Fuenf Maenner Fuer Mich
meines Buchs wäre doch genau das Projekt, das in seinem Portfolio noch fehlt. Das werde ich versuchen, ihm klarzumachen. Sag ich jetzt mal so. Wie schön, dass dieser Mann so viel auf einmal zu bieten hat! Träumen ist ja nicht verboten. Ich habe die prickelndsten Stellen meines Manuskriptes mit gelben Post-its markiert. Ich lasse mich in seinen Chefsessel aus rotem Safranleder fallen, um im Schein der Tiffany-Leselampe – Antikwert 200 000 Euro aufwärts, wie er nebenbei fallen lässt – meine Vorlesung zu beginnen. Wer weiß, welche Drehbücher er in diesem Sessel schon durchgeblättert hat! Welche berühmten Namen schon durch diesen Raum geschwirrt sind!
Bevor ich beginne, zünde ich eine Torpedo-Zigarre für Christian an. Wenn es ein passendes Szenario für meine Zigarren gibt, dann hier und jetzt. „Eigentlich ist das ein Nichtraucherbüro …“, wagt er noch einzuwenden. Aber schon brennt das gute Stück und verbreitet würzigen Tabakduft. Er kann nicht widerstehen. Ich lese, während Christian sich an seinen vier Meter breiten Schreibtisch lehnt und lauscht: „Sekunden später sind seine Augen nur noch halb geöffnet, die kussverdächtigen Lippen ebenso …“
„Lies weiter“, sagt Christian leise.
„Meine Lippen gleiten über seine zuckerzungenweiche Eichel, ich erlutsche jedes zarte Detail.“
Nach einer Stunde schiebe ich die Manuskriptseiten übereinander, stopfe den Packen in die Handtasche aus Krokolederimitat und schaue Christian erwartungsvoll an. Er murmelt irgendwas von „Alle Achtung!“, nuschelt „Halte mich auf dem Laufenden, lies mir irgendwann die neuen Texte vor …“ und lädt mich dann mit fester Stimme auf einen letzten Drink in eine nahe gelegene Bar ein.
In der Bar wirkt er unkonzentriert. Ich frage ihn nach seiner Einschätzung meines Textes, aber die Antworten sind nicht ergiebig. Hat ihm mein Schreibstil nicht gefallen? Als Fachmann kann er mir sicher wertvolle Tipps geben. Sein Blick gleitet immer wieder von meinem Gesicht Richtung Dekolleté.
„Wie findest du mein Manuskript?“, frage ich ihn ohne Umschweife.
Er putzt seine schwarze Hornbrille mit der Serviette, die als Untersetzer für ein Schälchen mit gesalzenen Erdnüssen dient. „Das mit dem Wäschekauf …“, beginnt er und räuspert sich. Er putzt weiter, das Salz ist jetzt auf den Brillengläsern.
„Ja?“, frage ich nach. „Geht das zu sehr ins Detail und überfordert möglicherweise den männlichen Leser?“
Er setzt die Brille wieder auf. Mit Salz.
„Was war denn das genau für Wäsche?“
Ich lächle. „Ich hab das teurere der beiden Ensembles heute an!“
Er räuspert sich schon wieder und lässt ein gedehntes „Aaach?“ hören.
Da ich einen tiefen Ausschnitt trage, ist es ein Leichtes, die obere Spitzenbordüre des BHs zu fassen und hochzuziehen. Ich beuge mich zu Christian und lasse ihn einen Blick hineinwerfen. „Schau, gefällt es dir?“
Der Kellner bringt genau in diesem Moment die Rechnung.
La Galana – Ja!
Tekim hat zwar nur ein kleines Hotel mit sieben Zimmern, aber in seiner Brust schlägt ein großes Unternehmerherz. „Kann es sein, dass du deine Arbeit vernachlässigst?“, erkundigt er sich bei mir. „Ich mache mir Sorgen um dich. Du arbeitest überhaupt nicht mehr. Ich sehe dich immer nur im Café sitzen, schreiben, dann gehst du spazieren und dann verreist du. Was soll aus deinem Geschäft werden, wenn du so weitermachst …?“
Ich drehe an den Fransen meines Seidenschals und beginne, aus ihnen Zöpfchen zu flechten. „Ich kann nicht arbeiten“, sage ich trotzig. „Es hat keinen Sinn.“
Vor wenigen Tagen hatte mir eine Tangogruppe aus Argentinien, die ich seit Jahren vertrete, folgende Mail geschrieben: „Annette, jetzt haben wir die Tournee schon zum dritten Mal verschoben, was ist los?“ Ich antwortete umgehend: „Wir machen das nächsten Herbst. Mir geht es schon viel besser. Jeden Tag ein bisschen besser, jetzt schaffe ich es.“ Daraufhin schrieb mir die Managerin zurück: „Annette, ich hab mal die gesammelte Korrespondenz mit dir durchgeschaut. Diesen Satz schreibst du schon seit Ewigkeiten immer wieder. Kann es sein, dass du deinen Zustand unterschätzt?“ Ich erschrecke, mir war gar nicht bewusst, wie viel Zeit vergangen ist, seit Herr X mich aus der Umlaufbahn meines bisherigen Lebens geworfen hat. Ich schreibe zurück: „Bitte seid mir nicht böse, dann lasst uns die Zusammenarbeit beenden. Scheinbar dauert es doch viel länger,
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