Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Stavenow und Kletzke 1) waren altquitzowscher Besitz, zu dem sich, in Markgraf Waldemars Tagen, auch noch die ganz im Nordwesten der Prignitz gelegene, von zwei Armen des kleinen Eldeflusses eingeschlossene und nach ebendiesem Flusse benannte Eldenburg ge sellte. Wir erwähnten ihrer schon in einer Grabinschrift im vorigen Kapitel. Diese Eldenburg wechselte dreimal ihre Gestalt. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts errichtet und von den Quitzows auf Kletzke, Quitzöwel und Rühstädt (oder doch von der Vetterschaft derselben) zeitweilig bewohnt, stand die Burg dieses Namens, und zwar in ihrer ursprünglichen Gestalt, bis 1588. In diesem Jahre war sie derart unbewohnbar geworden, daß man an ihre Abtragung ging und aus ihren Steinmassen ein neues Schloß herstellte. Dies hielt sich durch fast drei Jahrhunderte hin und bildete mit seinen tief in das Dach sich einsenkenden Giebeln und den fünf Spitzen seines Turmes einen Schmuck der Gegend. Am Gründonnerstage 1881 aber wurde diese Herrlichkeit, zu der auch »so viel Fenster wie Tage im Jahre« gehörten, durch einen furchtbaren Brand zerstört, und was sich jetzt noch an Stelle von »Burg« beziehungsweise »Schloß« Eldenburg erhebt, ist ein verhältnismäßig kleines und schmales Gebäude mit glattem Ziegeldach und einem viereckigen dicken und ziemlich hohen Turme darüber. 2) Dieser Turm, jetzt Hofuhr und Taubenschlag beherbergend, ist noch ein Rest des ursprünglichen ältesten Baues, in dem sich unter anderem auch der in der ganzen Prignitz bekannte »Quitzowstuhl« befindet, ein großes Hufeisen, das » Quitzow der Judenklemmer « zu Beginn des 16. Jahrhunderts in die Mauer einfügen ließ. Zu welchem Zwecke, soll in nachstehendem erzählt werden.
     
    Um 1517 saß Kuno Hartwig von Quitzow , mit dem Zunamen der »Judenklemmer«, auf der Eldenburg. Es war dieselbe Zeit, in der sich die Juden in der Mark, besonders aber in der Altmark, durch Kurfürst Joachim I. verfolgt sahen und nach Mecklenburg, Lüneburg und Hamburg flüchteten. Allediese mußten an der Eldenburg vorüber. Wenn sie nun zum Schlagbaum beim Dammzoll kamen, ließ Quitzow für die Wegerlaubnis einen Goldgulden von ihnen fordern und jeden, der sich diesen Goldgulden zu zahlen weigerte, nach dem Turme schleppen, demselben Turme, der jetzt noch steht. Dort ging es auf langer Leiter zu der ehemaligen Türmerstube hinauf, in welcher Stube Kuno Hartwig von Quitzow eine ebenso sinnreiche wie primitive, den Spaniern, bei denen er gedient, abgelernte Marterstätte zur Erpressung des Juden-Wegegeldes hergerichtet hatte. Tief in das Mauerwerk war, wie schon in Kürze hervorgehoben, ein großes Hufeisen eingelassen. Auf dieses kam der gefangene Jude derart zu sitzen, daß nur die Fußspitzen den Boden erreichten. Über die Knie wurde ihm eine starke Eisenstange gepreßt, die rechts in einer Angel ging und nach links hin in eine Krampe griff, vor die man nun ein Schloß legte. Was dann schließlich die Marter vervollständigte, war, daß die gespreizten Arme des Unglücklichen mittelst eines halbkreisförmigen Eisens an die Hinterwand gespannt wurden. Dies alles hieß die »Judenklemme«. Darin saß der willkürlich Verurteilte, mußte hungern und dursten und sonstige Leibesqual aushalten, bis er sich zum Zahlen bereit erklärte. Die Qual war um so schrecklicher, als nur einmal am Tag ein Knecht oder Schließer erschien und nachsah, ob der Gefangene sich nun vielleicht bequemen werde, seinen Goldgulden zu zahlen.
    Auf solche Weise kam Quitzow zu vielem Gelde, bis er, nachdem er's jahrelang getrieben, erfahren sollte, daß ein höchster Herr und gerechter Richter warte, der uns, auch im Gelingen unserer Missetat, oft noch zu treffen und heimzusuchen weiß.
    Kuno Hartwig stand eines Tages selbst am Schlagbaum, als ein alter Jude mit seiner Tochter heranschritt. Der Wächter forderte zwei Goldgulden Wegegeld und wies, als der Jude sich weigerte, zu Kuno Hartwig hinüber und sagte: »Wollt Ihr es anders, so wendet Euch an den Herrn da.« Da neigte sich der alte Jude vor dem Ritter und bat ihn, ihm das Zollgeld erlassen zu wollen: »Ich bin kein Kaufmann, ich bin der Rabbi von Stendal und diente den wenigen aus meinem Volk, die, trotz des Kurfürsten hartem Gebot, in der Stadt, die sie nährte, zurückgeblieben waren. Jetzt sind auch die letzten von meiner Gemeinde fort, und ich will ihnen nachziehen.«
    Der Quitzow aber, als er solches vernahm, höhnte nur und schrie: »Verruchter du, der du den Kurfürsten betrogen

Weitere Kostenlose Bücher