Führe mich nicht in Versuchung
ein Tablett aufs Zimmer schicken.«
Jillian trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Wie kalt und abweisend er doch war!
»Ist das alles?« fragte er, als sei sie nichts weiter als ein lästiges Insekt.
»Nein«, erwiderte sie. Sie wollte ihren Max zurückhaben. »Soll ich dir dein Frühstück auch schicken lassen?«
»Ich werde in meinem Zimmer frühstücken. Allein. Und wenn du mich jetzt bitte in Ruhe lassen würdest, dann könnte ich mich ankleiden und meinen Tag beginnen.«
»Aber natürlich, Eure Hoheit. Wie unhöflich von mir«, sagte sie und stürmte wütend aus dem Zimmer.
In ihrem Raum angekommen riss sie heftig an der Klingelschnur, um Clancy zu rufen. Sie hatte noch niemals in ihrem Leben eine Mahlzeit allein eingenommen, und es lag auch nicht in ihrer Absicht, nun damit zu beginnen. Auf die eine oder andere Weise würde es ihr schon gelingen, Max ihre Gegenwart hier in Erinnerung zu rufen. Er konnte sie nicht ständig ignorieren oder wegschicken.
Sie beauftragte Clancy, Burleigh zu informieren, dass Ihre Hoheit in einer Stunde im Speisezimmer zu frühstücken wünsche.
Nachdem sie ein Bad genommen und sich ein fliederfarbenes Kleid mit weißen Applikationen aus Gänseblümchen angezogen hatte, verließ sie ihr Zimmer, ohne sich noch einmal umzublicken.
Als sie sich den geschlossenen Doppeltüren des Speisezimmers näherte, rissen die Diener, die auf jeder Seite platziert waren, eifrig die Türen auf, um sie einzulassen. Wenn sie nicht so wütend auf Max gewesen wäre, hätte sie angesichts der Absurdität dessen, was sie hier zu Gesicht bekam, bestimmt lachen müssen. Am Ende des schweren Mahagonitisches war ein Platz für sie gedeckt, der ihr wie ein kleines Rettungsboot auf einem riesigen Ozean vorkam.
Einer der Diener begleitete sie zu ihrem Stuhl. »Kaffee, Eure Hoheit?« fragte er, und seine Stimme hallte durch den Raum, der gut und gerne einhundert Gästen Platz bot.
»Ja, bitte«, erwiderte sie und unterdrückte ihr Lächeln, als ein weiterer Diener sich mit einem abgedeckten Teller näherte. Der Duft nach gebratenem Schinken zog durch die Luft und sie bemerkte erst jetzt, wie hungrig sie war. Sie verspeiste mit großem Appetit ihr Frühstück, während ihr die beiden Diener keinen Moment von der Seite wichen.
Während sie mit den Fingerspitzen die Krümel ihres Brotes auftupfte, lehnte sie sich im Stuhl zurück und überlegte, was sie als nächstes tun sollte. Sie hatte keine Eile, in ihr Zimmer zurückzukehren. Sie konnte sich eigentlich ein Buch aus der Bibliothek holen und es in den kleinen Salon mitnehmen, der zwischen ihrem und Maxens Schlafzimmer lag. Dort war es zumindest geräumiger, und sie hätte die Möglichkeit, sich auf dem Sofa zusammenzurollen.
Aber sie fand die Idee nicht besonders anziehend. Der Salon war ebenso kahl wie die angrenzenden Schlafzimmer. Wärme und Behaglichkeit gehörten nicht zu den Vorzügen von Bassett House. Selbst die Gärten waren zu streng und gezirkelt - welch eine schreckliche Vorstellung, über den Rasen zu laufen und dabei möglicherweise einen Halm zu knicken!
Sie begann sich vorzustellen, wie sie sich ihr Zimmer behaglich machen könnte. Sie würde es mit den Chippendale-Möbeln, der hellgelben Tagesdecke und den passenden Vorhängen einrichten, die sie in einem der anderen Räume gesehen hatte. Noch besser wäre es aber, zunächst herauszufinden, wo sich die herrschaftliche Suite befand.
Zunächst musste sie allerdings erst einmal dafür sorgen, dass überall in Bassett House die Kamine angezündet wurden, um die Kälte, die hier herrschte, zu verbannen. Sie würde in jedes Zimmer frische Blumen stellen lassen und einen der Räume in einen gemütlichen Speiseraum verwandeln, in dem sie und Max ihre Mahlzeiten wie ein normales Ehepaar einnehmen konnten.
Aber wie sollte sie ihm all ihre Ideen für diese Veränderungen unterbreiten? Es kam ihr vor, als seien die Regeln in Bassett House in Stein gemeißelt. Sie hatte ja nicht einmal eine Ahnung, wie Max sein Haus geführt haben wollte. Und wenn sie daran dachte, in welcher Laune er im Augenblick war, so hatte sie auch nicht das geringste Verlangen, ihn danach zu fragen. Aber sie wußte, wer dies für sie übernehmen könnte.
»Lassen Sie Burleigh mitteilen, dass ich ihn umgehend sprechen möchte«, sagte sie zu dem Diener, der ihr am nächsten stand.
»Jawohl, Eure Hoheit«, erwiderte dieser und verbeugte sich.
Einige Augenblicke später erschien der Butler. »Ihr habt mich rufen
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