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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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sie vorwarnen sollte, was sie bei Lady Marchmont erwartete, als sich auf dem kiesbestreuten Platz vor dem Bahnhof hastige Schritte näherten. Ein großer, zerzauster junger Mann mit Priesterkragen stürzte auf den Bahnsteig. Er kam gerade noch rechtzeitig zum Stehen, bevor er mit der jungen Frau und Albert zusammenprallte. »Hallo, Albert«, japste er und riss sich einen eher unpassenden Hut vom Kopf. Atemlos entschuldigte er sich für seine Verspätung und meinte, er hoffe, er habe das Vergnügen mit Miss – Miss – äh … Lady Marchmonts Patentochter, die er vom Bahnhof abholen solle.
    Die saphirblauen Augen der jungen Frau weiteten sich und eine Mischung aus Bestürzung und Heiterkeit zeigte sich auf ihrem hübschen Gesicht. Ihre Lider flatterten, als sie den Blick hob und den seltsamen jungen Mann ansah, der sich erneut wortreich entschuldigte und etwas von dringenden Gemeindeangelegenheiten, den Messingsachen, dem verstorbenen Pfarrer und der Müttervereinigung stammelte.
    Albert überlegte, dass er vermutlich für den Rest des Nachmittags so weitergeplappert hätte, wenn die junge Frau seinen Redeschwall nicht unterbrochen hätte. Sie nahm ihren krokodilledernen Koffer in die linke Hand und streckte ihm die rechte entgegen. »Guten Tag. Ich bin Frances Falconleigh«, sagte sie sehr freundlich. »Wie nett von Ihnen, dass Sie sich die Mühe machen, mich abzuholen. Sie müssen Oliver Hammet sein, der neue Pfarrer. Meine Patentante hat mir in Ihren Briefen von Ihnen erzählt.«
    »Keine Ursache«, setzte der Pfarrer an, errötete und hielt die behandschuhte Hand des Mädchens in seiner. »Keine Ursache! Willkommen in Crowmarsh Priors! Freue mich … keine Ursache … wirklich, es ist mir ein Vergnügen … so entzückend!«
    Frances unterdrückte ein Kichern. »Sie sind ein Engel, dass Sie sich um mich kümmern, wenn Sie so schrecklich viel zu tun haben. Ich weiß gar nicht, was ich ohne Sie gemacht hätte!«
    »Immer gern zu Diensten«, stammelte Mr. Hammet. »Ähm, erlauben Sie, dass ich den trage, Miss Falconleigh. Ich bin sicher, er ist viel zu schwer für Sie«, sagte er und ließ endlich ihre Hand los, um ihren Schminkkoffer zu nehmen.
    »Danke!«, gurrte sie.
    Alberts Blick ging zwischen den beiden hin und her, sein Schnurrbart zuckte. Dieses freche Ding!
    Mr. Hammet errötete wieder. »Äh, nichts zu danken. Das Vergnügen ist ganz meinerseits. Bitte, nehmen Sie meinen Arm. Ich bin eigentlich eine Art Vetter von Lady Marchmont, ein entfernter natürlich, sehr entfernt. Albert, meinen Sie, Sie könnten sich um die restlichen, ähm, Sachen von Miss Falconleigh kümmern?« Er deutete auf den Kofferberg und wunderte sich darüber, wie viel diese junge Dame offenbar für eine Reise brauchte. Er hatte nicht die geringste Vorstellung, was alles in diesen Koffern sein mochte. Er kannte nur sehr wenige junge Damen. Oliver war das einzige Kind eines ältlichen Pfarrers, seine Mutter war gestorben, als er noch ein Baby war. Er hatte ein Internat für die Söhne von Geistlichen besucht und war dann nach Cambridge gegangen. Dabei hatte sein gesamtes Hab und Gut in denselben alten Lederkoffern Platz gefunden, die schon sein Vater vierzig Jahre zuvor mit nach Cambridge genommen hatte.
    »Sicher, Herr Pfarrer, ich sage Jimmy, er soll das Gepäck mit dem Karren nach Glebe House bringen«, sagte Albert. Mr. Hammet antwortete nicht. Er war zu sehr damit beschäftigt, Miss Falconleigh anzustarren – ihm hatte es die Sprache verschlagen.
    Frances Falconleigh trat von einem Fuß auf den anderen. »Wenn Sie nicht gekommen wären, wäre ich vollkommen verloren gewesen«, hauchte sie schließlich, warf ihrem Retter einen betörenden Blick zu und zupfte an seinem Ellbogen, um ihn wieder in die Wirklichkeit zurückzuholen. »Nun wird sich Tante Muriel fragen, ob ich tatsächlich angekommen bin.« Sie lenkte ihn entschlossen Richtung Bahnhofstreppe. »Nicht, dass sie sich Sorgen macht.«
    »Nein, da haben Sie recht. Ja, halten Sie sich gut an meinem Arm fest – der Kies ist ein bisschen holprig«, sagte der Pfarrer, alsFrances auf ihren Schuhen mit den hohen Absätzen auf dem Weg zur Seite knickte und sie seinen Arm eng an ihre Brust drückte. Ihr Gesicht war unter den Federn auf ihrem Hut verborgen, daher sah er – im Gegensatz zu Albert – nicht, wie ihre Lippen ein stummes »Verdammt!« formten, als sie mit dem Fuß umschlug.
    Albert sah den beiden mit einer Mischung aus Missbilligung und Erheiterung

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