Fünf Freunde und ein Zigeunermädchen
dann wurden sie dort unten von ihren Leuten in Empfang genommen.
»Und nun gehen wir, Liebling«, flüsterte sie, und wünschte sehnlichst, daß sie eine Taschenlampe hätte. Dann aber erinnerte sie sich an die Laterne in dem kleinen Raum, und dieser Gedanke beruhigte sie sehr. Nun brauchte sie nicht ohne Licht durch die dunklen Gänge zu gehen.
Liebling, die den Weg genau kannte, glitt vor ihr her. Sie gelangten in den kleinen Raum, Jo nahm die Laterne, und die Schlange starrte mit ihren glänzenden Augen zu ihr auf.
»Wenn du ein bißchen kleiner wärest, könnten wir beide ganz gut zusammenbleiben«, murmelte Jo. »Ich verstehe nicht, warum die Leute keine Schlangen mögen.«
Die Laterne in der hocherhobenen Hand ging sie weiter bis zur Öffnung in der Mauer, wo Liebling sie erwartete, denn sie hatte ein Geräusch gehört.
Jo kletterte hinaus und erschrak furchtbar, als jemand sie packte und festhielt. Sie schrie, kratzte und biß schließlich den, der sie nicht loslassen wollte.
Und dann fiel plötzlich der Strahl einer Taschenlampe auf sie, und jemand rief: »Jo! Wo bist du denn gewesen? Sieh nur, wie du mich gebissen hast, du kleine Hexe!«
»Es tut mir leid, Bufflo«, sagte sie außer Atem, »aber warum hast du mich auch so erschreckt?«
Der Mond kam plötzlich hinter den Wolken hervor, und sie sah die anderen sich eilig nähern.
»Jo«, rief Alfredo, »ist dir auch nichts zugestoßen? Wir haben dich überall gesucht!«
Aber sie antwortete nicht und stürzte an ihnen vorbei auf Dick zu: »Seid ihr am Tau heruntergestiegen?«
»Keine Zeit für lange Reden«, sagte Bufflo, der den Eingang in der Mauer nicht aus den Augen ließ. »Wo stecken diese Kerle überhaupt? Wir warten schon eine ganze Weile auf sie. Hast du etwas von ihnen gesehen?«
»Ja, natürlich, ich bin ja hinter ihnen her, oh, es war zu komisch ...«, sie gluckste ein paarmal, und Bufflo schüttelte sie ein bißchen, aber sie konnte vor Lachen einfach nicht weitersprechen. Und in diesem Augenblick erschien Liebling in der Öffnung.
Herr Schleicher stieß einen Freudenschrei aus. »Liebling! Jo, du hast sie mitgenommen, du böses Mädchen. Komm zu mir, Liebling!«
Die Schlange glitt zu ihm hinüber, begann sich liebevoll um ihn zu winden, und Jo sagte wütend:
»Ich bin kein böses Mädchen. Sie ist einfach hinter mir hergekommen, und dann hat sie den Männern einen gehörigen Schrecken eingejagt, oh, ihr hättet es sehen sollen ...« Wieder lachte sie, die Kinder grinsten und Alfredo brummte:
»Nun sag schon, was los ist. Kommen die Kerle nun, oder kommen sie nicht? Wo bleiben sie überhaupt?«
»Ach, die«, sagte Jo und bemühte sich krampfhaft, das Lachen zu unterdrücken, »die sind gut aufgehoben. Liebling hat sie ins Turmzimmer zurückgejagt, und ich habe den Riegel vor die Tür geschoben. Und da sind sie noch, wenn sie nicht an dem Tau herunterklettern, und ich wette, dazu sind sie zu feige.«
Bufflo lachte. »Sehr gut!« Er rief Alfredo und Kautschuk etwas zu, und die gingen augenblicklich zurück, um am Turm Wache zu halten.
»Ich glaube, es wäre das beste, jetzt die Polizei zu benachrichtigen«, sagte Terry Kane, dem es noch immer schien, als träume er einen ziemlich unwahrscheinlichen Traum, in dem Strickleitern, Peitschen, Messer und Riesenschlangen eine bedeutende Rolle spielten. »Dieser Pottersham muß sofort festgesetzt werden.«
»Gut«, sagte Bufflo. »Übrigens haben wir noch so einen Kerl eingesperrt. Er sitzt in einem leeren Wohnwagen.«
»Noch einen?« fragte Terry Kane verwundert. »Wer sollte denn das sein?«
»Das werden wir gleich erfahren. Wir wollen gehen. Es ist sehr spät, und die Kinder müssen ja halb tot vor Hunger sein. Und ich möchte, offen gestanden, auch jetzt zurück.«
Herr Schleicher nickte, während er Liebling streichelte. »Die Wache am Turm genügt vollkommen. Warum sollten wir noch länger bleiben.«
Sie gingen den Hügel hinunter, und die Kinder erzählten unablässig von ihren Erlebnissen. Nach einer Weile trennte sich Terry Kane von ihnen, um zur Polizeistation zu gehen, und es dauerte nicht lange, da schwiegen alle, denn sie waren jetzt so hungrig, daß sie an nichts anderes mehr denken konnten, als ans Essen.
»Aber zuerst wollen wir einmal feststellen, ob einer von euch den Mann kennt, den wir eingesperrt haben«, sagte Bufflo. »Das wäre das einzige, was an dieser Sache noch zu klären ist.«
Er schloß den Wagen auf, und einen Augenblick später erschien er mit einem
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