Fuenf Maenner Fuer Mich
ich selbst zusammenstellen. Als Erstes schreibe ich einen Brief. Nicht an Birkensohle und auch nicht an einen anderen Lover. Ich schreibe einen Brief an meine Panik, an meine garstige Freundin Angustia.
„Liebe Angustia,
lass uns Frieden schließen, du und ich. Du hast mich überraschend wieder besucht, kaum dass ich zurück in Köln war. Wer bist du? Was willst du? Was willst du mir sagen? Was gibt es Gutes an dir? Was hast du mit dem Glück zu tun? Warum tauchst immer du direkt nach den glücklichsten Momenten auf? Bist du etwa der böse Zwilling des Glücks? Wie soll ich mich dir gegenüber verhalten? Wäre es besser, keine Angst vor dir zu haben? Vielleicht sollten wir Freundinnen werden? Nun ja, eine sehr hässliche Freundin bist du auf jeden Fall, aber na ja … Ich werde deine guten Seiten sicherlich noch entdecken. Ich nehm jetzt einfach mal an, dass du sehr wichtig für mich bist. Vielleicht bist du sogar mein Schutzengel, nur verkleidet als Teufelin? Wenn ich irgendwann deine echten Absichten entdecke, werde ich mich bei dir bedanken. Und ich werde dir erlauben wegzugehen, wenn deine Mission beendet ist. Wie auch immer: Schon jetzt Danke dafür.“
Und dann mache ich mich auf in die Stadt. Ich stöbere in Buchhandlungen und bin entzückt über die umfangreiche Literatur zur Heilung von Liebesblessuren. Ratgeber über Ratgeber. Beeindruckt bin ich von Titeln wie „Handbuch für Sexgöttinnen“ oder „Wie Männer ticken“, es gibt auch das Pendant dazu: „Wie Frauen ticken“. Ich blättere in „Das Uschi-Prinzip“, das einen Glitzereinband hat, der aussieht wie eine plattgewalzte Discokugel, und schlage das Buch genau an der Seite auf, auf der steht: „Richtige Uschis glitzern immer!“
Ein Ratgeber!, durchfährt es mich. Das ist es, was Frauen brauchen. Mit einer schweren Plastiktüte verlasse ich den Laden. In den nächsten Tagen verschlinge ich die Bücher und kritzele wild darin rum. So wie die Bibel die Zehn Gebote hat, verfügen alle Ratgeber über ihre eigenen goldenen Regeln. Zehn Regeln, um zur besten Liebhaberin zu werden; die 15 Geheimnisse, um Liebeskummer zu überwinden; das 20-Punkte-Programm zur coolen Männerversteherin. Dazu gibt’s Beispiele und praktische Übungen.
Die erste Übung, die ich sofort umsetze, ist die Quintessenz, die ich für mich aus dem Uschi-Buch gezogen habe: Glitzern! Ab heute will ich glitzern, immer und überall. Eine geradezu revolutionäre Entscheidung für mich, die ich im zarten Grundschulalter Mädchen doof fand und mich standhaft weigerte, Röcke zu tragen. Ich kletterte lieber auf Bäume, spielte Indianer im Wald und ritt auf Steckenpferden. Aber damit ist jetzt Schluss. Das habe ich lang genug und bis zur Perfektion umgesetzt. Ich bin eine Frau, und das will ich auch ausgiebig genießen. Ich gehe in die Stadt und kaufe mir Glitzer-T-Shirts, ein Glitzer-Abendtäschchen, Glitzer-Haarspangen und eine Glitzer-Zahnbürste. Für den Anfang wird das reichen.
Und noch etwas nehme ich mir vor: Bis nächste Woche suche ich mir drei Strategien aus dem Buch „Handbuch für Sexgöttinnen“ aus, die ich noch in diesem Monat umsetzen möchte.
Der dritte Mann
D as kleine Hotel garni ist nur ein paar Straßen von meiner Toskana entfernt, und doch ist es mir noch nie aufgefallen. Jetzt habe ich es im Internet gefunden, weil Künstler auf Tournee kommen und eine Bleibe suchen. Zunächst ist niemand hinter dem Empfangstresen zu sehen. Ich blicke mich um, keiner da. Ich stöbere in den Postkarten, die auf mehreren Ständern vor dem Tresen stehen, und überlege gerade, ob ich unverrichteter Dinge wieder gehen soll, da taucht ein strahlendes Gesicht auf. Ein Lächeln wie die Sonne am frühen Morgen. Lustige Grübchen, sinnlicher Mund. „Hallo, schöne Frau“, sagt dieses Wunder von einem Mann. Er ist groß gewachsen, hat dunkle Haare und ist mindestens zehn Jahre jünger als ich. Kess schaut er mich über den Tresen hinweg an. Ich frage nach den Zimmerpreisen und reserviere drei Einzelzimmer für sechs Tage.
Dieses Lächeln geht mir nicht mehr aus dem Sinn. Ich erzähle meiner Freundin Viola von ihm. „Der wäre ein perfekter Kandidat für mein 5L-Projekt“, schwärme ich. Sie schaut mich kritisch an. „Überleg dir das gut, man sollte solche Dinge nicht in der Nachbarschaft beginnen, das kann zu schlimmen Verwicklungen führen.“ Ich wische ihre Bedenken mit einer Handbewegung fort. Ich kann mir keine Verwicklung vorstellen, was soll schon passieren?
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