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Fünf Brüder wie wir

Fünf Brüder wie wir

Titel: Fünf Brüder wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Piraten aussehen ließ.
    Er war gewachsen und trug ein neues Halsband, aber, ganz eindeutig …
    „Grognard!“, schrie Jean Eins.
    „Struppi!“, schrie Jean Drei.
    „Dagobert!“, murmelte ich.

    Er war es. Mein Dagobert, aus dem Tierheim errettet!
    Er hielt den Ball fest im Maul und schüttelte ihn in alle Richtungen, hüpfte fröhlich um uns herum und bespritzte uns mit Sand. Dann pfiff sein Herrchen nach ihm und er schoss wie der Blitz davon, sprang an ihm hoch und kläffte, als wären sie schon immer die besten Freunde gewesen.
    Natürlich erkannte er mich nicht. Ein einziger Nachmittag, was ist das schon im Leben eines Hundes? Aber ich weiß, dass ich mich mein ganzes Leben lang an die paar Stunden erinnern werde, in denen ich einmal einen kleinen Hund hatte.

Der Mai war ein seltsamer Monat.
    „Wir brauchen ein Zimmer für das Baby“, hatte Papa verkündet. „An Umzug ist nicht zu denken. Wir bringen es in der Wäschekammer unter.“
    Jeden Abend, wenn er nach Hause kam, schlüpfte er in eine alte Hose und ein Hemd voller Farbkleckse, nahm seinen Werkzeugkasten und schloss sich in der Wäschekammer ein, um dort herumzuwerkeln.
    Papa ist ein sehr guter Heimwerker.
    Er erträgt es weder, dass Mama ihm gute Ratschläge gibt, noch dass wir uns ihm unter dem Vorwand, ihm helfen zu wollen, an den Rockzipfel hängen.
    Hinter der fest verschlossenen Tür der Wäschekammer hörte man ein Klopfklopf!, Pangpangpang! und Pling! , gefolgt von kräftigen Flüchen.
    „Brauchst du Hilfe, Liebling?“, traute Mama sich leise zu fragen.
    „Nein, nein!“, kam es von Papa. „Dieser Dummkopf von Schreiner hat mir nur wieder mal ein Regal verkauft, das nicht halten will.“
    Ab und zu tauchte sein Kopf durch einen Spalt in der Tür auf.
    „Welcher Taugenichts hat denn einen Kaugummi auf meinen Fuchsschwanz geklebt?“, brüllte er.
    „Haltet euch besser fern, Kinder“, sagte Mama. „Wenn Papa Löcher bohrt, braucht er seine Ruhe.“
    Als wir dann das fertige Zimmer für das Baby sahen, staunten wir Bauklötze. Die Wäschekammer glich einer Bonbonschachtel. An den Wänden hing eine hübsche rosa Tapete mit beinahe gerade geklebter Borte und kreuz und quer verstreuten, aufgedruckten Bildchen. Papa war sehr stolz und machte für uns eine kleine Führung.
    „Hier!“, sagte er. „Was haltet ihr davon?“
    „Umwerfend“, sagte Mama. „Aber alles in Rosa? Ist das nicht etwas voreilig?“
    „Es wird ein Mädchen“, verkündete Papa bestimmt. „Nach der Lage im Mutterleib gibt es da gar keinen Zweifel.“
    Papa ist nämlich ein sehr guter Arzt.
    „Also!“, sagte er. „Findet ihr nicht, dass es ein schönes Zimmer ist?“
    „Supertoll!“, sagten wir.
    „Und die Wickelkommode hab ich selber zusammengebaut“, fügte er in aller Bescheidenheit hinzu.
    „Da bin ich jetzt aber froh“, sagte Mama. „Ich hab nämlich einen Moment geglaubt, sie wäre vielleicht aus einem Umzugswagen rausgefallen … Gehört sich das so, dass man die Schublade nicht öffnen kann?“
    „Sie kommt aus Schweden“, sagte Papa. „Dort hat man robuste Möbel.“
    „Na, dann“, sagte Mama. „Wenn sie aus Schweden kommt …“
    Für die letzten Feinarbeiten lieh Papa sich die Profibohrmaschine vom Vater von Stéphane Le Bihan aus.
    „Sie wollen wirklich nicht, dass ich Ihnen kurz zur Hand gehe?“, fragte Herr Le Bihan, der immer gern behilflich ist.
    „Es dreht sich nur noch darum, eine Wandleuchte anzubringen“, sagte Papa. „Ich bring sie Ihnen in zwei Minuten zurück.“
    Er stieg auf eine Trittleiter und setzte an, ein Loch zu bohren. Aber dann blockierte der Mechanismus und der Bohrer drehte sich immer weiter, ohne dass es Papa gelang, ihn auszustellen.
    Der Bohrer war schon bis zum Wandteppich unserer Nachbarn vorgedrungen, als plötzlich der Strom ausfiel.
    „Das ist der Streik“, sagte Herr Le Bihan, den Mama zu Hilfe geholt hatte. „Kein Strom, kein Wasser, nichts mehr.“
    „Der Streik?“, fragte Papa und schüttelte sich dabei Mauerstaub aus den Haaren.
    „Der Streik“, sagte Herr Le Bihan. „Schalten Sie denn nie den Fernseher ein?“
    Der Mai 1968 war wirklich ein komischer Monat.
    Mama stand zwei Wochen vor der Niederkunft. Ihre Tasche fürs Krankenhaus war fertig gepackt. Das Loch im Zimmer für das Baby war zugegipst.
    Eines Morgens kam sie von der Post zurück, wo sie ein Päckchen mit selbst gestrickten Strampelanzügen von Frau Vuillermoz abgeholt hatte, und da saßen wir in der Wohnung. Sie fiel aus

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