwasser schwoll an, nahm weitere, schwächere Quellen auf, nährte die Rosensträucher der Damen, ließ die Gärten der Kleinstadt hinter sich und erreichte Nicos Grundstück. Dort floss es nur vorbei und füllte im Vorbeifließen den zum Haus gehörigen Brunnen. Wo Antônio gerade, wie so oft, mit dem Eimer Wasser schöpfte. Da Geraldo noch keine Beziehung zu den Enzymen und auch noch
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