Führe mich nicht in Versuchung
langer Zeit sein Freund war. Sie liebte Max so sehr, dass sie bereit war, ihre Reputation und das Wohlwollen ihres Bruders zu opfern. Aber er hatte seinen Neid schnell überwunden. Max brauchte diese Art von Liebe. In dieser Hinsicht war er wie sein Vater. Denn nur in der Gegenwart von Bruces Mutter hatte der verstorbene Herzog zufrieden gelächelt.
Aus dem, was Bruce beobachtet hatte, schloss er, dass Jillian vielleicht der einzige Mensch auf der Welt war, bei dem Max Zufriedenheit finden konnte. Auf jeden Fall war sie die einzige Frau in England die Max aufrichtig mochte und deren Wohlergehen ihm am Herzen lag.
Eine Heirat wäre gut für Max. Es war an der Zeit, dass er eine Familie eigen nennen konnte.
Teufel auch, möglicherweise würde er sogar entdecken, dass er ein Herz besaß.
Nun denn, ich werde es tun, sagte sich Bruce. Er würde dafür Sorgen , dass Jillians Ruf ruiniert wurde, in der Hoffnung, dass er damit Max vor sich selbst rettete. Es war arrogant und verrückt. Aber wenn er es nicht tat, würde Jillian in ihrer Unschuld und Ehrlichkeit die ganze Sache verderben. Wo er schon einmal dabei war, den Schutzengel zu spielen, konnte er auch gleich noch Jillian vor sich selbst schützen.
Er wußte sogar schon, wie er es anstellen wollte. Dazu musste er nicht einmal das Haus verlassen. Er wandte sich mit einem Lächeln an Jillian. »Ich habe Ihnen ja demonstriert, wie einfach es ist, hier und da kleine Bemerkungen fallenzulassen und dann mitanzuhören, wie sie wachsen und gedeihen. Hinterher weiß nie jemand, woher sie eigentlich stammten.«
Sie hörte auf, das Kleid mit ihren Händen zu kneten. »Sie werden es also tun?«
Er nickte.
»Und Sie haben keine Angst?«
»Ich habe Ihnen doch schon einmal gesagt, dass Max und Damien mir keine Angst einjagen, erinnern Sie sich denn nicht?«
Ihr Mund verzog sich zu einem kleinen Lächeln. »Bei meinem Debütantinnenball, als mich niemand zum Tanzen aufforderte.«
Lange Zeit sagte keiner von beiden ein Wort. Es gab nichts mehr zu sagen. Während dieser Stille fragte sich Bruce, warum Jillian so offen mit ihm geredet hatte. Wenn man Mut und Verzweiflung einmal beiseiteließ, hatte sie nicht nur ihre tiefsten Gefühle enthüllt, sondern auch über intime Dinge gesprochen, bei denen die meisten Frauen sich weigerten einzugestehen, dass sie überhaupt existierten.
»Warum ich? Warum haben Sie sich ausgerechnet an mich gewandt?«
»Weil Max Ihnen nach Damien am meisten vertraut«, erwiderte sie ohne zu zögern. »Aber mehr als das zählt, dass Sie Max sehr ähnlich sind, und es gibt nichts, was ich ihm nicht anvertrauen würde.«
»Wie schön, dass mein edler Charakter so ins Auge stricht «, erwiderte er leichthin.
»Bei der Einrichtung Ihres Hauses erkenne ich die Hand einer Frau«, sagte Jillian, bemüht, auf ein leichteres Thema umzuschwenken.
»Kathy und meine Mutter haben mich beraten«, erwiderte Bruce.
»Sie haben mir nie gesagt, wann Ihre Schwester denn nun eintreffen wird.«
»In einer Woche«, antwortete er.
»Ich freue mich darauf, sie wiederzusehen«, sagte sie, während sie sich vom Sofa erhob und ihren Rock glattstrich. »Ich muss jetzt gehen.«
»Ich werde meine Kutsche rufen lassen«, sagte er und erhob sich, um nach Smithy zu läuten.
»Ich würde lieber zu Fuß gehen. Ich möchte vermeiden, dass man mich bei Tagesanbruch aus Ihrer Kutsche steigen sieht.«
»In Ordnung«, stimmte ihr Bruce zögernd zu, denn er sah ein, dass sie recht hatte. Er begleitete sie aus dem Zimmer und hielt ihr das Cape hin, damit sie hineinschlüpfen konnte.
»Haben Sie keine Angst, wenn Sie einen Mann bemerken, der Ihnen in einiger Entfernung folgt. Das wird mein Diener Smithy sein. Rufen Sie ihn, falls Sie Hilfe benötigen.«
»Das werde ich«, versprach sie und zog sich ihr Cape über, als habe sie die Absicht, einen Spaziergang zu machen.
Wo sie doch in Wahrheit mit offenen Augen ihrem Ruin entgegentrat.
»Sie sind eine erstaunliche Frau, Jillian. jede andere hätte einen befleckten Ruf als Katastrophe betrachtet. Sie aber sehen darin eine Chance.«
»Nicht nur eine Chance, sondern Hoffnung«, erwiderte sie ruhig. »Ich glaube tatsächlich daran, dass Gott für die Narren und die Liebenden sorgt.«
»Ich dachte, es hieße für die Narren und die Betrunkenen«, erwiderte Bruce. Smithy tauchte auf, bereits mit Hut und Mantel bekleidet, als habe er Bruces nächste Anordnung schon erahnt.
Sie trat nach draußen, wandte sich noch einmal kurz um und
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