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Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Sie wollte bleiben, bis die Kinder wieder aus dem Haus seien. Und dann trat Liebscher dazu. Er hatte die ganze Zeit abseitsgestanden, sagte Nora später, als wolle er nicht wahrhaben, was sich da gerade abspielte. Als er sich zu den anderen stellte, war er sichtlich nervös. Er redete auf Estermann ein, er solle die Hütte wieder aufsperren, man müsse einen solchen Streit doch vernünftig regeln können.
    Als Antwort darauf holte Estermann den Schlüssel aus seiner Hosentasche, zog den Cache aus dem Brunnen und legte den Schlüssel hinein. Dann ließ er die Dose hinunter, zweieinhalb Meter.»
    «Da hätte man sie doch aber hinaufholen können? Wenn sie an einem Draht hing?»
    «Ja. Ich denke, Melanie hätte das getan, wenn genug Zeit gewesen wäre.»
    Ein weiteres Wenn. Sie konnte es nicht mehr hören.
    «Liebscher sprach immer noch mit Estermann, rannte mit all seinen pädagogischen Tricks gegen die Wand und zündete sich währenddessen eine Zigarette an. Er hat mir später gut hundert Mal gesagt, wie leid ihm das rückblickend tat. Er wäre so auf Estermann konzentriert gewesen. Beil dagegen begriff sofort, dass der Wald und die Umgebung knochentrocken waren. Er riss Liebscher die Zigarette aus der Hand und wollte sie auf dem Boden austreten.»
    Beatrice ahnte, was passiert war. «An der Stelle, an der Miriam den Schnaps ausgegossen hatte?»
    «So haben sie es alle erklärt, ja. Als ich ihm das Glas mit der Säure an die Lippen hielt, heulte Estermann, er sei völlig unschuldig. Geraucht habe schließlich Liebscher, und das Feuer verursacht habe Beil. Er war bis zum Schluss davon überzeugt, dass ich ihm unrecht tat.»
    Weil er
das
immerhin nicht gewollt hatte. Beatrice war übel, von Sigarts Erzählung, ihrer eigenen Angst, den Bildern verkohlter und verätzter Leichen, die sie vor Augen hatte. «Im Bericht meiner Kollegen war keine Rede von Brandbeschleunigern. Alkohol ist aber einer.»
    Sigart zuckte mit den Schultern. «Das überrascht Sie? Es muss Ihnen doch spätestens jetzt klar sein, dass die Arbeit der Polizei in diesem Fall nicht besonders gründlich war.»
    Etwas Bedrohliches blitzte zwischen seinen Worten auf, etwas, das Beatrice persönlich betraf. «Hat denn keiner der fünf versucht zu löschen?», fragte sie hastig, um das Thema zu wechseln.
    «Der Brunnen war nicht mehr in Betrieb. Kein Gefäß, das man hochziehen konnte. Sie wollten die Flammen mit ihren Jacken ersticken, aber damit haben sie nur wertvolle Zeit verschwendet. Es muss sehr schnell sehr heiß geworden sein, und es brannte so nah am Brunnen, dass keiner mehr wagte, den Schlüssel zu bergen. Melanie soll es noch versucht haben, doch Beil hat sie mit sich gezerrt.»
    Der Lichtkegel tanzte nun wieder über den Holzverschlag, den jemand nach dem Brand erneuert haben musste. Vermutlich Sigart selbst. Sie sah ihm ins Gesicht, das schweiß- und tränennass war, aber gleichzeitig erleichtert wirkte.
    «Wieso haben Sie sich nicht damit begnügt, Estermann zu töten?»
    «Liegt das nicht auf der Hand?» Er wartete und fuhr erst fort, als sie den Kopf schüttelte. «Sie haben die Akte doch gelesen. Der Notruf wurde von einem der beiden Bauern abgesetzt, deren Höfe in dieser Nacht auch abgebrannt sind. Davor und danach – nichts.»
    Einen Moment lang schien es, als würde Sigart weinen wollen, sein Gesicht entglitt ihm, dann bekam er sich nach einem bebenden Atemzug wieder in den Griff. «Sie wussten, wer dort oben bei den Flammen zurückgeblieben war. Aber kein Einziger aus der Gruppe hat das Feuer gemeldet. Nicht einmal anonym. Kein Einziger.»
    Dazu gab es nichts zu sagen. Stumm fragte sie sich, was passiert wäre, wenn Nora die Polizei informiert hätte wie versprochen, wenn Liebscher weniger Angst um seinen Job und Beil weniger Angst um seine Ehe gehabt hätte. Wenn.
    «Aber Dalamasso», sagte sie. «Warum hat sie stillgehalten? Hat sie sich so sehr darauf verlassen, dass Nora Hilfe holt? Die wusste doch nichts von dem Feuer.»
    Sie dachte an den Moment zurück, als sie die Fotos hatte fallen lassen, an Melanies Entsetzen.
    «Sie hat sich noch einmal von Beil losgerissen, weil sie die Schreie aus der Hütte nicht ertragen konnte. Sie wollte zurück und die Nachbarn warnen, doch Beil und Estermann ließen es nicht zu. So hat es Liebscher erzählt.
Das dicke Mädchen mit dem dunklen Haar
, sagte er.
Sie schrie wie verrückt, und der große Mann im karierten Hemd verpasste ihr eine Ohrfeige, der

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