Fuenf Maenner Fuer Mich
wollte ich die Stiefel gar nicht mehr ausziehen. Ich hatte ein Schuhwerk gefunden, das das Zeug zum Symbol meines neuen Lebens hatte: Overknee-Stiefel. In Gedanken versunken defiliere ich nun in Richtung Grüngürtel. Vielleicht kann ich ja ein paar Traumtypen in der Parkanlage auflesen. Heute ist alles möglich!
Der zweite Versuch
I ch schlendere über die Messe und beinahe stoßen wir zusammen – der schöne Blonde und ich. Wie lange haben wir uns nicht gesehen? Es kommt mir vor, als sei unsere Affäre eine Ewigkeit her. Jörg passte schon damals nicht in mein Beuteschema, denn zeit meines Lebens faszinierten mich Männer aus südlichen Gefilden. Jörg war eine Premiere: der erste deutsche Mann und noch dazu einer wie aus dem Bilderbuch. Eine Handbreit größer als ich, breites Bauarbeiterkreuz, die Locken verstrubbelt und Lippen zum Reinbeißen oder, noch besser, zum Dauerküssen.
Als ich ihn zum ersten Mal sah, war ich gerade aus Madrid zurückgekehrt, wo ich einige Jahre gelebt und die dortigen eleganten Caballeros lieben gelernt hatte. Als Erstes stach mir sein Schuhwerk ins Auge. Um Himmels willen, er trug tatsächlich Birkenstocksandalen! Das war das Schlimmste, was einem Männerfuß in meinem Weltbild passieren konnte. Schlimmer noch, die Birkenstocksandale war für sich genommen ein Weltbild. Ein Birkenstocksandalenträger ist für mich ein Softie, der vor der Emanzipation kapituliert hat. Er kann sich zwar mit der Idee anfreunden, dass heute Abwasch und Kinderwagenschieben von Männern gefordert werden, aber ansonsten hat er gewisse Schwierigkeiten, seinen männlichen Daseinszweck mit klaren Inhalten zu füllen. Er weiß nicht, ob es in Ordnung ist, die eigene Männlichkeit auszuleben. Ein Softie fühlt sich von Frauen im Allgemeinen und von mir im Besonderen überfordert.
Als ich ihn zum ersten Mal sah, riss ich meinen Blick nach endlosen Sekunden von den Birkenstocksandalen los und ließ ihn dann langsam entlang der eng sitzenden, ausgewaschenen Jeans nach oben wandern. Die Birkenstocksandalen rückten in weite Ferne, als ich bei der Gürtelschnalle angelangt war. Zentimeter um Zentimeter nach oben gleitend, über das offene Hemd, das eine gebräunte, behaarte (damals war das noch in Ordnung!) Brust erahnen ließ, fand ich immer mehr Argumente, das Softie-Minus zu nivellieren. Die Gesamterscheinung wirkte überhaupt nicht softie-like, sondern äußert maskulin. Dieser Mund war es dann. Definitiv. Ich wagte den Versuch.
Doch das Softie-Gen kam hartnäckig immer wieder durch. Zu Beginn unserer gemeinsamen Geschichte flüchtete er regelmäßig vor meinen Avancen. Und nach manch heißer Liebesnacht kommentierte er später: „Wow, war das toll! Davon kann ich drei Monate zehren!“ Eine romantische Liebeserklärung klingt anders. Dazu muss ich allerdings erwähnen, dass Jörg ein Feind von Superlativen ist. Nicht einmal Adjektive gehören in seinen Wortschatz. „Toll“ war ein echtes Zugeständnis und verriet mehr über meine Rolle in seinem Sexleben, als ihm lieb sein konnte. Am liebsten wäre ich ihm an die Gurgel gegangen: „Drei Monate willst du davon zehren? Wehe, du denkst an den Sex mit mir und masturbierst dabei. Das war nicht verabredet! Das verbiete ich dir explizit! Schließlich will ich auch was davon haben!“
Doch er zehrte im stillen Kämmerlein. Lebte die Erinnerung wieder und wieder durch, so lange, bis er es nicht mehr aushielt, und das war – lange. Nebenbei hatte er wechselnde Freundinnen: Zahme, brave Mädchen, wie mir aus der Distanz erschien. Frauen, die weder Höhen noch Tiefen bereiten, einfach da sind und Nestwärme geben. Laue Frühlingslüftchen im März, keine Tropenhitze, kein Wirbelsturm, kein Silvesterfeuerwerk – das erschöpft den Softie nämlich. Im Stillen und in meinen Tagebüchern nannte ich ihn fortan nur „Birkensohle“.
Manchmal jammerte er: „Wieso ausgerechnet ich? Was findest du nur an mir? Du bist eine faszinierende Frau, du kannst doch jeden Mann haben.“ Wie konnte ein so schöner Mann nur solche Komplexe haben? Sein starker Nacken, sein Knack-Po, seine ganze körperliche Präsenz weckten damals das Tier in mir. Mein Entschluss, Herrn X zu heiraten, beendete diese Gier. Fortan war ich die treue Ehegattin eines Türken. Nicht nur, dass ich keinen anderen Mann mehr eines Blickes würdigte, ich bemerkte auch all die begehrlichen Blicke nicht, die mir zugeworfen wurden. Und jetzt das!
Jörg sieht mich an – von oben bis unten. Anzüglich,
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