Fuenf Maenner Fuer Mich
ja – anziehend auch – ausziehend ganz sicher. Er verschlingt mich geradezu mit seinen Blicken. „Wie geht es dir?“, fragt er betont beiläufig.
„Gut, danke!“, erwidere ich ebenso locker.
„Was macht die Türkei?“, fragt er weiter.
„Ach, die Türkei. Das ist vorbei!“ Meine Stimmlage verrät mich, sie ist einen Tick zu hoch. Ich mache eine halsabschneidende Geste mit der Hand. „Finito!“
„Ich komme nachher an deinen Stand“, ruft er mir hinterher.
Mein Mann wusste genau, dass Jörg mein Lover gewesen war. Unsere Hochzeit wäre beinahe wegen ihm geplatzt. Nur, weil Jörg ein paar Wochen vorher mit mir Kaffee trinken gegangen war.
Mein Ex sagte immer: „Eifersucht? Kenne ich nicht.“ Doch sein durchdringender Blick traf jeden Mann, der sich in meine Nähe wagte. Bald schon hielten sie Abstand. Mit diesem breit gebauten Kerl, der unter buschigen Augenbrauen deutliche Botschaften in die Welt schleuderte, wollte sich keiner anlegen. Das habe ich natürlich erst später erfahren, denn ich bemerkte davon nie etwas. Kein Wunder also, dass ich keine verfänglichen Blicke mehr auf mir spürte. Vermutlich traute sich keiner, einen solchen zu werfen. Wenn nicht geworfen wird, wird auch nix aufgefangen. Ein sehr unerquickliches Ballspiel.
Den ganzen Tag über läuft Jörg mit einem Sicherheitsabstand von mehreren Metern an mir vorbei und beobachtet mich. Am liebsten würde ich ihn am Schlafittchen packen und hinter einer Stellwand vernaschen. Ich stelle mir vor, wie meine Hand in den Bund seiner engen Jeans gleitet und ertastet, ob er einen Slip trägt. Wahrscheinlich schon. Das ist sein gewisser Hang zum Bürgerlichen, seine katholische Erziehung. Aber ich spüre, dass seine Gedanken keineswegs katholisch sind.
Dabei finde ich nichts prickelnder als Jeans auf nackter Männerhaut. Die Vorstellung des Reißverschlusses der Levis, der sich leicht am harten Schwanz reibt. Bis sie ihn endlich erlöst und „Ratsch!“ den Reißverschluss runter und den Stängel rauszieht und dann rein in den Mund – meine Gedanken entgleiten mir.
Erst am Nachmittag traut er sich und tritt an meinen Verkaufstresen. Wie ein ganz normaler Kunde blättert er in den bunten Prospekten mit Bildern kubanischer Tänzerinnen, brasilianischer Musiker, katalanischer Straßenschauspieler. Er ist als Einkäufer einer großen Eventagentur unterwegs und fragt, was wir dieses Jahr im Programm hätten.
Ich wippe ungeduldig mit den Füßen. Er soll sich nicht für meine Geschäfte interessieren, sondern wo und wann wir uns treffen, schließlich reisen wir beide morgen wieder ab. Heute ist die einzige Chance!
Aber kein Wort kommt über seine Lippen. Er wirkt, als hätte er die letzten Jahre nur darauf gewartet, meine aktuelle Wirtschaftssituation zu erfragen. Und dann zieht er schon wieder von dannen.
Den Impuls, ihm nachzulaufen und ihn an seinen blonden Haaren mit mir zu ziehen, kann ich mir gerade noch verkneifen. Wie kann ich die Situation jetzt noch retten? Ich will ihn! Verdammt noch mal. Komm her, du Feigling!
Ich erwische mich bei dem wehmütigen Gedanken: Das könnte mir mit einem Südländer nicht passieren … Vermutlich hat sich mein Beuteschema allein aus diesem Gesichtspunkt heraus entwickelt. Ich habe einfach keine Geduld. Gar keine.
Plötzlich fällt mir die Lösung ein. Ich hatte die Künstlerpräsentation an diesem Abend ganz vergessen. Dazu kann ich ihn – ganz unverfänglich – einladen. Jetzt tue ich etwas, was eine Frau niemals tun sollte: Ich laufe Jörg hinterher und stelle mich unauffällig neben ihn. Er betrachtet gerade mit Interesse eine Videoperformance am Nachbarstand. Als würde ich ihn zufällig entdecken, übertöne ich die Videostimme: „Hey! Immer noch hier?“ Und ganz locker fahre ich fort: „Komm doch später zu meinen Showcase, ein Rock- und Country-Trio, das ich neu im Programm habe.“
Er strahlt, er nickt. Na endlich!
Mein Künstlerabend ist fast vorbei, als er endlich mit einem Kumpel den Laden betritt. Ich hatte schon nicht mehr mit ihm gerechnet. Sie setzen sich zu mir und schon sprühen unanständige Funken zwischen uns. Jetzt bloß kein Stück Papier dazwischenhalten!
Der Saal leert sich langsam und das Personal beginnt damit, die Stühle hochzustellen. Sein Kumpel sagt: „Ich glaube, ich geh mal ins Hotel.“ Ich atme auf. Ein Mann mit Feingefühl! In wilden fotorealistischen Bildern male ich mir aus, was gleich passieren wird, wenn irgendeine Türe sich gnädig
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