Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf Tanten und ein Halleluja

Fünf Tanten und ein Halleluja

Titel: Fünf Tanten und ein Halleluja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Steiner
Vom Netzwerk:
gestorben, da war er achtzehn. Bertold. Mit dem Auto frontal gegen einen Baum gefahren. Er hatte zwei Komma sieben Promille im Blut. Er muss unfassbar viel getrunken haben. Er war in der Disco gewesen. Er hätte gar nicht mehr fahren dürfen.«
    O Gott, dachte Toni. Was passiert denn jetzt? Das freundliche Lächeln war weg. Eine andere Art von Wahnsinn schlich sich in sein Gesicht, eine, die nicht mehr harmlos wirkte.
    Â»Das tut mir sehr leid«, sagte Toni benommen.
    Â»Das muss es nicht. Wir haben damals schon nicht mehr miteinander gesprochen. Bertold hatte seine Lehre abgebrochen, deshalb durfte er nicht mehr zu uns kommen. Ich hab ihm gesagt: Ich habe keinen Sohn mehr. Seine Mutter hat natürlich geweint. Aber ich bin hart geblieben. Also war es gar nicht so schlimm, das mit dem Autounfall.«
    Toni begriff. Das mit der Beratung hatte er sich nur ausgedacht, damit Toni nicht verschwand.
    Â»So ein Idiot. Er hätte nicht mehr fahren dürfen, verstehst du? Das war typisch für ihn. Er machte nie, was man von ihm erwartete. Er war eine einzige Enttäuschung. Das habe ich immer gesagt: eine Enttäuschung. Und jetzt ist er tot.« Er fixierte Toni. »Er sah genauso aus wie du. Weißt du das? Genau wie du.«
    Â»Sorry, aber ich hab keine Zeit mehr.«
    Er sprang auf und wollte sich davonmachen, doch der Mann war blitzschnell. Er packte ihn am Arm. Sein Griff war wie Stahl.
    Â»Wo willst du denn hin, Bertold? Erkennst du deinen Vater nicht mehr?«
    Grauen erfasste Toni. Er fühlte sich wie gelähmt.
    Â»Und was soll das Gerede von deiner Familie und deinem Vater, der gar nicht dein Vater war? Denkst du, nur weil du bei uns Hausverbot hast, bin ich nicht mehr dein Erzeuger?«
    Toni riss sich los. Mit aller Kraft. Er stürzte davon. Der Typ schrie ihm etwas hinterher, doch er verstand kein Wort davon. Ein paar Leute sahen sich verwundert um, aber Toni achtete nicht auf sie. Er rannte immer weiter, bis er den S-Bahnhof erreicht hatte. Der Mann war ihm nicht gefolgt.
    Was war denn das gewesen? Toni atmete durch. Aber er war ja selbst schuld. Was hatte er denn gedacht? Dass dieser schräge Vogel eine Art König der Fischer war, von dem er Weisheiten vermittelt bekam? Am Ende noch Erleuchtung erfuhr? Schön blöd.
    Er musste irgendwohin, wo er in Sicherheit war. Wo er sich ausruhen und seine Wunden lecken konnte. Wo er vor solchen Typen sicher war. Irgendwohin, nur nicht in seine Wohnung.
    Die nächste Krisensitzung fand in Kaylas Küche statt. In ihrer hoffnungslosen und verfahrenen Situation hatten sich Helga und Claire nicht anders zu helfen gewusst, als Kayla um Hilfe zu bitten. Und Kayla war gekommen. Natürlich. Sie war sofort zum Zoo gefahren, hatte die beiden Schwestern eingeladen und zu sich nach Hause gebracht. Als Erstes hatte sie ihnen etwas zu essen gekocht und darauf bestanden, dass sie ein wenig zu sich nahmen. Nervennahrung: Spaghetti carbonara.
    Während des Essens analysierten die Schwestern ihre Lage.
    Â»Dass Ebba ohne ein Wort verschwindet, wundert mich am meisten«, sagte Claire. »Das ist doch gar nicht ihre Art.«
    Â»Da muss was passiert sein«, stimmte Helga zu. »Anders kann ich mir das nicht vorstellen.«
    Â»Und Immi … Erst geht sie nicht ans Telefon, und jetzt hat sie es abgestellt.«
    Â»Vielleicht ist ja ihr Akku leer.«
    Â»Ja, aber wieso macht sie sich dann nicht vorher bemerkbar? Sie wusste doch, wie spät es ist. Und dass wir am Busbahnhof stehen.«
    Â»Bestimmt geht es beiden gut«, meinte Helga. »Sie sind nur … Ach, ich weiß auch nicht, was passiert sein könnte.«
    Â»Zuletzt waren sie am Theater, da haben wir noch mit ihnen gesprochen. Vielleicht sollten wir da mal hinfahren und uns umsehen.«
    Kayla beteiligte sich nicht an dem Gespräch. Sie fuhr stattdessen den Laptop hoch und ging ins Internet. Dann rief sie ein Programm auf und gab ein paar Befehle in die Maske ein.
    Â»Am meisten Sorgen mache ich mir um Kamilla«, sagte Helga. »Ich will mir gar nicht vorstellen, wo die jetzt gerade herumirrt.«
    Â»Ach, von der hören wir bestimmt als Erstes«, meinte Claire. »Wenn sie einen Mitarbeiter von der Bahn trifft, wird sie ihn ansprechen. Der kann uns dann anrufen.«
    Â»Ja, aber hätte das nicht schon längst passieren müssen? Sie ist seit über einer Stunde weg.«
    Kayla machte sich mit einem Räuspern bemerkbar.

Weitere Kostenlose Bücher