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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Dieser Ring war seit 1308 bei der Familie, wo Markgraf Waldemar einen damaligen Kuno Hartwig von Quitzow mit der eben erbauten Eldenburg belehnt hatte. Zur Weihe der neuen Burg aber war ein Priester aus Havelberg erschienen und hatte zu dem vor ihm Knienden die Worte gesprochen: »Und nun, Kuno Hartwig von Quitzow, um dich fester zu binden an das dir anvertraute Schloß, verlobe ich dich im Auftrage des hochwürdigen Landesbischofs zu Havelberg mit der Eldenburg und stecke diesen Ring aus geweihtem Silber vom Tempel aus der heiligen Gottesstadt Jerusalem an deine Hand. Der Bischof hat es befohlen, der Markgraf hat es gnädig genehmigt. Nun laß Gott walten.«
    Das war der »Silberring der Quitzows«, der sich, Talisman und Zeichen der Herrschaft zugleich, durch zwei Jahrhunderte hin von Geschlecht zu Geschlecht weiter vererbt hatte. Jetzt befand er sich am Ringfinger des älteren Bruders Hans.
    Die Zwillinge lebten sorglos in den Tag hinein, vor allem der Jüngere, der zur Verschwendung neigte, was dem Älteren endlich Veranlassung gab, ihm Vorhaltungen zu machen. Das verdroß aber den jüngeren Kurt Dietrich, und böser Neid begann sich in seiner Seele festzusetzen. Wie, wenn ihn schließlich der Bruder, der Erbe des Ringes, kraft dieses Herrschafts- und Besitzeszeichens von der Eldenburg ein für allemal vertriebe? Vielleicht unter dem Vorwande, zu viel Geld vergeudet oder es in diesem und jenem zu toll getrieben zu haben? Das durfte nicht sein, und diesen und ähnlichen Grübeleien hingegeben, kam ihm ein teuflischer Plan.
    Ein Jahr mochte seit des Vaters Tode vergangen sein. Beide saßen beim Frühmahle, die Knechte waren nach dem Priemerwald auf Arbeit geschickt, während die Mägde mit der Schaffnerin bei der Wäsche waren. Kurt lenkte das Gespräch auf den Vater und sagte: »Ja, die Judenklemme. Warum uns der Vater dies nützliche Werkzeug nur immer verborgen gehalten hat! Wir sollten einmal hinaufsteigen und uns das Ding ansehen.« Hans, der ältere, war es zufrieden, und so kletterten sie die Leiter bis in das Turmgemach hinauf. Hier oben überkam sie momentan ein Grausen beim Anblick der Klemme, bis sich Kurt, der Anwandlung Herr werdend, nach einer Weile lachend auf das Hufeisen setzte: »Schön sitzt sich's nicht darauf! Die Hispanischen haben es wirklich verstanden, die Juden zahlungslustig zu machen. Willst du's nicht auch einmal versuchen?«
    Hans ging auf den Scherz ein. »Warum nicht?« Und er setzte sich hinein, preßte selbst das Quereisen über die Knie und schob das Schloß vor die Öse der Stange. Gleich darauf aber sprang Kurt in scheinbarer Ausgelassenheit hinzu, befestigte die gespreizten Arme des Bruders an der Hinterwand und nestelte ihm die Ketten von beiden Seiten her um den Leib. Und dabei zog er verstohlen den Schlüssel aus dem Schloß der Querstange. Nun gab es ein Lachen über den »Juden in der Klemme«, bis Hans, des Probierens müde, wieder aufzustehen begehrte. »Gewiß, gewiß. Aber wo ist nur der Schlüssel?« Und nun begann Kurt zum Schein am Fußboden zu suchen. »Oder sollt ich ihn unachtsamerweise mit dem Fuße beiseite geschoben haben? Vielleicht daß er unten liegt.« Und bei diesen Worten stieg er hinab und nahm die Leiter und versteckte sie hinter Strauchwerk und Gebüsch und horchte, bis das leise Wimmern, das er vernahm, ihn von seiner Horcherstelle vertrieb.
    Endlich, den dritten Tag, war Hans seiner Qual erlegen, und Kurt streifte kaltblütig den Silberring von der Hand des Toten, den Toten selbst aber begrub er im Sande nahe dem Turm. Und nun ließ er Boten ausreiten, die nach dem Verschwundenen suchen mußten. Als aber alle wieder daheim waren und den so nah im Sande Verscharrten auf ihrer Suche nur zu gewiß nicht gefunden hatten, tat er, was äußerlich Rechtens war, und meldete dem Kurfürsten, daß der Bruder spurlos verschwunden, des Verschwundenen Silberring aber in seiner Lade gefunden sei. Da wurde denn Kurt Dietrich der Jüngere mit der Eldenburg belehnt und empfing in einem feierlichen Belehnungsakte den Quitzowring . Er trug ihn auch von Stund an und stand in Ansehen und ritterlichen Ehren, aber die mit ihm unter einem Dache lebten, bemerkten doch allerlei Sonderbares an ihm. Immer zur Zeit der Tagundnachtgleiche war er eine Woche lang unstet und ruhelos und erhob sich von seinem Lager und ging auf den Turm zu. Da stand er eine Weile, richtete das geschlossene Auge nach oben und kehrte dann erst nach dem Schlosse zurück. Tags darauf sah er verstört

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