Fünf Freunde und ein Zigeunermädchen
ging, um sich etwas zu essen zu holen. Und als sie wiederkam, schien alles genau verabredet zu sein.
»Wir gehen also heute abend«, sagte Alfredo, »aber du bleibst hier. Das ist nichts für Kinder.«
»Natürlich gehe ich mit«, widersprach sie entrüstet. »Es sind schließlich meine Freunde, oder etwa nicht? Und deshalb komme ich auch mit!«
»Das wirst du nicht«, sagte Bufflo ruhig, und sie nahm sich vor zu verschwinden, ehe die anderen gingen. Inzwischen aber steckte sie den Kopf durch den Türspalt, um bei den Vorbereitungen zuzusehen, doch man schickte sie fort.
»Damit hast du nichts mehr zu tun«, sagten sie.
Als es dunkel wurde, machte sich die kleine Gruppe vom Lager aus auf den Weg. Sie hatten nach Jo gesucht, um sicher zu sein, daß sie nicht folgte, aber sie war verschwunden. Unter Bufflos Führung stiegen sie den Abhang hinunter. Er wirkte sehr dick, denn er hatte sich das Tau um den Leib geschlungen. Hinter ihm ging Herr Schleicher, eine seiner Pythons um sich geringelt. Den Schluß bildeten Kautschuk und Alfredo.
Bufflo trug seine Peitsche, keiner wußte wozu, aber er trennte sich nie von ihr, und deshalb fragte ihn auch niemand.
In einigem Abstand schlich ihnen ein kleiner dunkler Schatten nach. Jo! Während der letzten zwei Stunden hatte sie das Turmfenster beobachtet und, als es dunkel wurde, ein Licht in regelmäßigen Abständen dort oben aufblinken sehen.
»Das ist Dick oder Julian«, murmelte sie, »sie geben Zeichen mit der Taschenlampe.« Sie würden sich wundern, daß noch niemand gekommen war, aber sie wußten ja nicht, daß Pottersham sie erwischt hatte.
Sie stiegen nun schon den schmalen Pfad zur Burg hinauf, erreichten die Mauer, und Kautschuk nahm einen Anlauf, zog sich empor auf den Rand und war gleich darauf auf der anderen Seite.
Bufflo grinste. »Ist schon was wert, aus Gummi zu sein.« Und als nun ein leiser Pfiff ertönte, griff er nach einem langen Bindfaden, an dem ein Stein befestigt war, und warf ihn hinüber.
Sie hörten den Aufprall auf dem Pflaster, und nun befestigte Bufflo das dicke Tau mit den Holzsprossen am Ende des Bindfadens.
Drüben begann Kautschuk zu ziehen, und langsam glitt es an der Mauer hinauf.
Jo beobachtete das alles aus sicherer Entfernung. ›Gar nicht dumm‹, dachte sie, ›aber wie sollen sie das Tau in das Turmfenster kriegen? Das ist doch unmöglich!‹
Wieder ertönte ein Pfiff, und Bufflo prüfte das Tau. Ja, es hielt, Kautschuk hatte es gut befestigt.
Schnell und geschickt stieg nun einer nach dem anderen hinauf. Dies war keine große Sache für Zirkusleute.
Jo wartete, bis der letzte verschwunden war, und kletterte dann leichtfüßig wie eine Katze hinterher.
Sie landete direkt neben Bufflo. Er sah sie starr vor Staunen an, holte aus, aber sie duckte sich und huschte davon. Im Schatten verborgen beobachtete sie ihre Leute und wünschte sich brennend, irgend etwas zur Rettung ihrer Freunde beitragen zu können.
Die vier Männer standen beisammen, starrten zum Turm empor und flüsterten miteinander, während der Schlangenmensch den Bindfaden vom Tau löste und ihn zu einem Knäuel aufrollte.
Plötzlich hörte Jo Motorengeräusch, ein Wagen näherte sich, sie hörte ihn halten und dann wenden.
Das Geräusch verstummte, und Jo wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ganz den Männern zu und dachte gar nicht mehr daran, bis plötzlich Stimmen, zwar noch entfernt, zu ihr heraufdrangen.
Sie erschrak und lauschte. Sollten es vielleicht Pottershams Leute sein? Holten sie jetzt Terry Kane und die Kinder ab? Sie mußte sofort mit Onkel Alfredo sprechen. Aber sie waren alle böse auf sie und würden gar nicht zuhören und sie davonjagen!
Doch versuchen mußte sie es.
Sie schlich zu den vieren hinüber und sah, wie Bufflo gerade ein dolchartiges Messer aus dem Gürtel zog und einen Bindfaden daran befestigte. Sie erriet sofort, was er vorhatte, und rannte zu ihm.
»Nein, nein, nicht! Nicht werfen, du könntest sie verletzen!«
»Verschwinde«, sagte er leise und hob von neuem die Hand, sie duckte sich wieder und rannte weiter zu ihrem Onkel.
»Paß auf«, sagte sie beschwörend, »ich höre Stimmen, und ich glaube, ich glaube ...«
Alfredo schob sie beiseite. »Willst du wohl machen, daß du fortkommst, mach, daß du fortkommst, oder es setzt was, verstanden!«
»Komm her«, rief Herr Schleicher. »Wenn du dich nützlich machen willst, nimm Liebling und halte sie.«
Er legte ihr die große Schlange um die Schultern, und die
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