Fuenf Maenner Fuer Mich
Personen wie dir habe ich nigs zu tun.“
Dieses „nigs“ berührt mein Herz: Mal schreibt er „nigs“, mal „nicks“. Ich liebe ihn dafür. Aber jetzt falle ich aus allen Wolken. „Lass mich in Ruhe“, legt er nach. „Ich will nicks mehr mit dir zu tun haben!“
„Was ist denn passiert?“, frage ich verzweifelt.
Doch er bleibt hart – knochenhart, beschimpft mich nach allen Regeln der Kunst, kündigt unsere Beziehung auf. Unser Sex- und Freundschaftsarrangement, alles.
Die Nacht ist schwarz, die nackte Straße spiegelt trostlos den Schein der Straßenlaternen und mein Blick hängt sehnsüchtig an der Türe seines Hotels. Das Licht, das aus den Fenstern nach außen strahlt, wirkt wie Kerzenschein, der an Weihnachten voller Verheißung aus erleuchteten Wohnzimmern flüstert: Hier ist die Welt in Ordnung, hier ist Heimat. Hier gibt es strahlende Kinderaugen, duftende Plätzchen, zufriedene Opas und Omas. Ich rufe mich zur Räson, denke: Hier hat er mich betrogen, hier ist dieses dumme Missverständnis passiert. Hier herrscht eine elektrische Spannung, die mich und ihn komplett verrückt macht. Jede Frau, die das kleine Hotel betritt, ist eine Nebenbuhlerin. Und für ihn ist jeder andere Mann ein potenzieller Lover.
Aber das ist jetzt vorbei. Ich lege Tarotkarten. Ich habe die Karten vor ein paar Monaten gekauft und befrage sie inzwischen mehrmals täglich. Sie sind meine Hände, wenn ich im Dunkeln tappe. Die tastenden Hände an meinen ausgestreckten Armen geben mir ein bisschen Sicherheit, auch wenn ich nicht weiß, wo ich bin. Die Karten sind gnädig und ich sollte sie die nächsten Monate nicht mehr anrühren, um mich an diesem Ergebnis noch lange zu erfreuen.
Was fühlt er für mich? – Ich ziehe die Zehn der Stäbe, das bedeutet Verzweiflung, und ich interpretiere: Er ist überfordert mit allem, was passiert ist.
Was wird er tun? – Ich drehe die Acht der Münzen um. Das bedeutet einen Neuanfang in der bestehenden Beziehung und innerlich jubele ich: „Ja! Lieber Gott, lass das wahr werden!“
Und was empfinde ich für ihn? Die Karte des Magiers. Dazu lese ich in den Erklärungen meines Tarotbuches: „Große Faszination.“ Das wusste ich auch vorher, dass ich immer noch verliebt bin, zum Teufel.
Aber was soll ich jetzt tun? Die Zwei der Kelche, sie steht für Versöhnung! Wie gerne würde ich auf die Karten hören und mich auf der Stelle mit ihm versöhnen! Er würde mich in die Arme nehmen und ich würde ihm sogleich alles verzeihen.
Ich wische die Karten vom Tisch und die Rührseligkeit von meiner Seele. Mit einem einzigen Handstreich. Ich bin mal lieber böse. Er soll nicht auf meine Party nächste Woche kommen. Er soll mir mein Sofa zurückgeben. Sofort! Das hatte ich ihm geschenkt, nachdem ich meine eheliche Wohnung aufgelöst hatte. Ich will nicht, dass er dort eine andere fickt! Nicht auf meinem Sofa! Denn vor ein paar Tagen haben wir stundenlang romantisch ebendort gekuschelt und sind Arm in Arm eingeschlafen.
Ich erzähle Gregor von dem schrecklichen Erlebnis und weihe ihn in meine Gedankengänge ein. Er reagiert streng: „Annette, kannst du mal bitte mit dieser übertriebenen Romantik und Dramatik aufhören? Ihr seid nicht Romeo und Julia. Komm bitte auf den Boden der Tatsachen zurück!“
Ich bin beleidigt und finde Gregor einfach nur gemein. Außerdem, denke ich, kann er Tekim sowieso nicht ausstehen. Seine Meinung jedenfalls steht fest: „Tekim will dich ausnutzen und in die Ehefalle locken. Du landest wieder genau da, wo alles angefangen hat!“
Kann Gregor mich vielleicht auch einfach mal aufmuntern? Muss er immer noch einen drauflegen? Auch meinem Therapeuten erzähle ich lieber nichts von unserem Streit. Sonst sagt er wieder: „Das Leben ist keine Oper!“ Aber was kann ich denn dafür, dass bei mir eine Oper die nächste jagt?, denke ich unglücklich. Die Nacht ist schwarz, es regnet, ich fühle mich allein. Trotz meines 5L-Projektes.
Ein Blick auf den Kalender erinnert mich an mein Versprechen. Fast ein Monat ist vergangen seit dem Besuch der schnieken Geschäftsleute. Das war noch vor Lolas Tod. Es kommt mir vor, als sei seitdem ein Jahr vergangen. Sie wollen in mein Büro kommen und Zigarren rauchen. Dafür muss ich umräumen, ich muss meine Schreibstube in eine gemütliche Lounge verwandeln. In einer Ecke neben dem Schrank entdecke ich alte kubanische Fotos von meiner Reise im Jahr 1999. Ich versuche mein Glück mit Hammer und Nagel und es gelingt mir,
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