Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuego, Andréa de

Fuego, Andréa de

Titel: Fuego, Andréa de Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geschwister des Wassers
Vom Netzwerk:
der Kirche gefiel die Züchtigkeit, trotz des taillierten Schnitts. Júlia entwarf Modelle für die Messe. Sechsuhrmesse, Neunuhrmesse, Zehnuhrmesse, Mittwochsmesse, Sonntagsmesse. Für jede Uhrzeit einen Farbton, ein Muster. Messias war begeistert und vergrößerte den Laden, schuf einen eigenen Raum für den Kurzwarenladen.
    »Das wird langsam was Seriöses, da können wir doch nicht Spitzenstoffe neben Sardinenbüchsen verkaufen.«
    Er installierte Umkleidekabinen und einen Kleiderständer mit Modellen, die bestellt werden konnten. Wohlstand. Leila erfuhr durch Zufall von dem Kurzwarenladen. Sie kam höchstpersönlich in ihrem Auto mit Chauffeur vorbeigefahren, im Fond sitzend sah sie die beiden bedienen. Sie wollte es sehen, aus gleichgültiger Neugier.
    Die einzige Schneiderin im Viertel machte Karriere. Über einen Aushang an der Kirchenmauer und in Messias’ Laden erhielt sie Aufträge aus anderen Stadteilen. Sie bediente bereits nicht mehr, Ludéria brauchte ein anderes Mädchen zur Unterstützung. Júlia bezog ein kleines Wirtschaftszimmer des Lebensmittelladens, stellte eine Nähmaschine hinein, ein Regal für die Stoffe, Pappschachteln mit Knöpfen drin, auf die sie »Bewohner« schrieb.
    »Bewohner«, las Ludéria.
    »Diese runden Dinger sind doch dazu da, dass man in ein Haus reinkommt, oder? Bewohner also.«
    Bewohner aus Perlmutt, durchsichtige Bewohner, Schürzenbewohner, Schuluniformbewohner, rote, weiße, schwarze, bunte und gemusterte.
    »Júlia, ich geb eine Anzeige in der Zeitung auf, schaffst du das?«
    »Ja, das schaff ich. Ludéria hilft mir beim Zuschneiden.«
    Messias gab eine Anzeige in einer Zeitung mit hoher Auflage auf: »Júlia Malaquias, die Schneiderin der Stadt. Nur mit Termin.« Ludéria verbrachte Stunden am Telefon, gab die Adresse durch und machte Termine. Es kamen Frauen von überall her. Anfangs wunderten sie sich über den Lebensmittelladen nebenan, auch wenn es ein besserer war. Die Terminabsprache verlieh dem Wort »Schneiderin« nämlich eine gewisse Würde, einen luxuriösen Anstrich. Doch alles stimmte wieder, wenn die Kundinnen die Kleider im Empfang nahmen. Júlia wurde dicker und ruhiger, die Nähmaschine ratterte über den weichen Baumwollstoff, über den Satin, die Seide, surrte beim Hin- und Hernähen.
    »Ich heiße Dinorá und habe einen Termin bei Júlia Malaquias.«
    Ludéria brachte Dinorá in das kleine Schneideratelier. Júlia wurde schwindlig, als sie Dinorá, die Kollegin vom Busbahnhof und der Toilette, erblickte.
    »Dacht ich mir’s doch, dass du das bist, ich wollte mir einen Rock nähen lassen, die Kirche verlangt es.«
    Júlia zweifelte an Dinorás gehorsamem Glauben, daran, dass sie einen Rock trug, weil der Pfarrer es verlangte. Dinorás Blick war forschend, vielleicht suchte sie das Baby, das sie selbst bei der Polizei abgegeben hatte. Sie dachte daran, wie sie Dinorá mit der Baby-Diebin hatte sprechen sehen. Sie wusste nicht viel über Dinorá, nur dass Dinorá sie von einem Tag auf den anderen hatte fallenlassen, ohne jeglichen Anlass. Einfach so. Und jetzt stand sie vor ihr und wollte einen Rock.
    »Eine gute Anstellung, ich wusste gar nicht, dass du nähen kannst.«
    Ludéria blieb im Zimmer, verwundert über die Vertrautheit.
    »Das wusste ich auch nicht, wie geht’s den Kindern?«
    »Sie machen Gelegenheitsarbeiten, haben nichts Festes. Der Jüngere hat die Anzeige gelesen.«
    Nach dem Maßnehmen ging Dinorá wieder, Júlias Schläfen pochten, die Augen drückten.
    »Die hat mir gar nicht gefallen, Júlia, die ist ungut«, sagte Ludéria.
    Sie war bereit für die Sechsuhrmesse, neue Schuhe, Ungeduld. Sie drängte Júlia, sich fertig zu machen, Puder aufzulegen, ein schönes Kleid anzuziehen, das sei Werbung für die Schneiderin. Júlia sah tadellos aus, als die beiden das Haus über den seitlichen Flur verließen, Messias rauchte am Ladeneingang.
    »Dieses Haus ist ein Taubenschlag geworden, wir müssen uns überlegen, wie wir die Leute besser bedienen, vielleicht sollte man ihnen einen Tee servieren.«
    Messias sah, dass die Schneiderei schneller wuchs als das Lebensmittelgeschäft. Er dachte daran, teurere und edlere Artikel zu verkaufen, zumal Júlias Kundschaft sich vielleicht auch für Parfüms interessierte, passend zu den maßgeschneiderten Kleidern.
    »Wir sind gleich wieder da«, sagte Ludéria und nahm Júlia am Arm.
    Ein großer Tropfen landete auf ihrem Gesicht, ein anderer lief ihr den Rücken hinab, ein weiterer die Wade,

Weitere Kostenlose Bücher