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Fünf Kopeken

Fünf Kopeken

Titel: Fünf Kopeken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stricker
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schweifen, über den Mahagonischrank, an den Holzverzierungen entlang. Unter den Klumpfüßen kam das Muster des Perserteppichs zum Vorschein, der früher im Arbeitszimmer meines Großvaters gelegen hatte. Die Reiter mit den Speeren waren verblasst, ihre Pferde leicht gräulich. Nur ganz am Rand, da, wo damals der Schreibtisch gestanden und sie vor der Sonne geschützt hatte, war das Fell noch leuchtend blau.
    Das Geschaukel wurde stärker. Meine Mutter versuchte, sich am Bettrahmen festzuhalten, aber mit jedem Stoß rutschte sie ein Stückchen weiter über die Kante, bis ihr Kopf wie eine abgeknickte Blüte von der Matratze fiel. Vor ihr baumelte ein Stück Decke. Der frische Bezug duftete nach Weichspüler.
    Sie betrachtete den Boden, den sie in der letzten Woche endlich mal ordentlich gelaugt hatte. Die Eiche war davon kohlrabenschwarz geworden. Sie hatte jede Diele einzeln mit Zitrone einreiben müssen, bis die Farbe wieder normal war, und danach einen halben Tag damit verbracht, die Bretter mit Bohnerwachs zu polieren, aber jetzt glänzten sie wirklich schön.
    Arnos Hand streifte über ihren Hals. Immer wieder versuchte er, ihr Gesicht zu sich zu drehen, was jedoch jedes Mal scheiterte, zum einen, weil die Schwerkraft ihm den Kopf meiner Mutter hartnäckig entriss, zum anderen, weil Letztere auf einmal ein Staubflockennest unter dem Bett entdeckt hatte. Sie schob die Hand unters Bett, tastete sich vor, reichte mit den Fingerspitzen schon fast an die strahlendweiße Kette heran, die wie ein Schwanenseegrüppchen hin und her hüpfte.
    Seine Hand fuhr auf ihren Arm. »Alles ok?« Er hielt in der Bewegung inne, zog wieder an ihrem Kinn.
    Meine Mutter robbte zurück auf die Matratze. »Ähä«, sagte sie und nickte heftig. Aber mein Vater hatte schon den Rückzug angetreten. Die Hände rechts und links an ihrem Becken, als wolle er ein liegengebliebenes Auto anschieben, schlüpfte er aus ihr heraus und rollte sie vorsichtig auf den Rücken.
    Sein Gesicht schob sich über ihres. Seine Wangen glänzten rosig, als sei er gerade vom Spielen im Garten reingekommen. Aber die Stirn zog sich besorgt zusammen.
    »Wo bist du?«, fragte er und strich mit dem Handrücken an ihren Schläfen entlang. Seine Augen wurden wieder ganz weit, sodass die riesigen Fragezeichen reinpassten. Er drückte die Finger neben ihr in die Matratze und versuchte sich aufzustützen, aber meine Mutter schob schnell ihre Hand unter sein Schlafanzugoberteil und hielt ihn fest, drängelte sich ihm entgegen, weil: mittendrin abzubrechen, nur, weil’s ein bisschen mühsam wird, »das hab ich einmal gemacht. Danach musst du dir stundenlang anhören, wie schlecht er sich fühlt, dass er dich nie, nie, nie zu was drängen würde, ich betrachte dich nicht als meinen Besitz, dein Körper gehört dir, dann ist dir eben mal nicht danach, du bist für mich keine Maschine, blablabla. Als wär ich irgendwie gestört!« Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass die Morphiumpumpe neben ihr ins Schwanken geriet. »Ich konnt’s vielleicht nicht ab, aber das heißt noch lange nicht, dass ich’s nicht konnt.«
    Sie warf also das Becken hin und her, machte ein Hohlkreuz, zog sich schließlich selbst das T-Shirt über den Kopf. Und das war dann doch zu viel für meinen armen Vater. Ergeben ließ er sein Gesicht auf ihre Brüste fallen, machte »Mmm« und »Ahh«, während seine Zunge über ihre Brustwarzen fuhr, von unten nach oben und mit einem Schlenker an der Seite entlang, als würde er ein tropfendes Eis vorm Sturz auf den Boden wegschlecken.
    »Ja«, sagte sie, »ja, ja.« Sein Arm begann zu zittern, dann gab sein Ellenbogen nach, ließ Arno auf meine Mutter sacken. Und die griff sofort zu.
    Mit beiden Händen packte sie seinen Po und zog ihn auf sich. »Ja, ja, jaja«, rief sie wieder und steckte die Fäuste unter ihr Steißbein, spreizte die Beine, weiter und weiter, bis er endlich, Mmm, in sie, Aaaaaaah, zurückflutschte.
    »Gut so«, feuerte sie ihn an, und »genau so«, »ja«, und als seine Augen noch immer ängstlich in ihrem Gesicht herumtapsten, »ja, ja«, bis er endlich wieder rhythmisch zu ruckeln begann, ein Stückchen neben ihrem Kopf, um auch ja nicht dagegen zu stoßen. Sie wühlte die Finger in seine Löckchen, während sie über seine Schulter hinwegschaute, am Vorhangsaum entlang, der jetzt gleißend hell in Flammen stand. Das Licht spiegelte sich auf den Heizungsrohren wider.
    Dahinter müsste auch mal wieder geputzt werden, wer weiß, was sich

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