Fünf: Schwarzwald Thriller 1
Strubbelchen? Hast du dir wehgetan?«
Uli vergrub ihr Gesicht an seinem Hals und schüttelte den Kopf. Ihre Haare kitzelten ihn in der Nase.
»Papi, ich geh hier nie wieder hin«, heulte sie und hob den Kopf. Sie sah ihn an. Auf seinem Arm konnte sie ihm direkt in die Augen sehen. »Versprichst du mir, Papi, dass ich hier nie, nie mehr hin muss?«
»Um dir das versprechen zu können, muss ich erst einmal wissen, warum du nicht mehr in den Kindergarten gehen möchtest.« Er setzte sie auf die kleine Bank, an deren Rückseite ihre rosa Barbie-Jacke hing. Dann ging er in die Knie, kramte ihre Schuhe unter der Bank hervor und half ihr, sie anzuziehen. »Also, mein Schatz. Was ist passiert?«
Uli, die immer noch heulte, rieb sich mit ihren Fäusten über die Augen. Josef lächelte gerührt. Das hatte sie als Baby schon getan, wenn sie allmählich angefangen hatte, sich zu beruhigen.
»Herr Horn?« Ohne dass er es bemerkt hatte, war die Erzieherin mit den blonden Zöpfen hinter ihn getreten.
»Es wäre schön, wenn Sie noch ein paar Minuten Zeit hätten. Es hat heute einen kleinen«, sie machte eine Pause, die ihm kindlich theatralisch vorkam, »Zwischenfall gegeben. Es ist wirklich nicht schlimm, aber wir sollten dennoch darüber sprechen.«
Horn nickte und behielt den langen, tiefen Seufzer, den er in seiner Brust hängen hatte, bei sich. »Sicher. Wenn es so wichtig ist …«
Frau Mehnert beugte sich erzieherisch richtig zu Uli herunter, bis sie auf Augenhöhe waren. Ihre langen Kleinmädchenzöpfe baumelten wie zwei Seile an ihrem Kopf hinunter.
»Uli, gehst du noch ein bisschen in die Spielzeugecke und hilfst der Gisela beim Aufräumen, solange ich mit deinem Papa spreche?«
Uli nickte tapfer und rannte zurück ins Mäusezimmer.
Josef folgte Frau Mehnert in ihr Büro. Sie bot ihm einen Platz an und schloss sorgfältig die Tür.
*
»Ist sie immer so ungeduldig, Grass?« Rainert hatte einen kumpelhaft vertraulichen Ton angeschlagen. Dann glitzerten seine Augen listig auf. »Liegt wahrscheinlich an Ihnen, dass sie so unausgeglichen ist.« Er wandte sich Katrin zu und wischte sich einen Speichelfaden von den Lippen. »Besorgt er’s dir auch richtig, Katrin? Nimmt er dich ran, bis du schwitzt und stöhnst und zuckend um Gnade bettelst?«
Katrin sah, dass Darren wieder aufspringen wollte, und griff unter dem Tisch schnell nach seiner Hand. Dann stand sie auf und ging langsam um den Tisch herum auf Rainert zu. Direkt vor ihm blieb sie stehen. Sie beugte sich nach vorn und stützte ihre Arme auf den Tisch. »Wissen Sie was, Rainert? Sie kotzen mich an.«
Rainert lachte heiser auf. Er wich ihrem Blick nicht aus, hielt ihm lächelnd stand. »Vielleicht stimmt das sogar, Süße, aber weißt du was? Das ist mir scheißegal. Was ich wissen will, ist, ob er dich befriedigt.«
Jetzt war es an Katrin, Stärke zu zeigen. Sie erwiderte sein Grinsen und ging langsamen und sicheren Schrittes an ihren Platz zurück. Äußerlich gelassen setzte sie sich wieder. »Die Spielregeln, Rainert.«
»Zuerst verschwindet der Gigolo hier.«
»Was?« Ungeduldig starrte Katrin Rainert an.
»Ich habe ihn jetzt lange geduldet. Er ist nicht halb so unterhaltsam, wie seine Schwester es gewesen ist. Ich brauche ihn nicht.«
Darren stand wortlos auf. Er drückte Katrin kurz die Schulter und sie spürte, wie verkrampft seine Faust war. Dann zog er die Tür hinter sich zu. Er würde hinter der Spiegelscheibe ohnehin alles mitbekommen.
»Also, Rainert. Sie haben, was sie wollten.« Katrin versuchte, so normal und gelassen wie möglich zu klingen, und obwohl es in ihr kochte und brodelte, gelang ihr das ihrer Meinung nach erschreckend gut. »Ich bin hier, Sie haben das Kartenspiel und Darren ist draußen. Jetzt erwarte ich allerdings auch etwas, und zwar, dass wir nicht noch mehr Zeit vertrödeln.«
»Weißt du, Katrin, ich habe beinahe das Gefühl, dass du die schöne Zeit mit mir nicht richtig genießen kannst. Das macht mich traurig. Und wenn ich traurig bin«, er schob seinen Stuhl nach hinten und machte Anstalten aufzustehen, »bin ich nicht zum Spielen aufgelegt.«
»Was soll ich also tun?«
»Fürs Erste könntest du ein bisschen mehr Begeisterung zeigen und alle meine Fragen beantworten. Offen und ehrlich. Sonst kannst du von mir auch keine Ehrlichkeit erwarten.«
»Also gut«, drängte Katrin. »Fragen Sie, ich antworte.«
»Ich habe meine Frage schon gestellt«, gab Rainert ruhig zurück.
Für einen Augenblick
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