Fünf Freunde im Nebel
gegähnt hatte, merkten alle, dass sie müde waren.
»Ich geh' ins Stroh!« verkündete Julian. »Oh, der Gedanke an das warme weiche Strohbett ist ja sooo verlockend! Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie das ist.«
»Hoffentlich stattet uns Schnüffels Papa nicht wieder einen mitternächtlichen Besuch ab«, meinte Dick.
»Ich binde die Klinke fest«, versicherte Julian. »Also dann ins Bett.«
Es dauerte nicht mehr lange, bis die drei Mädchen in ihren Betten und die beiden Jungen in ihrem Strohnest im Stall lagen.
Clip war noch immer ihr Stallgenosse, aber er lag nun still. Sein Bein war zusehends besser geworden - am nächsten Tag würde er den Wagen wieder ziehen können.
Julian und Dick waren sofort eingeschlafen. Niemand besuchte sie in dieser Nacht, und nichts störte ihren ruhigen Schlaf, bis ein Hahn in den frühen Morgenstunden durchs Fenster hereinschlüpfte und in dem Dachbalken über ihnen sein Frühkonzert anstimmte, das sie unsanft aus dem Schlaf riss.
»Was war das?« brummte Dick. »Dieses ohrenbetäubende Geschrei? Warst du das, Ju?«
Der Hahn krähte noch einmal, und die Jungen lachten. »Scher dich zum Kuckuck!« schimpfte Julian und legte sich wieder im Stroh zurecht. »Ich habe noch lange nicht ausgeschlafen.«
Im Laufe des Vormittags tauchte Schnüffel durch eine kleine Lücke im Zaun im Gutshof auf. Als er Georg entdeckte, steuerte er auf sie zu.
»Herr Georg!« rief er zu Julians größtem Vergnügen. »Geht's Clip besser?«
»Ja!« rief Georg zurück. »Du kannst ihn heute mitnehmen. Aber warte ein bisschen - ich will dich noch etwas fragen, bevor du gehst.«
Schnüffel strahlte. Er mochte dieses Mädchen gern, nicht zuletzt wegen des herrlichen Taschentuches, das er jetzt behutsam aus der Tasche zog. »Schau«, sagte er, offensichtlich in der Hoffnung, ihr eine Freude zu machen. »Wie sauber es ist! Ich habe sehr aufgepasst.« Und er zog laut die Nase hoch. Schnüff!
»Du bist ein Dummkopf!« entrüstete sich Georg. »Ich habe es dir gegeben, damit du es benützt - nicht, damit du es sauber in die Tasche steckst. Es soll deiner Schnüffelei ein Ende machen. Wirklich, Schnüffel, du bist ein Dummkopf! Ich nehme dir das Taschentuch wieder weg, wenn du es nicht benützt.«
Schnüffel blickte ganz verängstigt und erschrocken. Er breitete das Taschentuch auseinander und berührte leicht seine Nase damit. Dann faltete er es gewissenhaft wieder nach den gebügelten Falten zusammen und steckte es in die Tasche.
»So - und jetzt will ich kein Schnüffeln mehr hören!« befahl Georg, bemüht, sich das Lachen zu verbeißen. »Hör mal, Schnüffel - erinnerst du dich an die Zinken, die du mir gezeigt hast?«
»Ja, Herr Georg«, nickte Schnüffel.
»Legen dir die Zigeuner, die vorausgefahren sind, Zinken, damit du den Weg findest?« fragte Georg.
Schnüffel nickte. »Ja - aber nicht viele, weil ich den Weg schon früher zweimal gemacht habe. Sie legen sie nur an Stellen, wo ich den Weg vielleicht verfehlen könnte.«
»Aha«, machte Georg. »Schnüffel, wir haben uns ein Spiel ausgedacht: Wir wollen sehen, wer von uns Zinken richtig lesen kann. Würdest du uns möglichst viele Zinken legen auf deinem Weg heute? Bitte!«
»O ja, natürlich«, sagte Schnüffel. Dass man ihn um eine Gefälligkeit bat, tat seinem Selbstbewusstsein gut. »Ich lege die, die ich dir gezeigt habe - das Kreuz und die langen Stöckchen und das große mit dem kleinen Blatt.«
»Ja, gut«, sagte Georg. »Das heißt dann also, dass du vorbeigezogen bist in einem Wagen und in einer bestimmten Richtung und dass du ein Junge mit einem Hund bist.
Stimmt's?«
»Ja«, lobte Schnüffel. »Du hast es dir gut gemerkt.«
»Also abgemacht: Du legst die Zinken, und wir spielen unser Spiel als reisende Zigeuner«, sagte Georg.
»Ihr dürft euch aber nicht sehen lassen, wenn ihr zu unseren Wagen kommt«, bat Schnüffel mit plötzlicher Angst in den Augen. »Sie würden alle sehr böse mit mir sein, weil ich für euch Zinken lege.«
»Ist gut, wir passen auf«, versprach Georg. »Jetzt wollen wir Clip holen.«
Der kleine geduldige Schecke ließ sich willig herausführen. Er hinkte nicht mehr, die Ruhepause schien ihm gut getan zu haben. In flottem Trab ritt Schnüffel mit ihm davon. Das letzte, was Georg von den beiden hörte, war - wie konnte es anders sein? - ein lautes Schnüffeln.
»Schnüffel!« schrie sie ihm nach. Er steckte die Hand in die Tasche, zog das Taschentuch heraus und ließ es mit strahlendem
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