Führe mich nicht in Versuchung
sagte lächelnd: »Ich denke, ich bevorzuge meine Version.«
Bruce musste ein Lächeln unterdrücken, als er am nächsten Tag um die Mittagszeit am Frühstückstisch saß und Nunnley ins Esszimmer geschlichen kam.
Mit seiner käsigen Haut und den blutunterlaufenen Augen erweckte er den Eindruck eines todkranken Mannes. Laut einem Diener, den Bruce geschickt, hatte, um ihn zum Frühstücken aus dem Bett zu werfen, hatte er sich bereits mehrmals übergeben.
Bruce dagegen fühlte sich wundervoll, auch wenn er seit vierundzwanzig Stunden kein Auge zugetan hatte. Er freute sich auf die Herausforderung, sein eigenes Werk zunichte zu machen. Im Grunde war es ganz einfach. Er musste Nunnley lediglich von seiner Angst vor einer Heirat mit Melissa kurieren, ihn dann überzeugen, dass er von Max und Damien keine Vergeltung zu befürchten habe, und ihn schließlich wütend genug auf Max machen, so dass er schon aus Gehässigkeit zu klatschen beginnen würde.
Bruce war sicher, dass ihm dies gelingen würde, bevor Nunnley auch nur seinen Kaffee ausgetrunken hatte. Jedes Wort, das Smithy und Bruce von sich geben würden, war sorgfältig einstudiert. Im Augenblick befand sich der Diener draußen vor der Tür, am anderen Ende des Speisezimmers, und wartete auf sein Stichwort, um einzutreten.
Nunnley blieb mit einem angewiderten Gesichtsausdruck im Türrahmen stehen.
Bruce hatte damit gerechnet. Am nächsten Morgen sahen die Dinge immer etwas anders aus. »Ich bin überrascht, dass Sie noch am Leben sind«, sagte Bruce fröhlich. »Kommen Sie herein und leisten Sie mir Gesellschaft.«
Nunnley wollte schon seinen Kopf schütteln, besann sich dann aber schnell eines Besseren. »Dafür habe ich keine Zeit. Ich sollte mich wirklich verabschieden«, sagte er.
Wie unhöflich, dachte Bruce. Nunnley hielt es nicht einmal für notwendig, sich bei ihm für seine Gastfreundschaft zu bedanken. Und er verdarb ihm seinen ganzen, schönen Plan. Er hätte eigentlich hereinkommen und Platz nehmen sollen.
»Dann nehmen Sie sich die Zeit«, drängte Bruce. »Wir müssen noch einmal die Vorfälle der letzten Nacht besprechen.«
»Da gibt es nichts mehr zu besprechen«, entgegnete Nunnley eigensinnig. »Sie haben mir deutlich vor Augen geführt, dass ich keine Wahl habe.«
»Lassen Sie uns die Sache noch einmal bei einer Tasse Kaffee bereden.«
»Nein, danke. Ich mache mir nichts aus dem Zeug.«
Oh, wunderbar. Nunnley hatte seinen Text bereits vollkommen geschmissen, aber es ließ sich hoffentlich noch bereinigen. »Dann bei einer Tasse Tee?« fragte Bruce, um Nunnley hinzuhalten, denn er wollte Smithy die Gelegenheit geben, zur anderen Tür zu laufen. jetzt, wo er darüber nachdachte, war es sogar günstiger, wenn Nunnley die geplante Unterhaltung zwischen Bruce und seinem Kammerdiener von der Stelle aus mithörte, wo er gerade stand.
Nunnley öffnete den Mund, um zu antworten, schloss ihn aber wieder, als sich Fußtritte näherten. Er drehte sich im selben Moment um, als Smithy hinter ihm im Türrahmen erschien.
»Dürfte ich einen Moment Ihrer Zeit beanspruchen, Mylord?« fragte Smithy respektvoll.
» Muß das jetzt sein?« erkundigte sich Bruce. »Hat es nicht Zeit, bis mein Gast gegangen ist?«
»Es ist wichtig, Mylord«, sagte Smithy. »Ich komme gerade von Lady Seymour.«
»Lady Seymour?« wiederholte Bruce und zog seine Augen theatralisch zu Schlitzen zusammen. »Was haben Sie denn dort gemacht?«
»Heute ist mein freier Tag, Mylord. Ich bin recht gut mit dem Stubenmädchen von Lady Seymour bekannt. Aufgrund der Dinge, die sich letzte Nacht zugetragen haben, dachte ich, dass sie möglicherweise ein Interesse an dem haben, was sie mir erzählt hat.«
Bruce zwang sich, einen ärgerlichen Gesichtsausdruck aufzusetzen. »Entschuldigen Sie mich, Nunnley«, sagte er, erhob sich und warf die Serviette, die auf seinem Schoss gelegen hatte, auf den Tisch. Er marschierte an dem verdutzt dreinblickenden Vicomte vorüber und trat mit Smithy ein wenig zur Seite, von der Tür weg, aber immer noch so nahe, dass Nunnley hören konnte, was sie sagten. »Also, was gibt es?«
»Lady Seymour hat drei Besucher empfangen und sich mit ihnen über Lady Forbes unterhalten -«
»Dieses Miststück!« polterte Bruce und schnitt Smithy ganz bewußt das Wort ab. Es bestand keine Notwendigkeit, noch mehr zu sagen. Das sollte reichen, um Nunnley zu überzeugen, dass Arabella sich nichts aus Bruces Drohungen gemacht hatte.
Smithy ließ den Kopf hängen.
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